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Selten ist eine neue globale Bewegung in diesem Tempo entstanden wie die des Klimastreiks. (Foto: Svea Busse)

Greta Thunberg sagt klare Worte. Harte Worte, die viele schocken. Hier ein paar O-Töne der jungen Schwedin, die mit dem von ihr initiierten Klimastreik zu einer globalen Berühmtheit geworden ist. Wenn die Politiker ihre Anstrengungen zur CO2-Reduzierung nicht verdoppelten, dann würden sie "als die größten Schurken aller Zeiten in Erinnerung bleiben", ätzte Thunberg unlängst bei einem Auftritt in Brüssel.

Auf dem Weltklimagipfel in Katowice sagte sie: "Unsere Zivilisation wird dafür geopfert, dass wenige Menschen weiterhin sehr viel Geld verdienen können." Und schon früher erklärte sie zur Begründung für ihre Aktion: "Ich mache das, weil ihr Erwachsenen auf meine Zukunft scheißt."

Greta Thunberg hat eine weltweite Streikaktion von Schülern und Studenten initiiert, die ihresgleichen sucht. Am morgigen Freitag wollen sich junge Leute in über 1.600 Städten in 105 Ländern der Erde beteiligen – also in mehr als der Hälfte der Staaten der Welt. Ob in den USA oder in China, in fast allen EU-Ländern, ob in Brasilien, Senegal oder Grönland.

Die Schwedin, die mit dem Asperger-Syndrom, einer leichten Variante des Autismus, lebt und wohl auch deswegen so direkt, unverblümt und manchmal auch holzschnittartig textet, hat ganz offenbar den Nerv der jungen Generation getroffen, die sich auf einmal als gar nicht so unpolitisch entpuppt, wie ihr gern vorgeworfen wird.

Kein Wunder, die Politiker fühlen sich herausgefordert. Da kommt eine 16-Jährige daher und sagt: "Der Kaiser ist nackt." Und allen fällt es wie Schuppen von den Augen. So ist es tatsächlich. Eine ganze Generation politischer Verantwortungsträger hat beim Menschheitsthema Klimaschutz versagt und droht den Kindern und Enkeln den Öko-GAU zu hinterlassen.

Seit 1992 versprechen Staaten, die Klimakrise zu stoppen

Immerhin ist seit den 1980er Jahren in der Öffentlichkeit allgemein bekannt, dass der zusätzliche menschengemachte Treibhauseffekt das Leben auf der Erde zu destabilisieren droht. Die erste wissenschaftliche Weltklimakonferenz fand 1979 in Genf statt, vor 40 Jahren also. Die Warnungen waren schon damals eindeutig, und im Jahrzehnt danach verdichtete sich die Beweisführung: Das Klima kann kippen.

Spätestens seit dem Erdgipfel in Rio de Janeiro 1992 haben die Politiker keine Ausrede mehr. Damals unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs fast aller Länder des Globus die UN-Klimarahmenkonvention, in der sie sich verpflichteten, eine "gefährliche Störung des Klimasystems" zu verhindern.

Getan haben sie nichts Durchgreifendes. Die Erde ist weiter auf dem Weg zur "gefährlichen Störung". Die globalen Treibhausgas-Emissionen sind von 22 Milliarden Tonnen anno 1992 auf inzwischen über 37 Milliarden Tonnen jährlich angestiegen. Das Klima droht sich bis 2100 um drei bis vier Grad aufzuheizen, während die Klimaforscher nur 1,5 Grad für tolerabel halten, von denen ein Grad schon erreicht ist.

Was ist das anderes als ein totales Versagen einer ganzen Politikergeneration, und das bei der vermutlich größten Herausforderung, der sich die Weltgemeinschaft in diesem Jahrhundert gegenübersehen wird. Die "Greta- Generation" begehrt zu Recht dagegen auf.

Die Älteren, die den "Aufbruch von Rio" vergeigt haben, werden in ihren letzten Lebensjahrzehnten nur die ersten Einschläge beim Klimawandel spüren, Episoden wie den Trockensommer 2018 zum Beispiel, und sie werden sich, vor allem in den reichen Industrieländern, damit arrangieren können.

Die Nachgeborenen dagegen trifft es mit voller Wucht, wenn jetzt nicht noch schnell bei den Emissionen umgesteuert und viel mehr als bisher in die Anpassung an den schon nicht mehr vermeidbaren Klimawandel investiert wird.

Alternativen scheiterten bisher an zu mächtigen Lobbys

Die neue Jugendbewegung fordert genau das, und zwar kompromisslos. Sie ist im Recht. Nicht nur, weil die Politiker von damals bis heute auch ihnen, ob geboren oder noch nicht, die Rettung vor der Klimakrise versprochen haben. Sondern auch, weil längst klima- und arbeitsplatzgerechte Umstiegskonzepte für alle Sektoren existieren, von Energie über Verkehr bis Landwirtschaft.

Die müssen allerdings – und hier geht es ans Eingemachte – gegen die bisher übermächtigen Lobbys, von mauernden Industrieverbänden bis hin zu rückwärtsgewandten Gewerkschaften, durchgesetzt werden.

Das bisherige Politikversagen deutlicher offenzulegen, als es die klassische Umweltbewegung jemals geschafft hat, ist bereits jetzt das Verdienst von Greta und Co. Egal, wie dauerhaft die neue Bewegung sein wird.

Klar ist aber schon jetzt: Sich nach bewährtem Muster durchzumogeln, das werden die Alt-Politiker nicht schaffen. Ex-Klimakanzlerin Merkel hat sich zuletzt dazu durchgerungen, die Schülerstreiks gut zu finden, während ihre Bildungsministerin meinte, auf die Schulpflicht pochen zu müssen, und FDP-Chef Lindner den Jugendlichen gleich ganz die Kompetenz für die Klimafrage und ihre ökonomischen Folgen absprach.

Was ihre eigene Zukunft angeht, sind Greta und Co schon kompetent genug. Das haben sie gezeigt: Sie können gut einschätzen, was 20 oder 30 weggestreikte Schulstunden wert sind und was politische Bildung auf der Straße. Klima-Fake-Politiker haben bei ihnen keine Chance mehr.