Warten auf Greta: "Fridays for Future"-Großdemo Ende März in Berlin. (Foto: Benjamin von Brackel)

Nach vier Stunden Plenum mit immer gleichen Grundsatzdiskussionen und nicht mehr allen der anfangs gut 30 Leute liegt noch der Rest des Foodsharing-Essens auf dem Tisch. Ein weiteres Stimmungsbild wird gemacht, noch eine Diskussion mit anschließender Abstimmung. Wir sind bei Tagesordnungspunkt 15, ziemlich fertig mit den Nerven und müde, so wie am Ende jedes wöchentlichen Plenums.

Die Leute aus dem Organisationsteam beschäftigen sich jeden Tag mehrere Stunden mit Fridays for Future und sind teilweise am Rande ihrer Kräfte. Jeder dieser Menschen geht zusätzlich zur Schule, studiert oder arbeitet. Es steckt eine wahnsinnige Arbeit und ein Aufwand hinter der Bewegung, die inzwischen so viel mehr ist als das Organisieren der freitäglichen Demos.

Mir selbst und den meisten anderen geht es aber durch das Engagement persönlich besser. Wenn einem wirklich bewusst wird, in was für einer verheerenden Krise wir stecken, ist man nicht weit entfernt von einer Depression. Das einzige, was dagegen hilft, ist, etwas zu tun.

Faszinierend, beeindruckend, heftig

Die Schulstreiks bieten eine gute Gelegenheit sich einzubringen und sich zu entwickeln. Ich selbst wurde kürzlich zur zweiten politischen Sprecherin gewählt und werde so noch weiter in die Bewegung eintauchen können. 

Foto: privat

Zur Person

Elena Balthesen ist 17 Jahre alt und geht in die 11. Klasse einer Waldorfschule in München. In ihrer Kolumne "Balthesens Aufbruch" macht sie sich auf die Suche nach Wegen für ihre Generation, aus der Klimakrise herauszukommen. Sie ist bei "Fridays for Future" in München aktiv.

Nach und nach hat sich eine innere Struktur von Fridays for Future entwickelt, sowohl bundesweit als auch, für mich deutlich sichtbarer in München. Die Grundlagen sind Transparenz, effektives Arbeiten und möglichst flache Hierarchien. Jeder soll sich einbringen können und gleich behandelt werden.

Wenn man erst einmal die komplizierten und mir vorher fremden Muster der Plena und Konsensentscheidungen durchblickt, versteht man die Struktur hinter der Organisation. Ich finde das ziemlich faszinierend und beeindruckend.

Natürlich funktioniert nicht immer alles reibungslos. Im Gegenteil: Nicht selten gibt es kurz vor dem Streik ein Chaos, weil etwas mit der Technik nicht stimmt oder etwas vergessen wurde. Wir sind eben überwiegend Schüler und Studenten.

Immer wieder gibt es auch mehr oder weniger heftige Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe. Da bei uns viele verschiedene politische Strömungen zusammentreffen, beobachte ich, dass es manchmal wirklich nicht einfach ist, einen Konsens zu finden und bei der Priorität Klimaschutz zu bleiben. Ein Grund ist, dass sich manche den dringend notwendigen Wandel in unserer Gesellschaft nur durch ein Umkrempeln des gesamten Systems vorstellen können, während andere weniger radikale Ansichten haben.

Aber in einem sind sich alle einig: So, wie es im Moment ist, kann es nicht weitergehen.

Wohin geht es?

Ziemlich schnell hat sich also aus dem Klimastreik, der mit nur einer Schülerin begonnen hat, eine komplexe, globale Bewegung gebildet.

Die Frage, die sich auch mir stellt, ist: Wie geht es weiter? Ich glaube, dass wir tatsächlich einen Wandel mit anstoßen können – wenn wir einen langen Atem haben und weiter wachsen. Eine wichtige Unterstützung für uns sind die Wissenschaftler, die sich zu Scientists for Future zusammengeschlossen haben.

In München hatten wir Harald Lesch zu Gast auf dem Streik. Er kam spontan und musste, da das Mikrofon leider nicht funktioniert hat, durch das Megafon sprechen. Trotzdem war die Rede ermutigend und es ist ein gutes Gefühl, die Wissenschaft hinter sich zu haben.

Aber was für eine Rolle spielen wir bei der globalen Klima- und Umweltbewegung? Sind wir weiterhin nur der Impuls, der sagt: Bis hierhin und nicht weiter? Eine richtungsgebende Bewegung oder eine mit klaren Zielen?

Letzte Woche sind die – meiner Meinung nach sehr gelungenen – Forderungen von Fridays for Future Deutschland vorgestellt worden. Sie beinhalten sechs konkrete Ziele, die erreicht werden müssen, um das 1,5-Grad-Limit des Pariser Klimaabkommens einzuhalten.

Denn darum geht es die ganze Zeit: diese bereits geschlossene Vereinbarung einzuhalten. Nicht um die Schulpflicht oder das nette Engagement von Kindern.

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