Die Energiewende wird von vielen als Belastung wahrgenommen. Hohe EEG-Umlage, störende Windkraft-Anlagen, Elektroautos mit langen Ladezeiten und kurzen Reichweiten. Das Ziel, um das es geht, gerät dabei oft außer Sicht.
Die Umstellung der Energieversorgung ist schließlich die Voraussetzung dafür, dass das Zwei-Grad-Erwärmungslimit des Paris-Vertrags eingehalten wird und der Planet Erde für künftige Generationen lebenswert bleibt.
Doch es gibt auch andere positive Begleiterscheinungen der Energiewende. Eine der wichtigsten: Sie ist gesund.
Das kann man an einer neuen Analyse ablesen, die das finnische Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) für Europa vorgelegt hat. Danach vermeidet der Rückgang bei der Verbrennung fossiler Energieträger im Jahr 2020 in der EU fast 38.000 vorzeitige Todesfälle – ein Großteil davon in Deutschland.
Als Ursachen dafür identifizierten die Experten – neben den Corona-Lockdowns, die Stromverbrauch, Industrieproduktion und Verkehr zurückgehen ließen – auch die Fortschritte bei der Energiewende.
Tatsächlich wurde in der EU mit 38 Prozent erstmals mehr Strom aus Öko-Energien als aus fossilen Quellen (37 Prozent) gewonnen. Der Kohleverbrauch in der Stromerzeugung sank 2020 gegenüber 2019 um 20 Prozent, der Absatz von Benzin und Diesel um rund 13 Prozent.
Die Verbrennung von Kohle und Erdöl sind die Hauptquellen der Belastung mit Stickoxiden, Feinstaub und Ozon in Europa. 2020 reduzierte sich diese je nach Schadstoffgruppe zwischen vier und 14 Prozent.
Doch es geht nicht nur um weniger Todesfälle. Laut den statistischen Berechnungen reduziert sich die Zahl der wegen Krankheit ausgefallenen Arbeitstage EU-weit um zehn Millionen, zudem gibt es 29.000 vermiedene Besuche in Notaufnahmen aufgrund von Asthmaanfällen und 4.700 Frühgeburten weniger. Betrachtet man die Metropolen, sind die Gesundheitseffekte in Paris, Zagreb, Athen, Lissabon und Warschau am größten.
Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.
Die Autoren der Untersuchung weisen übrigens ausdrücklich darauf hin, es gehe ihnen nicht darum, die Nebeneffekte der Pandemie und der Lockdowns zu "feiern". Die Coronakrise habe schließlich viele Todesfälle und unsägliches Leid gebracht. Doch zeige die reduzierte Verbrennung von Kohle und Öl "eindrucksvoll den Nutzen für die öffentliche Gesundheit und die Lebensqualität".
Will sagen: Die Energiewende muss mit Hochdruck vorangetrieben werden.