Ein selbstfahrender Auflieger transportiert ein schräg nach oben weisendes Windrad-Rotorblatt über die Landstraße von Heinzenberg nach Weilmünster.
Sollte nach dem Willen der Ampel-Koalition viel häufiger auf den Straßen zu sehen sein: Selbstfahrer mit Rotorblatt, hier in Hessen im Landkreis Limburg-Weilburg. (Foto: Mark Mühlhaus/​Attenzione Photographers/​Windwärts)

"Wo bleibt hier der Wumms?", fragte Simone Peter, Präsidentin des Erneuerbaren-Verbandes BEE, angesichts der Ergebnisse der jüngsten Ökostrom-Ausschreibungen. Gestern hatte die Bundesnetzagentur die bereits Anfang September erteilten Zuschläge für Windkraft an Land und für Biomasse sowie die für Biomethan jetzt Anfang Oktober erteilten bekannt gegeben.

Alle drei Gebotsrunden waren deutlich unterzeichnet, konstatiert die Bundesnetzagentur. Bei Wind an Land waren knapp 1.320 Megawatt ausgeschrieben. Eingereicht wurden aber nur 87 Projekte mit zusammen 772 Megawatt. Diese können jetzt zwar alle realisiert werden, das ergibt aber nur einen Anteil von knapp 60 Prozent an der ausgeschriebenen Menge.

Bei Biomasse liegt die Abrufquote mit rund einem Drittel noch deutlich darunter. Um die ausgeschriebenen 286 Megawatt bewarben sich Projekte mit zusammen 101 Megawatt. Wegen der Unterzeichnung verringerte die Bundesnetzagentur nachträglich noch die ausgeschriebene Menge. Im Ergebnis erhielten so letztlich nur 69 Gebote mit 78 Megawatt einen Zuschlag.

Bei Biomethan gingen für die ausgeschriebenen 152 Megawatt überhaupt nur zwei Gebote mit zusammen 3,5 Megawatt ein, die beide einen Zuschlag erhielten.

Im Schnitt erhalten die bezuschlagten Windkraft-Projekte eine EEG-Förderung von 5,84 Cent je Kilowattstunde, der Höchstwert beträgt 5,88 Cent. Bei Biomasse liegt der Zuschuss zwischen rund 14 bis nahezu 18 Cent.

Fördersätze halten mit steigenden Kosten nicht Schritt

Selbst der Höchstwert der Förderung reiche nicht aus, um explodierende Rohstoffpreise und gestiegene Zinsen gerade auch bei der Windenergie aufzufangen, begründete BEE-Präsidentin Simone Peter die Zurückhaltung der Branche. Wirtschaftlichkeit und Finanzierung würden zusehends schwerer.

 

Auch für den Bundesverband Windenergie (BWE) gibt der ausgeschriebene Höchstwert keine solide Basis für die Projekte ab. Laut einer vom BWE angeführten Erhebung der Fachagentur Windenergie dauert es derzeit im Schnitt 25,7 Monate – also mehr als zwei Jahre –, um das Projekt nach der Bezuschlagung in Betrieb zu nehmen. "Auch angesichts dessen bieten die niedrigen Zuschlagswerte keine Umsetzungsgarantie mehr", bilanzierte der BWE.

Darüber hinaus bemängelt der Verband die anhaltende regionale Schieflage beim Windkraftausbau. Auch die jüngsten Zuschläge entfielen größtenteils auf Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Damit verfestige sich das ohnehin schon deutliche Nord-Süd-Gefälle.

Branche hadert mit Biomethan-Förderung

Bei der Biomasse gelten ebenfalls starke Kostensteigerungen sowie politische Unsicherheiten als Gründe für die Zurückhaltung bei neuen Projekten. Das EEG erfülle derzeit kaum noch die Funktion eines Sicherheitsnetzes nach unten, kritisierte Sandra Rostek vom Hauptstadtbüro Bioenergie. Darüber könnten auch die momentan guten Stromerlöse nicht hinwegtäuschen. "Auf Basis der Schwankungen am Strommarkt ist keine langfristige Planung möglich", betonte Rostek.

Dass die Biomethan-Ausschreibung so gut wie gescheitert ist, überrascht die Biomasse-Branche wenig. Sie hadert schon seit Monaten damit, dass die Ampel-Koalition Biomethan ab 2023 nur noch in Form stundenweise zu betreibender Spitzenlastkraftwerke mit bis zu 600 Megawatt Leistung fördern will. "Die geplante Fokussierung des Einsatzes von Biomethan in sogenannten Peakern bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Vor-Ort Verstromung ist ein politischer Irrweg und wird die Situation noch verschärfen", erklärte Rostek dazu.

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