Portraitaufnahme von Yacouba Sawadogo, dem Mann, der
"Der Mann, der die Wüste aufhielt": Yacouba Sawadogo. (Foto: Mark Dodd/​Right Livelihood Award Foundation)

Zum 39. Mal wird er in diesem Jahr verliehen: der Right Livelihood Award, auch "Alternativer Nobelpreis" genannt, mit dem seit 1980 KämpferInnen für Menschenrechte, Umweltschutz und Frieden geehrt werden.

In diesem Jahr hoffe man die Aufmerksamkeit der Welt auf die "bahnbrechende Arbeit der Preisträger für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Wiederherstellung von degradierten Böden" lenken zu können, erklärte Ole von Uexküll, der Geschäftsführer der Right-Livelihood-Award-Stiftung am heutigen Montag in Stockholm. Was diese Menschen tun, gebe "enorme Hoffnung", denn sie "zeigen in einer Zeit alarmierender Umweltzerstörung und fehlender politischer Führung den Weg in eine ganz andere Zukunft".

Yacouba Sawadogo ist einer von ihnen. Vor 40 Jahren begann er mit seinen Versuchen, unfruchtbar gewordenes Land durch nachhaltigere Nutzung des Regenwassers zu regenerieren. Zu ineffektiv waren in der Folge des Klimawandels nämlich die traditionellen Pflanzgruben für die Speicherung von Wasser und Biomasse geworden.

"Zaï" heißt das im westlichen Sahel gebräuchliche Verfahren zur Landsanierung, bei dem in die Vertiefungen der Pflanzgruben organisches Material – Ernteabfälle und Viehdung – gelegt wird, das so zusammen mit dem gesammelten Wasser gezielt der Pflanze zugute kommen soll. Sawadogo vergrößerte die Gruben, verbesserte Zaï, entwickelte es weiter.

"Als ich damit begann, Bäume zu pflanzen, dachten meine Nachbarn: Jetzt ist er verrückt geworden", berichtete der Bauer aus Burkina Faso 2011 auf der Vertragsstaatenkonferenz der UN-Konvention gegen Wüstenbildung (UNCCD) im südkoreanischen Changwon. Doch trotz aller Widerstände habe er nicht aufgegeben.

Damals waren die von ihm gepflanzten Bäume bereits zu einem 15 Hektar großen Wald zusammengewachsen und UNCCD-Generalsekretär Luc Gnacadja betonte an Sawadogos Beispiel die wichtige Rolle der Kleinbauern beim Kampf gegen die Wüstenbildung und die Folgen des Klimawandels.

Mittlerweile wächst auf dem ehemals kargen und verlassenem Land ein Wald von fast 40 Hektar mit einem großen Artenreichtum aus rund 60 verschiedenen Baum- und Buscharten. Über Yacouba Sawadogos Geschichte wurde der Dokumentarfilm "The Man Who Stopped the Desert" gedreht.

Und wenn der "Mann, der die Wüste aufhielt" nun den "Alternativen Nobelpreis" bekommt, dann, so die Preisbegründung, weil der 76-Jährige "unfruchtbares Land in lebendigen Wald verwandelt und lokales und indigenes Wissen zur Wiederherstellung des Bodens weiterentwickelt" habe.

Seinem Beispiel folgend hätten Tausende anderer Bauern mit dieser Technik ihr Land regeneriert, mittlerweile seien Zehntausende Hektar in Burkina Faso und Niger wieder zu produktivem Land geworden: "Bäume, die zusammen mit den Feldfrüchten gepflanzt werden, dienen der Bodenanreicherung, produzieren Viehfutter und können Einkommensmöglichkeiten etwa durch Bienenzucht schaffen", so die Jury.

Dies helfe den Landwirten, sich an den Klimawandel anzupassen, ländliche Armut zu reduzieren und lokale Konflikte um Ressourcen und Wasser zu verhindern. "Zusammen mit anderen von Bauern betriebenen natürlichen Regenerationstechniken könnte Zaï ein wichtiges Instrument gegen Zwangsmigration werden und friedensschaffende Wirkung haben", schreiben die Juroren.

