Kreisförmig angeordnete Pulte in mehreren Reihen.
In Bonn trifft sich die Klimadiplomatie einmal im Jahr, um vor den großen Weltklimagipfeln, die an wechselnden Standorten stattfinden, Detailfragen zu klären. (Foto: UNFCCC/​Flickr)

Heute geht in Bonn die Juni-Session der UN‑Klimakonferenz zu Ende. Sie diente der Vorbereitung der nächsten "großen" Klimakonferenz COP 27 im November im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh. Der Hauptstreitpunkt in Bonn waren klimabedingte Verluste und Schäden.

Die Entwicklungsländer fordern hier einen Fonds, der ganz spezifisch bei Verlusten und Schäden durch die globale Erwärmung hilft. Denn die Klimafinanzierung der Industriestaaten dient bislang nur der Treibhausgas-Reduktion und der Anpassung an den Klimawandel. Sturmschäden sind ebenso wenig abgedeckt wie Ernteausfälle wegen Dürren oder Überschwemmungen.

Aus Sicht von Patricia Espinosa, der Chefin des UN‑Klimasekretariats, klafft daher noch eine Lücke: "Es besteht kein Zweifel, dass finanzielle Mittel benötigt werden. Und ja, ein Teil dieser Mittel muss von den Regierungen der entwickelten Länder kommen." Diese wollen das aber unbedingt verhindern, weil sie befürchten, dass daraus eine Verpflichtung zum Schadenersatz entstehen könnte.

Wie groß die klimabedingten Verluste sind, zeigt eine neue Studie im Auftrag von 55 Ländern, die gegenüber der Klimaerwärmung am verletzlichsten sind. Diese Staaten haben in den Jahren von 2000 bis 2019 jährlich knapp einen Prozentpunkt an Wirtschaftskraft durch die Klimaerwärmung eingebüßt, so die Studie. Ohne Klimawandel wären sie heute also um ein Fünftel wohlhabender.

Dabei haben diese Länder kaum zur Erwärmung beigetragen. In den meisten liegen die Pro‑Kopf-Emissionen an Treibhausgasen deutlich unter dem globalen Durchschnitt. Auf schnelle Hilfe können sie dennoch nicht hoffen, denn in Bonn blieb bis zuletzt unklar, ob der Fonds für Verluste und Schäden überhaupt auf die Agenda in Sharm el-Sheikh kommt.

(Kein) Arbeitsprogramm zur Anhebung der Klimaziele

Ein weiteres Thema war das Arbeitsprogramm zur Anhebung der Klimaziele der Staaten. Eigentlich wurde bei der Klimakonferenz letztes Jahr in Glasgow vereinbart, dass bis November dieses Jahres alle Länder neue Ziele beim UN‑Klimasekretariat einreichen. Das dürften allerdings nur sehr wenige tun.

Eine Ausnahme ist Australien. Dort hat die neue Regierung angekündigt, die Emissionen bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu reduzieren. Das bisherige Ziel lag bei 26 Prozent. Damit sich die anderen Länder Australien als Vorbild nehmen, soll in Sharm el-Sheikh ein "Arbeitsprogramm" aufgesetzt werden.

Doch in Bonn konnten sich die Länder noch nicht mal ansatzweise darauf einigen, was dieses Programm beinhalten soll. Ein informelles Papier der Vorsitzenden der entsprechenden Arbeitsgruppe nahmen die Staatenvertreter in Bonn lediglich "zur Kenntnis" und hielten ausdrücklich fest, dass dies "keinen Konsens unter den Vertragsparteien darstellt".

Hauptstreitpunkt war hier die Frage, ob sich das Arbeitsprogramm vorrangig an die "größten Emittenten" richten soll oder an alle Länder. Die Industriestaaten wollen sich auf die größten Emittenten beschränken, zu denen sie meist selbst gehören.

Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bleibt

China, Indien, Saudi-Arabien und einige andere große Staaten aus der Gruppe der Entwicklungsländer wollen dies aber unbedingt verhindern. Ihr Argument: Das würde eine neue "Kategorie von Ländern" einführen, und dies sei nicht von der UN‑Klimakonvention gedeckt.

 

Die Klimakonvention unterscheidet nur zwischen Industrie- und Entwicklungsländern – und dabei soll es gemäß den großen Schwellenländern auch bleiben.

Die Verhandlungen in Bonn fasste UN‑Klimachefin Espinosa daher so zusammen: "Ich denke, was wir hier gesehen haben, ist nach wie vor die Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern."

Sie selbst wird sich mit diesem Problem in Zukunft allerdings nicht mehr herumschlagen müssen. Patricia Espinosa tritt im Juli als Chefin des UN‑Klimasekretariats ab.

Wer ihr auf dem Posten nachfolgen wird, ist noch nicht bekannt. Die wichtigste Qualifikation für ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger ist aus Sicht von Espinosa, "dass man viel zuhören sollte – den Menschen zuhören – und versuchen, sich in die Lage der anderen zu versetzen".

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