Als Frage von Leben und Tod bezeichnete UN-Generalsekretär António Guterres den Klimawandel zum Auftakt der Klimakonferenz COP 24 im polnischen Katowice. Doch um Gesundheitsfragen geht es bei dem Treffen der UN-Verhandler allenfalls indirekt.
"Das Verbrennen fossiler Ressourcen ist nicht nur die Ursache für den Klimawandel", sagte Maria Neira, Direktorin der WHO-Abteilung für öffentliche Gesundheit und Umwelt, in Katowice. "Es ist auch die Ursache für gesundheitsschädliche Luftverschmutzung."
Es gebe einen starken Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung, Klimawandel und Gesundheit, aber in den Klimaverhandlungen und Dokumenten kämen Asthma, chronische Lungenerkrankungen, Lungenkrebs und Schlaganfälle nicht vor, kritisierte Neira.
Wie weitreichend die Folgen des Klimawandels für die menschliche Gesundheit sind, zeigt ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der am heutigen Mittwoch auf dem Klimagipfel vorgestellt wurde.
Allein die Luftverschmutzung durch die Nutzung fossiler Brennstoffe verursacht demnach jedes Jahr weltweit sieben Millionen Todesfälle – mit erheblichen Belastungen für die nationalen Gesundheitssysteme. Die damit einhergehenden jährlichen Kosten beziffert die WHO auf rund 5,1 Billionen US-Dollar, umgerechnet 2.000 Milliarden Euro.
"Wie viele Tote sind Staatsführer bereit zu akzeptieren?"
"Die wahren Kosten des Klimawandels sind in unseren Krankenhäusern zu sehen und in unseren Lungen zu spüren", sagte Neira.
Wenn die Ziele des Pariser Klimavertrags erreicht werden, können laut WHO bis Mitte des Jahrhunderts eine Million Menschenleben gerettet werden – jährlich.
Neira forderte die Staats- und Regierungschefs auf, ihre Ambitionen bei der Erfüllung des Paris-Vertrags zu erhöhen. Der Grad ihres Ehrgeizes lasse sich daran erkennen, wie viele Tote sie bereit seien, jedes Jahr zu akzeptieren.
Diese Krankheiten stehen in Verbindung mit dem Klimawandel
Allergien, Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hitzschlag, Infektionskrankheiten, psychische Erkrankungen, Unterernährung, Vergiftungen und Verletzungen sowie wasserbezogene Krankheiten wie Cholera
Für die 15 Länder mit den meisten Treibhausgas-Emissionen – darunter Deutschland – schätzt die Weltgesundheitsorganisation die Gesundheitskosten durch Luftverschmutzung auf mehr als vier Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Klimaschutz gemäß dem Pariser Klimaabkommen kostet dagegen etwa ein Prozent des weltweiten BIP. Maßnahmen zum Klimaschutz würden sich also lohnen: Der Wert der gesundheitlichen Vorteile sei doppelt so hoch wie die weltweiten Kosten für Minderungsmaßnahmen, so die WHO. "Wenn die Gesundheit berücksichtigt wird, ist der Klimaschutz eine Chance und keine finanzielle Belastung."
Als wachsende Bedrohung für die Gesundheit bezeichnete Kristie Ebi von der University of Washington, die an dem Sonderbericht des Weltklimarates IPCC zum 1,5-Grad-Ziel mitgearbeitet hat, die Unterernährung. In Ländern mit geringem oder unterem mittleren Einkommen habe sich die Ernährungssituation infolge der Erderwärmung und durch mehr Extremwetter verschlechtert. Die Zahl der unterernährten Menschen auf der Welt steige wieder – dabei war sie jahrzehntelang stetig gefallen.
Alle Beiträge zur Klimakonferenz COP 24 in Polen finden Sie in unserem Katowice-Dossier