Der Kohlekonzern RWE zeigt sich im Hambacher Forst unnachgiebig. Sein Unternehmen rode relativ nahe an der Tagebaukante und habe dafür nur eine beschränkte Periode zur Verfügung, sagte RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmidt am Donnerstag in einer ZDF-Talkshow. "Die Annahme, dass der Forst gerettet werden kann, ist eine Illusion", so Schmitz. Bleibe der Wald stehen, würde das RWE vier bis fünf Milliarden Euro kosten, behauptete der Konzernchef, weil zum Beispiel Abraum zur Stabilisieruhg der Tagebauwände herangeschafft werden müsse.
Der zuständige nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) reagierte darauf am Freitagmorgen im WDR-Interview mit der Bemerkung, dass die Polizei die Räumung der Baumhäuser nun fortsetzen müsse. Wenn RWE weiter roden wolle, habe er dafür zu sorgen, dass das auch möglich sei. Reul beklagte lediglich, dass einige Aktivisten die Aussetzung der Räumung ausnutzten, um Barrikaden oder neue Baumhäuser zu errichten.
Trotz der nach einem tödlichen Unfall am Mittwoch ausgesetzten Räumung beseitigten Polizisten am Freitag gewaltsam Barrikaden im Wald. Es gehe dabei darum, Rettungswege freizuhalten, teilte die Polizei mit. Aktivisten kritisierten das scharf. Der verkündete Räumungsstopp sei nichts wert, wenn heute schon wieder geräumt, geprügelt und Menschen in Gefahr gebracht würden, hieß es auf Twitter. Gegen die Rodung werde man weiterhin passiven Widerstand leisten.
An diesem Sonntag soll erneut für den Erhalt des Waldes demonstriert werden. Erwartet werden mehr als 10.000 Menschen. Vorgesehen ist auch, das Aachener Friedenskreuz an der Stelle niederzulegen, an der am Mittwoch ein Journalist tödlich verunglückte.
Nachdem am Mittwoch und Donnerstag die Hebebühnen-Verleiher Gerken und Cramer ihre Geräte aus dem Hambacher Forst zurückgezogen haben, sollen jetzt nur noch Bühnen der Firma Boels in nennenswerter Zahl im Wald sein. Klimaaktivisten riefen dazu auf, auch den niederländischen Großverleiher um Rückzug zu bitten.
RWE-Aktie fällt
Inzwischen gibt es erste Berichte über einen drohenden Imageschaden für RWE. So würden die Negativ-Schlagzeilen wegen der Proteste zunehmend den Aktienkurs belasten, heißt es bei der ARD. In den letzten zehn Tagen habe die RWE-Aktie – entgegen dem Aufwärtstrend des Aktienmarktes – vier Prozent eingebüßt. Beim Konzern selbst sieht man keinen Zusammenhang zwischen den Protesten und dem Kursminus.
Der Ökostromer Greenpeace Energy erlebt derzeit nach eigenen Angaben eine der größten Wechselwellen seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima vor mehr als sieben Jahren. Viermal mehr Kunden als üblich wechselten momentan zu dem Ökoanbieter, Tendenz weiter steigend, teilte das Unternehmen mit.
Allein seit Beginn der Räumung im Hambacher Forst Ende vergangener Woche seien rund 500 Kunden zu Greenpeace Energy gekommen. Der Großteil der neuen Kunden sei zuvor bei den mit RWE verbundenen Versorgern Innogy, Eprimo und Rheinenergie oder bei deren konventionellen Konkurrenten Eon und Vattenfall unter Vertrag gewesen. Umweltschützer hatten RWE-Kunden dazu aufgerufen, zu einem unabhängigen Ökostromanbieter zu wechseln.