Die Preise für die meisten Rohstoffe sind wieder auf das Niveau zurückgefallen, auf dem sie vor dem russischen Überfall auf die Ukraine lagen. Das bedeutet, dass viele Güter nun deutlich günstiger zu haben sind als vor zwölf Monaten.

So ist der für Europa relevante Gaspreis um 84 Prozent gefallen, Kohle um 64 Prozent und Öl der Sorte Brent um zwölf Prozent.

Das Gleiche zeigt sich bei den Nahrungsmitteln, bei denen die Ukraine ein wichtiger Exporteur ist: Sonnenblumen- und Rapsöl sowie Weizen sind deutlich im Preis gefallen. Der Einfluss der geopolitischen Lage auf die Preise von Rohstoffen hat sich nach knapp anderthalb Jahren Krieg also wieder verflüchtigt.

 

Nun bestimmen wieder die normalen Marktkräfte über die Rohstoffpreise. Das zeigt sich etwa bei Gas und Öl.

Vorletzte Woche ist der Gaspreis sprunghaft um ein Drittel gestiegen. Der Grund dafür ist, dass in drei australischen Gasfeldern ein Streik droht. Da Australien einen Anteil von zehn Prozent am globalen Markt für Flüssigerdgas (LNG) hat, macht sich das sofort bei den Preisen bemerkbar.

Auch bei Öl sind es jetzt wieder Angebot und Nachfrage, die über den Preis bestimmen. Zum einen verknappt zurzeit Saudi-Arabien seine Förderung freiwillig um eine Million Barrel pro Tag.

Zum anderen sorgt die schwächelnde Konjunktur in China und in Europa für eine geringere Nachfrage. Diese Kombination hat erst zu einem deutlichen Anstieg des Ölpreises geführt und in den letzten Tagen wieder zu einem Rückgang.

Ed Moya, ein Marktanalyst des kanadischen Handelshauses Oanda, sagte dazu:  "Nach einer siebenwöchigen Rallye war der Ölpreis reif für einen Rückschlag, und Chinas Immobilienprobleme taten ihr Übriges. Der Ölmarkt wird wahrscheinlich angespannt bleiben, aber wenn sich die Sorgen um China verstärken, könnte Öl noch um ein paar Dollar fallen."

Klimakrise trägt zur Inflation bei

Keine Normalität herrscht hingegen auf den Märkten für Agrarrohstoffe. Aber auch dort ist es nicht mehr der Krieg, der für wilde Kursausschläge sorgt, sondern der Klimawandel.

So hat sich Orangensaft in den letzten zwölf Monaten um 78 Prozent verteuert. Grund sind Wetterereignisse, die wegen des Klimawandels an Intensität zugenommen haben.

Nur noch bei wenigen spanischen Bauern stehen die Olivenbäume wie früher auf und zwischen den Feldern – eine besser an Dürren angepasste Anbauweise. (Bild: KRA)

Der für den Orangenanbau wichtige US-Bundesstaat Florida wurde letztes Jahr von zwei Hurrikans getroffen und leidet dieses Jahr zusammen mit anderen Orangenexporteuren wie Spanien unter einer Hitzewelle. Florida erwartet daher die schlechteste Orangenernte der Geschichte.

Ähnlich ist es bei Zucker. Der Preisindex der Welternährungsorganisation FAO für Zucker ist letztes Jahr wegen Überschwemmungen in Indien um über ein Drittel gestiegen und schwächt sich nun langsam wieder ab. Auch Olivenöl ist klimabedingt teurer: Wegen der Dürre in Spanien hat sich der Preis seit Jahresanfang verdoppelt.

Mittlerweile trägt die Klimaerwärmung so zur Inflation bei. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ausgerechnet, dass die Hitzewelle letztes Jahr 0,67 Prozentpunkte zur Inflation der Lebensmittelpreise beigetragen hat.

Dieses Jahr sieht die Situation nicht besser aus. Während die Inflationsrate in Deutschland im Juli leicht auf 6,2 Prozent gesunken ist, lag sie bei Lebensmitteln noch immer bei elf Prozent. Das Statistische Bundesamt schreibt: "Die Nahrungsmittel bleiben damit der stärkste Preistreiber unter den Güterbereichen."

Hinzu kommt, dass das Wetterphänomen El Niño seit diesem Jahr für zusätzliche Erwärmung sorgt. Das könnte auch Folgen für Grundnahrungsmittel haben. Die US-Investmentbank Morgan Stanley schätzt, dass ein Großteil der Anbaugebiete für Weizen (44 Prozent), Reis (43 Prozent) und Mais (32 Prozent) ein hohes Dürrerisiko hat.

Corey Lesk, ein Klimawissenschaftler an der US-Universität Dartmouth College, sagt daher: "Wir bewegen uns derzeit auf ein Klimaregime zu, das wir noch nie zuvor gesehen haben. So gut wie jeden Sommer gibt es jetzt eine rekordverdächtige Hitzewelle, und zwar nicht nur in einer Kornkammer, sondern in mehreren Kornkammern der Welt."

Vielleicht werden wir uns in wenigen Jahren in die Zeit zurücksehnen, in der nur Orangensaft und Olivenöl knapp und teuer waren.