Mehr als 200 Euro in Scheinen liegen auf einem Stromzähler, aufgenommen von schräg oben.
Die Abschaffung der EEG-Umlage soll Haushalte entlasten. Das funktioniert aber nur zeitweise und vor allem für Strom-Großverbraucher. (Foto: Tim Reckmann/​Flickr, CC BY 2.0)

Nimmt man die Bundestagswahlprogramme der Ampel-Parteien zur Hand, ist die Sache eigentlich sonnenklar. Die Grünen wollten CO2-Preis-Einnahmen über ein Energiegeld pro Kopf zurückgeben. Die FDP schlug dafür einen jährlichen Pauschalbetrag, eine Klimadividende, für alle Bürger vor – und die SPD versprach in ihrem Programm, all das zu prüfen.

Das Mehrheitsversprechen findet sich aber nun im Ampel-Sondierungspapier mit keinem Wort wieder. Für den direkten sozialen Ausgleich soll allein die Absenkung und letztliche Abschaffung der EEG-Umlage zuständig sein.

Fachleute kritisierten dieses Herangehen bereits mit dem Hinweis, es gebe keinen Automatismus zwischen gesenkter EEG-Umlage und der Höhe des Strompreises, solange die Versorger nicht rechtlich gezwungen seien, die ermäßigte Umlage an die Haushalte weiterzureichen.

Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Gesamtverbandes, machte am Mittwoch darauf aufmerksam, dass eine Senkung der EEG-Umlage vor allem denjenigen nütze, die einen sehr hohen Stromverbrauch haben, weil sie "auf großem Fuß" lebten. Diese Gruppe werde stärker begünstigt als einkommensschwache Haushalte, die weniger Strom verbrauchten, sagte Schneider bei der Präsentation eines 13-Punkte-Forderungskatalogs der Klima-Allianz an die Ampel-Parteien.

"Zielgerechter ist es deswegen, die Gelder, die durch die CO2-Bepreisung hereinkommen, durch einen Ökobonus auszuzahlen", betonte Schneider. "Die Mittel aus der CO2-Bepreisung, die von den Haushalten eingenommen werden, müssen an diese wieder ausgeschüttet werden."

Soziale Fehlstellen im Sondierungspapier

Die angestrebte Umverteilung durch den Ökobonus sei gerecht, so Schneider weiter, weil eben Haushalte mit einer schlechteren Klimabilanz draufzahlten. Dies gilt für ihn umso mehr, wenn der CO2-Preis sich weiter erhöht und die Rückzahlung entsprechend ansteigt.

Carolin Schenuit, die den Thinktank Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) leitet, wies darauf hin, dass sich spätestens mit der gänzlichen Abschaffung der EEG-Umlage – derzeit für 2025 geplant – und danach voraussichtlich weiter steigenden CO2-Preisen die Frage stelle, was dann mit den Einnahmen geschehe. "Die EEG-Umlage taugt soziales Ventil gar nicht", stellte die Expertin klar. Deswegen sei eine Klimaprämie zu prüfen.

Schneider wie auch die Klima-Allianz insgesamt kritisieren die sozialen Fehlstellen im Sondierungspapier scharf. Anfang kommenden Jahres sollen – beschlossen noch von der alten Regierung – die Hartz-IV-Regelsätze lediglich um 0,7 Prozent steigen. Die Folgen sind angesichts steigender Energiepreise und Mieten für Schneider so klar wie inakzeptabel: "Die Armen haben weniger Kaufkraft. Die Armen werden ärmer." Das könne keine sozial-ökologische Wende sein.

Aus seiner Sicht kommen die drei Parteien um eine Erhöhung von Hartz IV und der Grundsicherung, die die absehbaren Kaufkraftverluste ausgleicht, nicht herum.

Die 140 Organisationen der Klima-Allianz eint weiter die deutliche Hoffnung, dass auch im Sondierungspapier bereits Ausgeschlossenes noch einmal überdacht wird, wie der Verzicht auf Steuererhöhungen oder aufs Tempolimit.

Bei den Koalitionsverhandlungen seien die Messen noch nicht gesungen, hofft der Chef des Paritätischen Gesamtverbandes. In der Zivilgesellschaft gebe es eine breite Bewegung, die mit Teilen des Sondierungspapiers überhaupt nicht einverstanden sei und nicht einverstanden sein könne.

Pendelzulage statt Pendlerpauschale

Was die umweltschädlichen Subventionen angeht, kann nach Ansicht der Klima-Allianz zuallererst das Dienstwagenprivileg abgeschafft werden. Davon profitierten "fast ausschließlich Gutverdiener, die sich zudem noch meist große, spritfressende Autos anschaffen", erläuterte FÖS-Expertin Schenuit.

Auch die Pendlerpauschale nütze in erster Linie nicht der oft bemühten Pflegekraft, sondern dem Gutverdiener, der von seinem Haus im Grünen mit dem Auto in die Stadt pendle. "Wir erwarten, dass im Koalitionsvertrag konkrete Schritte zum Ab- und Umbau der besonders schädlichen Subventionen genannt werden", forderte Schenuit.

Auch der Umweltverband BUND verlangte heute, die Pendlerpauschale in ihrer jetzigen Form abzuschaffen und dafür eine Pendelzulage einzuführen. Im ersten Schritt sollten die über den CO2-Preis erzielten Einnahmen in voller Höhe und pro Kopf an die Bevölkerung zurückerstattet werden.

Zudem sei der öffentliche Verkehr massiv zu verbessern, besonders im ländlichen Raum, fordert der BUND. Alle Menschen müssten die Möglichkeit erhalten, ohne eigenes Auto mobil zu sein.