Natürliche Aufforstungsmethode

Auch bei einem weiteren der insgesamt sieben PreisträgerInnen geht es um den Einsatz gegen die Folgen des Klimawandels und für die Regeneration unfruchtbaren Bodens. Zu Beginn der 1980er Jahre war der damals 24-jährige australische Agrarwissenschaftler Tony Rinaudo mit seiner Familie für die Missionsorganisation "Serving in Mission" in den Niger gezogen. Er versuchte, mit der Anpflanzung von Bäumen die sich ständig weiter ausbreitende Wüste aufzuhalten.

Mindestens sechstausend Bäume waren es insgesamt, erinnert sich Rinaudo – doch fast alle verdorrten in kurzer Zeit wieder. Die Lösung des Problems habe er dann unter der Erde entdeckt. Im Boden des Halbwüstensands verbargen sich die Wurzelreste einst dort gefällter Bäume.

In diesem "unterirdischen Wald" schlugen nach jedem Regen frische Triebe aus. Die Baumsprösslinge, die da spontan wuchsen, mussten eigentlich nur aufgezogen und kultiviert werden. Und sie mussten eine Chance bekommen, wieder heranwachsen zu können – indem sie einige Monate lang vor grasenden Tieren geschützt und richtig beschnitten werden.

Tony Rinaudo, einer der Preisträger des Alternativen Nobelpreises 2018
"Der Waldmacher": Tony Rinaudo. (Foto: Silas Koch/​World Vision)

Ähnlich wie Sawadogo wurde auch Rinaudo anfangs verspottet. Doch mit seiner natürlichen Aufforstungsmethode "Farmer Managed Natural Regeneration" (FMNR) wurden allein in Niger 50.000 Quadratkilometer Wald mit 200 Millionen Bäumen wiederhergestellt.

In mehreren afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern wurde das Modell kopiert. Den Right-Livelihod-Preis erhält der "Waldmacher" nun "für den praktischen Beweis, dass Trockengebiete in großem Umfang und mit minimalen Kosten begrünt werden können und damit die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen verbessert werden kann".

Der 61-jährige Rinaudo selbst kommentiert: "Wenn man nicht immer mit dem Vorschlaghammer auf die Natur einschlägt, sondern mit ihr arbeitet, dann kehrt sie von allein zurück." Er hofft, dass der Preis mehr Aufmerksamkeit auf seine Methode lenken und damit "die weltweite Verbreitung exponentiell beschleunigen wird". Denn noch immer sei sie "bei Regierungen, Gebern und auch den Menschen, die sie am meisten benötigen, zu wenig bekannt".

Und von Uexküll ergänzt: Wären die politischen Entscheidungsträger bereit, "den von den Landwirten gesteuerten Ansatz der natürlichen Regeneration zu unterstützen, könnten degradierte Trockengebiete von der Größe Indiens wiederhergestellt werden".

Erstmals geht ein Alternativer Nobelpreis nach Saudi-Arabien

Ein "Alternativer Nobelpreis" geht in diesem Jahr nach Saudi-Arabien – zum ersten Mal überhaupt. Wobei die drei Preisträger sich derzeit aber alle im Gefängnis befinden. 2013 waren Abdullah al-Hamid und Mohammad Fahad al-Qahtani wegen "Anstiftung zur Unruhe durch den Aufruf zu Demonstrationen" und "Bildung einer nicht lizenzierten Organisation" zu elf und zehn Jahren Haft verurteilt worden.

2014 erhielt Abu al-Khair sogar eine 15-jährige Haftstrafe unter anderem wegen "Ungehorsam gegenüber dem Herrscher" und "Schädigung des Ansehens des Staates durch Kommunikation mit internationalen Organisationen".

