Bäume im Wald
Wälder schützen und neue Wälder anlegen hilft dem Klima. (Foto: Yannik Schmitt/​Flickr)

In Kenia fällt immer weniger Regen. Das merken die Menschen auch in Makueni County. In der ohnehin schon trockenen Region im Südosten des Landes kommt es auf jeden Tropfen Wasser an. In der kurzen Regenzeit hingegen prasseln heftige Schauer nieder, es kommt zu Erdrutschen, die die Böden ausspülen. "Die unberechenbar gewordenen Niederschläge haben das meiste unserer Böden weggewaschen," sagt Mary Mbege, Amtsleiterin für Umwelt- und Klimaschutz in Makueni County.

Bäume sollen die fortschreitende Bodenerosion stoppen. Die Kreisverwaltung ermutigte die Bauern, mehr Orangen- und Mango-Bäume zu pflanzen. "Unser Ziel ist es, die Baumbedeckung auf 18 Prozent zu erhöhen", sagt Mbege, die an der Universität Greifswald Landschaftsökologie und Naturschutz studiert hat. Das sei mehr, als Kenia plane.

Für die Kreisverwaltung ist das Projekt ein Erfolg, auch weil die Obstbäume den Bauern eine neue Einkommensquelle eröffnet haben. In einer Fabrik werden die Mangos zu Püree verarbeitet und exportiert. Und dem Klima helfen die gezielten Baumpflanzungen in Makueni County, da sie CO2 aus der Atmosphäre binden.

Im großflächigen Maßstab könnte das Aufforsten sogar dazu beitragen, die Erderwärmung doch noch auf 1,5 Grad zu begrenzen und einen gefährlichen Klimawandel zu verhindern. Ein zügiges Absenken der Emissionen allein reicht nicht mehr, denn zu viel CO2 wurde schon in die Atmosphäre gepumpt. Also müssen große Mengen CO2 aus der Atmosphäre gebunden werden.

Oft werden dafür unerprobte Techniken wie "Bio-Energy with Carbon Capture and Storage", kurz BECCS, ins Spiel gebracht. Dafür müssten Energiepflanzen auf riesigen Flächen angebaut und anschließend in Kraftwerken verbrannt werden. Das dabei freigesetzte CO2 soll technisch aufwendig abgetrennt und unter der Erde gespeichert werden. Ob das im großen Maßstab klappt, ist ungewiss.

Erprobte Methoden, geringe Kosten

Erfolgversprechender ist es, auf die Natur zu setzen. Seit Jahrtausenden werden in natürlichen Prozessen wie beim Wachstum von Bäumen oder bei der Entstehung von Mooren erhebliche Mengen an Kohlendioxid gespeichert. Warum diese natürlichen Vorgänge nicht für den Klimaschutz nutzen? Die Idee, die im Expertensprech "Natural Climate Solutions" genannt wird, klingt so genial wie einfach.

Wie viel die Natur tatsächlich zum Klimaschutz beitragen kann, hat ein internationales Forscherteam untersucht – mit spektakulären Ergebnissen. "Natural Climate Solutions können weltweit jährlich etwa elf Gigatonnen CO2-Äquivalent zum Klimaschutz beitragen", fasst Alexander Popp, Landnutzungsexperte am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), die Ergebnisse der Studie, an der er nicht beteiligt war, zusammen.

So kann die Natur zum Klimaschutz beitragen

  • kohlenstoffreiche Landschaften wie Wälder, Torfmoore und Mangroven erhalten
  • Wälder aufforsten
  • Moore wiedervernässen
  • Kohlenstoffgehalt von Ackerböden erhöhen – durch Agroforstsysteme, Anbau von Zwischenfrüchten, dauerhafte Bodenbedeckung

Das entspreche mehr als 30 Prozent der bis 2030 benötigten Einsparungen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, so Popp. "Etwa die Hälfte davon könnte durch den Erhalt kohlenstoffreicher Flächen erreicht werden", also durch den Schutz tropischer Wälder oder von Torfmooren. Die andere Hälfte, indem der Atmosphäre CO2 wieder entzogen wird, etwa durch Aufforstung.

