Bis ganz zum Schluss sah es so aus, als werde der G20-Gipfel im japanischen Osaka das Thema Klimaschutz völlig vergeigen und mit bestenfalls wässrigen Formulierungen weit hinter frühere Gipfel zurückfallen.
Nun ist das zweitägige Treffen der 20 großen Industrie- und Schwellenländer doch mit einer gemeinsamen Klimaerklärung zu Ende gegangen – in der mittlerweile üblichen Konstellation 19 plus eins, also ohne die USA.
"Wir haben bis zur letzten Minute verhandelt", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, als die Staats- und Regierungschefs schließlich vor die Presse traten, um den Erfolg zu präsentieren. Vielen war die Erleichterung anzusehen. Motto: Das ist diesmal gerade noch gut gegangen.
Gastgeber Japan hatte für den Abschlusstext einen Entwurf vorgelegt, in dem Klimaschutz nur am Rande erwähnt wurde. Man wolle sich globalen Herausforderungen stellen, "unter anderem dem Klimawandel", hieß es darin lediglich.
Eine solche nichtssagende Erklärung wäre einem Kniefall vor US-Präsident Donald Trump gleichgekommen, der sich offensiv gegen Klimaschutz und das Pariser Klimaabkommen stellt. Japan verhandelt derzeit mit den USA über ein Handelsabkommen und will die Gegenseite offenkundig nicht vergrätzen.
Damit stieg während des Gipfeltreffens die Befürchtung, Trump könne es gelingen, eine Anti-Klimaschutz-Allianz aufzubauen und immer mehr der 19 Staaten, die sich bislang noch zum Paris-Abkommen bekennen, auf seine Seite zu ziehen.
Aussichtsreiche Kandidaten dafür sind Saudi-Arabien, die Türkei, Brasilien, Russland oder auch Australien. Sie alle haben in der Vergangenheit mehr oder weniger offen mit dem Gedanken gespielt, es Trump gleichzutun und dem Weltklimavertrag den Rücken zu kehren.
Diese Gefahr ist nun erst einmal wieder gebannt. Vor allem die EU hatte großen Druck gemacht und auf einer gemeinsamen Klimaerklärung bestanden. Eine schwächere Abschlusserklärung als in Argentinien werde der Staatenbund nicht akzeptieren, machte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker klar.
"Es ist gelungen, nach nächtlichen und täglichen Verhandlungen jetzt wieder eine 19-plus-eins-Erklärung zu haben", sagte Merkel. Diese enthalte "die gleichen Dinge" wie die Abschlusserklärung des letztjährigen G20-Gipfels in Argentinien, so die Kanzlerin.
Erstmals fehlt das 1,5-Grad-Ziel
Das trifft aber nur zum Teil zu. Zwar wird, wie in Argentinien, das Pariser Klimaabkommen wieder als "unumkehrbar" bezeichnet. Auch die gemeinsame Verpflichtung zur "vollständigen Umsetzung" des Abkommens wird erneut bekräftigt.
"Das ist eine krachende Niederlage für US-Präsident Trump", sagte Christoph Bals von Germanwatch. Trump habe massiven diplomatischen Druck auf den Gastgeber Japan ausgeübt und sei dennoch mit dem Versuch gescheitert, eine Allianz gegen das Paris-Abkommen zu schmieden.
Allerdings: Das 1,5-Grad-Ziel, das in dem Abschlussdokument von 2018 erstmals erwähnt worden war, fehlt diesmal in der G20-Erklärung. Auf den 1,5-Grad-Bericht des Weltklimarats IPCC wird kein Bezug mehr genommen.
Es ist dasselbe Dilemma wie bei den Klimaverhandlungen. Bei der Frühjahrskonferenz in Bonn, die in dieser Woche zu Ende ging, konnten sich die Staaten nicht darauf einigen, den IPCC-Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel anzuerkennen – obwohl sie ihn selbst in Auftrag gegeben hatten. Als Bremser treten vor allem Ölländer auf: die USA, Russland, Kuwait und Saudi-Arabien.
"Das Ergebnis von Osaka zeigt leider, dass es derzeit im G20-Prozess nicht möglich ist, im Konsens starke gemeinsame Aussagen zum Klimaschutz zu erzielen", sagte Bals. "Die Signale müssten viel deutlicher sein."
Ein komplettes Scheitern konnte beim diesjährigen G20-Gipfel also verhindert werden. Fortschritte jedoch wurden nicht erzielt. Zudem zeichnen sich kleinere Rückschritte ab, die sich in Zukunft noch zu größeren Problemen auswachsen könnten. Einen Grund für Erleichterung und Freude bietet Osaka nicht.