Der Hurrikan "Ian" hat extreme Verwüstungen in den US-Bundesstaaten Florida und South Carolina ausgelöst. Mindestens 80 Menschen starben. Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometern pro Stunde war es der fünftstärkste Wirbelsturm, der je in den USA an Land ging.
Zu Beginn voriger Woche suchte der Taifun "Noru" die Philippinen und Vietnam heim, mit ähnlichen Zerstörungen als Folge. Kurz vorher hatte Hurrikan "Fiona" Puerto Rico und die Ostküste Kanadas getroffen.
Gemeinsames Kennzeichen dieser Wirbelstürme: Sie verstärkten sich teils ungewöhnlich schnell und wüteten mit großer Intensität. Eine generelle Tendenz, hinter der offenbar der Klimawandel steckt.
Die Welt ist heute im globalen Durchschnitt rund 1,2 Grad wärmer als vor Beginn des industriellen Zeitalters um 1850. Die Zahl der tropischen Wirbelstürme – je nach Region Hurrikan, Taifun oder Zyklon genannt – ist seither im Mittel zwar nicht angestiegen. Aber die Stürme sind stärker geworden, zudem bringen sie mehr Wasser mit – und sie bewegen sich langsamer, wodurch die Zerstörung vor Ort zunimmt.
Wirbelstürme können in den Tropen entstehen, wenn die Wassertemperatur an der Oberfläche der Meere mindestens 26 Grad beträgt. Und die Temperaturen in den Ozeanen, die große Mengen der zusätzlichen Wärme im Erdsystem aufnehmen, steigen. So liegen die durchschnittlichen Oberflächentemperaturen heute etwa 0,8 Grad über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts.
Die Folge ist, dass Wirbelstürme schneller an Intensität gewinnen. Hinzu kommt: Die ebenfalls wärmere Luft speichert auch mehr Feuchtigkeit. Das trägt dazu bei, dass Wirbelstürme länger anhalten können, sobald sie die Küste erreichen. Zudem erhöht sich die Wassermenge, die dann als Regen fällt.
Hurrikan "Ian" passt in dieses Bild. Es war in den letzten fünf Jahren bereits der siebte Sturm mit einer Windgeschwindigkeit von mehr als 200 Stundenkilometern, der die US-Küste erreichte. "Ian" zählt damit in die Hurrikan-Kategorie vier, deren Häufigkeit in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat.
Durch die Erderwärmung wurde "Ian" regenreicher
Laut US-Klimaforscher:innen hat sich ein neues Muster bei den Wirbelstürmen herausbildet, das sich bei 16 der 20 Wirbelstürme in der letzten beiden Jahre beobachten ließ: Die Hurrikans beschleunigen sich dramatisch in den Stunden vor dem Landgang über den aufgeheizten Meeresflächen. Danach ziehen sie langsam übers Land, wobei sie große Regenmengen abladen.
Karthik Balaguru vom Pacific Northwest National Laboratory im US-Bundesstaat Washington erläuterte, die "Hurrikan-Beschleunigungsraten" nähmen zu. "Ian" zum Beispiel sei zwei Tage vor dem Eintreffen in Floridas Südwesten noch ein einfacher Tropensturm mit Windspitzen von 120 Kilometern pro Stunde gewesen, der dann schnell zu einem Kategorie-Vier-Hurrikan mit doppeltem Tempo angewachsen sei.
"Das bereitet uns Sorgen", sagte Balaguru der Washington Post. Eines der beunruhigendsten Dinge am Klimawandel sei die Veränderung der Extreme.
Dass sich die Hurrikans weniger schnell bewegen, gilt auch als Folge einer vom Klimawandel bewirkten Veränderung großräumiger Luftströmungen. Diese macht es wahrscheinlicher, dass Hurrikans langsamer werden oder sogar über einem Ort verharren, was ihre Zerstörungskraft erhöht.
Eine Studie der US-Wetterbehörde NOAA zeigte, dass das mittlere Tempo der Hurrikans im Nordatlantik zwischen 1944 und 2017 um 17 Prozent abgenommen hat.
Ein besonders dramatisches Beispiel für einen solchen fast stationären Wirbelsturm ist "Harvey", der 2017 drei Tage lang über die Texas-Metropole Houston zog, wo er Rekord-Regenmengen abgab und schwere Überschwemmungen verursachte. Ein Klimaforschungsteam hat später festgestellt, dass dieses Ereignis durch den Klimawandel dreimal wahrscheinlicher geworden war.
Eine aktuelle Schnellanalyse des Lawrence Berkeley National Laboratory zu "Ian" zeigte nun, dass der Sturm mindestens zehn Prozent mehr Regen mitbrachte, als es ohne Klimaveränderungen der Fall gewesen wäre.
Der Klimawandel ist nicht die einzige Ursache
Doch es gibt noch ein weiteres Phänomen, das die Gefahr erhöht, die von Hurrikans ausgeht: der Anstieg des Meeresspiegels, ausgelöst durch das Abschmelzen von Gletschern und Eiskappen sowie die Ausdehnung des Wassers bei Erwärmung.
Die Stürme drücken das Meerwasser in Richtung Küste, wenn sie sich nähern. Ein gestiegener Meeresspiegel bedeutet dann, dass die Flutwellen höher werden, weiter ins Landesinnere vordringen und mehr Siedlungen erreichen.
Ein aktuelles Beispiel für die Folgen ist die Stadt Fort Myers in Florida, wo der Meeresspiegel heute rund 33 Zentimeter höher liegt als Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Sturmflut durch "Ian" erreichte dort eine Höhe von bis zu 3,70 Metern. Die Stadt wurde schwer verwüstet.
Allerdings ist der Klimawandel nicht allein schuld daran, dass die Hurrikans immer größere Schäden anrichten. Eine Ursache ist der Trend, Siedlungen an gefährdeten Küstenabschnitten zu bauen.
So wuchs die Bevölkerung im "Sonnenstaat" Florida im vergangenen Jahrzehnt bis 2020 doppelt so schnell wie die der USA insgesamt, nämlich um fast 15 Prozent. Beliebt sind gerade auch Häuser an der Atlantik- und Golfküste.
Damit gefährden sich die Menschen gleich doppelt: Sie verändern das Klima, wodurch die Hurrikans verheerender werden, und sie stellen sich ihnen auch noch direkt in den Weg.