Aktivst:innen stehen mit Fahnen und Schildern auf denen
Fridays for Future besetzt den deutschen Pavillon auf der Glasgower Klimakonferenz, um Druck auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin auszuüben. (Foto: Marie Jacquemin)

Heute Morgen in Glasgow: Überraschungsaktion von Fridays for Future. Um halb zehn beginnt sich der deutsche Pavillon auf der Weltklimakonferenz mit Aktivist:innen zu füllen, die sich hinsetzen, sich bereden und Schilder herausholen.

Pünktlich um zehn geht es los: Mit dem Ruf "Climate justice now!" nehmen etwa 15 Menschen den Pavillon ein, hinten ergeben drei Schilder den Spruch: "You owe us!"

Ihr schuldet uns etwas! Gemeint sind SPD, Grüne und FDP, die in Berlin Koalitionsverhandlungen führen. Und tatsächlich: Es sieht nicht gut aus mit handfesten Vereinbarungen zum Klimaschutz, geschweige denn einem 1,5-Grad-Pfad, obwohl alle drei Parteien im Wahlkampf eine Politik versprochen haben, die den Pariser Klimavertrag einhält.

Neben der Aktion auf der Klimakonferenz findet auch eine in Berlin vor dem Bundestag statt. Die Forderung: Deutschland muss liefern, was in Paris beschlossen wurde und wozu sich alle demokratischen Parteien verpflichtet haben.

In Glasgow spricht Luisa Neubauer nur kurz, erklärt, warum die Aktion heute am Pavillon stattfindet: "In Deutschland bildet sich gerade die neue Regierung. Wenn die nicht liefert, ist es zu spät für 1,5 Grad!" Dann reden weitere Fridays-for-Future-Aktivistinnen, deren Länder bereits jetzt massiv von der Klimakrise betroffen sind.

Patience Nabukalu von Fridays for Future Uganda sagt: "Wir sind Opfer einer Krise, die wir nicht verursacht haben. Der globale Norden macht Versprechen für 2030, 2050. Was ist mit heute? Wir erleben die Klimakrise schon jetzt. Deutschland und der globale Norden schulden uns gerechte Klimaschutzmaßnahmen!" Auch Aktivistinnen aus Polen und Sambia prangern die "Klimaschuld" von Deutschland an.

Etwas mehr Ehrgeiz reicht nicht

Die Schuldzuweisungen an Deutschland und die angehende Ampel sind massiv. Schaut man sich aber die Versprechungen im Vergleich zum aktuellen Stand an – Deutschland liegt auf Platz sechs der größten CO2-Emittenten weltweit, während Entwicklungsländer nur einen Bruchteil der Emissionen ausstoßen –, wiegt die Verantwortung des Landes und seiner Regierung ziemlich schwer.

Schließlich ist die kommende Bundesregierung die letzte, die Deutschland auf einen 1,5-Grad-Pfad lenken könnte – oder wenigstens unter zwei Grad.

Danach sieht es momentan nicht aus. Sogar die Grünen geben jetzt zerknirscht zu, dass es in den Ampel-Verhandlungen wohl nicht so läuft. Auf Proteste von Umweltorganisationen von BUND über Greenpeace bis hin zum WWF gegen aufgeweichte Klimaschutzformulierungen im Sondierungspapier antworteten die Grünen-Vorsitzenden sogar in einem Brief, die Organisationen sollten helfen "auf SPD und FDP einzuwirken, um diese zu ambitionierteren Vorschlägen zu bringen".

COP 26 in Glasgow

Nach 25 UN-Konferenzen gibt es noch immer keine Lösung für die Klimakrise, aber wenigstens das Pariser Klimaabkommen. Wie gut es funktioniert, wird sich beim 26. Gipfel in Glasgow zeigen. Ein Team von Klimareporter° ist vor Ort in Schottland und berichtet mehrmals täglich.

"Etwas ambitionierter" sei keinesfalls ausreichend, meint da Fridays for Future. "Mit den aktuellen Maßnahmen in den Koalitionsverhandlungen wird Deutschland seiner Klimaschuld lange noch nicht gerecht." Der Tipp der Klimastreikbewegung: "Unsere 100-Tage-Forderungen könnten für den Regierungsstart helfen!"

Die Besetzungsaktion am deutschen Pavillon dauert nur ein paar Minuten. Dann kommt Security, die Aktion ist nicht angemeldet.

Nicht nur in Deutschland, auch in zahlreichen anderen Ländern schauen weiter viele hoffend und fordernd auf die Ampel: Wann schaltet sie von Krise auf Klimaschutz?

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