Natural Climate Solutions seien deshalb so attraktiv, weil sie im Gegensatz zu vielen anderen Methoden ohne großen technischen Aufwand heute schon anwendbar seien – und das zu vergleichsweise geringen Kosten.

Die Natur für den Klimaschutz einzuspannen hat noch weitere Vorteile: Die untersuchten Maßnahmen verbessern die Bodenproduktivität, reinigen Luft und Wasser und erhalten die biologische Vielfalt, schreiben die Autoren in der Studie.

Umweltschützer können dem Konzept vieles abgewinnen, fordern aber, genau hinzuschauen. "Wälder, Moore und Böden dürfen nicht nur als CO2-Senken betrachtet werden", sagt Ann-Kathrin Schneider vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Außerdem mache es einen Unterschied, ob Bäume in einer Plantage oder in einem Wald gepflanzt werden. Mit dem Ansatz könne man aber zwei drängenden Problemen der Zeit beikommen – dem Verlust der Artenvielfalt und dem Klimawandel.

"Klima, Biodiversität und Menschenrechte gehören zusammen"

Auch für Christoph Bals von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch kann es nicht nur um Klimaschutz gehen. "Ebenso wichtig ist der Schutz der Rechte all der Menschen, die mit dem Wald, mit der Landwirtschaft oder an der Küste leben", sagt Bals. Bei der Umsetzung müssten deshalb Klima, Menschenrechte und Biodiversität Schlüsselkriterien sein.

Landnutzungsexperte Popp warnt, dass es durch großflächige Aufforstung zu Konkurrenz um Flächen der Nahrungsmittelproduktion kommen kann. Dennoch seien die "Natural Climate Solutions" im Vergleich zu vielen anderen Klimaschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel BECCS, eher vorteilhaft für viele globale Nachhaltigkeitsziele, unter anderem die Ernährungssicherheit und den Schutz der Artenvielfalt.

Doch so groß die Chancen des Klimaschutzes mit der Natur auch sein mögen, gesichert ist noch nicht einmal die Erhaltung der vorhandenen kohlenstoffreichen Gebiete – trotz aller Willenserklärungen. Die NDCs, die Klimaschutzversprechen von Brasilien, Indonesien, der Demokratischen Republik Kongo, Kolumbien, Myanmar und Peru – alles Länder mit erheblichem Bestand an Regenwald – reichen nicht für das internationale Ziel, die Entwaldung bis 2030 zu stoppen.

Tatsächlich könnte das Abholzen der Wälder auch bei hundertprozentiger Erfüllung der jetzigen NDCs weiter anhalten. "Selbst wenn sie ihre eigenen Verpflichtungen einhalten, könnten einige Länder die Vernichtung der Regenwälder noch weiter vorantreiben", warnt Torbjørn Gjefsen vom Regnskogfondet, der norwegischen Regenwaldstiftung.

Arbeiter in einer Mangoverarbeitungsfabrik in Kenia
Eigentlich sollten die Mangobäume die Bodenerosion in Makueni County aufhalten. Mittlerweile ernten die Bauern in dem Landkreis so viele Früchte, dass sie in einer Fabrik verarbeitet werden. (Foto: Mary Mbege)

Mary Mbege in Kenia setzt dagegen ganz bewusst auf die Vorteile der Natur, nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch um die Probleme der Bevölkerung in Makueni County zu lösen. Das Dorf Masue braucht eine Schule, dachte die Verwaltung des Landkreises. Doch die Bewohner von Masue überzeugten Mbege, dass Wassermangel das eigentliche Problem sei.

Also wurde ein kleiner Damm aus Beton an einem nahen Berg gebaut, um Regenwasser aufzustauen und zu speichern. Nun müssen die Frauen nicht mehr jeden Tag zwanzig Kilometer zum Wasserholen laufen – und als die Wasserversorgung des kleinen Dorfes gesichert war, kam auch ein Lehrer.

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