Demonstranten vor dem Wirtschaftsministerium halten Plakate wie
Klimaaktivisten forderten gestern vor dem Wirtschaftsministerium in Berlin einen Rodungsstopp im Hambacher Forst. (Foto: Friederike Meier)

Der Streit in der Kohlekommission hat sich zugespitzt. Nachdem Vertreter der Umweltverbände in der gestrigen Sitzung erneut ein Moratorium für die Rodung des Hambacher Waldes während der Kommissions-Verhandlungen forderten und dafür scharf kritisiert wurden, erhielten sie heute Unterstützung aus der Bundesregierung.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) forderte laut Medienberichten den Energiekonzern RWE auf, im Hambacher Forst nicht weiter zu roden, während die Kohlekommission tagt.

Schulze argumentiert, dass während der Gespräche keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden sollten. Die Arbeit der Strukturwandelkommission dürfe nicht dadurch belastet werden, dass an einem Braunkohle-Tagebau während der Sitzungen Bäume fallen.

Antje Grothus, die als Vertreterin der Braunkohle-Betroffenen im Rheinland in der Kommission sitzt, begrüßt den Vorstoß der Ministerin. "Das war eine weise und verantwortungsvolle Entscheidung", sagte Grothus auf Nachfrage von Klimareporter°. "Es ist klar, dass sonst die Kommission vor eine Zerreißprobe gestellt würde." Die Ministerin habe damit nicht nur ein Zeichen für den Umweltschutz, sondern auch für den sozialen Frieden in der Region gesetzt.

Grothus droht aber nicht wie der Umweltverband BUND damit, aus der Kommission auszuscheiden, sollte es kein Moratorium geben. "Ich vertrete ja auch die Anwohner der Tagebaue, wo Zwangsenteignungen drohen", so Grothus. Sie überlege sich aber dennoch gut, wie lange sie bleiben könne. Grothus hatte sich vor der gestrigen Sitzung genau wie der BUND für ein Abholzungs-Moratorium ausgesprochen.

Auch die Energieökonomin Claudia Kemfert ist für einen Rodungsstopp. "RWE sollte die Rodungsarbeiten im Hambacher Forst so lange aussetzen, bis die Kohlekommission eine einvernehmliche Lösung gefunden und Empfehlungen ausgesprochen hat", betont Kemfert gegenüber Klimareporter°.

Um die Energiewende- und Klimaziele zu erreichen, sei ein Kohleausstieg bis spätestens 2030 unerlässlich. "Sollte RWE einseitig Fakten schaffen, ist die Kohlekommission gescheitert und kann unverzüglich ihre Arbeit niederlegen", meint Kemfert.

NRW-Wirtschaftsminister sieht Lichter ausgehen

Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sieht das anders. "Wir können in der Zwischenzeit die Energieversorgung unseres Landes nicht aufs Spiel setzen", sagte Pinkwart dem WDR. Die Entscheidung für die Nutzung des Waldes für den Tagebau sei bereits im Jahr 2016 gefallen.

Der Lobbyverein "Pro Lausitzer Braunkohle" geht noch weiter. Er verlangt, den BUND wegen der Forderung nach einem Hambach-Moratorium ganz aus der Kommission auszuschließen.

"Es kann nicht sein, dass grüne Ideologen vom BUND die gesamte Bundeskommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung in Geiselhaft nehmen – und das für eine erpresserische Forderung, die mit unserem Rechtsstaat unvereinbar ist", sagte der Vorsitzende des klimaskeptischen Vereins Wolfgang Rupieper.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum sieht in erster Linie den Bundeswirtschaftsminister in der Verantwortung. Dass es in der Kommission jetzt wirklich Spitz auf Knopf stehe, liege vor allem an Peter Altmaier, sagte Badum. Der CDU-Minister habe es "bisher nicht vermocht, für ein dringend notwendiges Moratorium für weitere Rodungen, Kohleabbau und Inbetriebnahmen während der Beratungszeit zu sorgen".

Dieses sei für einen gesellschaftlichen Konsens unerlässlich. Badum: "Schön, dass zumindest die Umweltministerin dies nun erkannt hat."

Redaktioneller Hinweis: Claudia Kemfert ist Mitherausgeberin von Klimareporter°.

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