Al-Hamid und al-Qahtani sind Akademiker und Mitbegründer einer der wenigen saudischen Menschenrechtsorganisationen, der Saudi Civil and Political Rights Association (ACPRA). Sie ist derzeit ebenso verboten wie der "Monitor of Human Rights in Saudi Arabia" (MHRSA), die von Abu al-Khair gegründet wurde, einem für die juristische Verteidigung prominenter saudischer Aktivisten – etwa des Bloggers Raif Badawi – bekanntem Rechtsanwalt.

Die Jury des Right Livelihood Award wählte das Trio aus, weil es "im Streben nach Reformen in dem Land standhaft geblieben" und "das autoritäre System durch friedliche Methoden herausgefordert" habe. Die Preisträger "fordern Gewaltenteilung und Gleichheit für alle, einschließlich der Abschaffung der männlichen Vormundschaft, die den Frauen ihre grundlegendsten Rechte nimmt". Inhaftiert seien sie "als Folge ihres mutigen Kampfes für eine pluralistischere und demokratischere Gesellschaft".

Ausdrücklich stellt die Stiftung fest: Im Jahr, in dem die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 70 Jahre alt wird, sei es besonders beschämend zu sehen, "wie sich die führenden Politiker der Welt auf die Seite der repressiven Herrscherfamilie von Saudi-Arabien schlagen, statt für die mutigen Reformisten, die Demokratie und Gleichheit im Land fördern, Partei zu ergreifen".

Ehrenpreis für Kampf gegen Machtmissbrauch

"Bahnbrechende Arbeit für Transparenz und Demokratie" (von Uexküll) wird auch mit dem Ehrenpreis anerkannt, der in diesem Jahr an Thelma Aldana aus Guatemala und Iván Velásquez aus Kolumbien geht, "für ihre wegweisende Arbeit zur Aufdeckung von Machtmissbrauch und Verfolgung von Korruption und für die Wiederherstellung von Vertrauen in öffentliche Institutionen".

Seit 2014 beziehungsweise 2013 stünden Aldana als oberste Staatsanwältin und Velásquez als Leiter der "Internationalen Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala" (CICIG) an der Spitze "einer der erfolgreichsten Anti-Korruptions-Bemühungen auf der ganzen Welt". Sie würden damit eine "Kampagne zur Bekämpfung tief verwurzelter krimineller Netzwerke und Korruption anführen, die Guatemala seit Jahrzehnten plagt".

Diese "mutige und vorbildliche Arbeit" habe dazu geführt, dass "bislang mehr als 60 kriminelle Netzwerke aufgedeckt werden konnten, es mehr als 310 Verurteilungen gegeben hat und 34 Gesetzesreformen vorgeschlagen wurden". Damit sei das "Vertrauen in öffentliche Institutionen wieder aufgebaut" worden, so die Jury über das Wirken der Preisträger. "Als Folge davon waren sie anhaltendem Widerstand und einem großen persönlichem Risiko ausgesetzt."

Die Bekanntgabe des Preises kommt wenige Wochen, nachdem der guatemaltekische Präsident Jimmy Morales angekündigt hat, die von den Vereinten Nationen unterstützte Kommission im kommenden Jahr abschaffen zu wollen.

Ole von Uexküll verband die Preisverleihung deshalb auch mit der Aufforderung an Morales, "diese guatemaltekische Erfolgsgeschichte fortzusetzen". Denn: "Die von Aldana und Velásquez geleistete Arbeit ist ein einzigartiges Modell einer effektiven Zusammenarbeit zwischen der nationalen und der UN-Ebene, um eine gute Regierungsführung zu etablieren."

Die Verleihung der "Alternativen Nobelpreise" findet am 23. November in Stockholm statt. Die traditionelle Right Livelihood Lecture wird Tony Rinaudo am 28. November an der Universität Zürich halten. Thelma Aldana und Iván Velásquez werden am 27. November im Deutschen Bundestag zu Gast sein.

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