Grafik: Eine Pflanze, die aus einem Haufen Geldscheine wächst
Grafik: Kristin Rabaschus

Nachhaltigkeit ist das Verkaufsargument Nummer eins in der Fondsbranche. Zumindest Anleger, die mit ihrem Geld das Klima schützen wollen, finden eine riesige Auswahl an Finanzprodukten, die solches versprechen.

Viele dieser Geldanlagen orientieren sich an einem Index wie dem Dow Jones Sustainability Index World Enlarged. Er bündelt vor allem amerikanische Aktiengesellschaften, die jeweils in ihren Branchen am nachhaltigsten arbeiten. Was nicht das Gleiche ist wie "nachhaltig arbeiten".

Besonders konsequente Kriterien verspricht dagegen beispielsweise der Natur-Aktien-Index (NAI). Er umfasst 30 internationale Öko-Vorreiter.

Eindeutige Merkmale bietet auch der Photon Photovoltaik-Aktien Index (PPVX), in dem die 30 börsennotierten Photovoltaikunternehmen mit der weltweit höchsten Marktkapitalisierung geführt werden.

Im Regelfall schneiden solche mehr oder weniger "grünen" Indizes nicht schlechter ab als ihre populären "grauen" Vorreiter, wie der bereits im Jahr 1884 geschaffene Dow-Jones-Index des Wall Street Journal.

Oftmals ist die Wertentwicklung, also der Kurs, bei den Alternativen sogar besser. Das ist allerdings keine Garantie für die Zukunft.

Die Krux im Bereich ESG (Environment, Social, Governance – deutsch: Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) bleibt – neben der fehlenden verbindlichen Definition – jedoch das wirkliche Wirtschaftsleben.

Selbst klimafreundlichste Unternehmen, die in einer Wertpapierauswahl stecken, stoßen Treibhausgase aus. Schließlich müssen sie Rohstoffe für ihre Produktion einsetzen, Güter in Lkw transportieren und das stromfressende Internet nutzen.

Wie bei Flugreisen

"Wie geht das eigentlich: fast von heute auf morgen klimaneutral werden, ohne dass sich am Geschäftsmodell von Unternehmen oder an den Aktivitäten Wesentliches ändert?", fragt Helge Peukert rhetorisch. Peukert lehrt als Professor an der Universität Siegen und ist Autor des Buches "Klimaneutralität jetzt!", in dem er sich auch mit Kompensationsmodellen auseinandersetzt.

Ein solches Kompensationsmodell bietet nun der kleine Fondsanbieter Hanetf aus London europaweit an. Die Firma wurde vor fünf Jahren von den selbsternannten Pionieren der Branche, Hector McNeil und Nik Bienkowski, gegründet, um sogenannte Exchange-Traded Funds (ETF) populärer zu machen. Das ist ihnen und anderen gelungen.

Die kostengünstigen Finanzvehikel sind dabei, den klassischen Aktienfonds zu verdrängen. Und jede kleine Sparkasse bietet ihren Kunden heute solche ETF an. Selbstverständlich sind diese riskanter als ein Sparkonto, bieten im Gegenzug den Anlegern aber höhere Rendite-Chancen.

Hanetf arbeitet mit unterschiedlichen Vermögensverwaltern zusammen und hat sich auf Themen wie Online-Spiele ("Gaming"), Raumfahrt oder Solarenergie kapriziert.

Ein ETF ist ein börsengehandelter Fonds, der meist einen Index "passiv" abbildet, also ohne selbst Aktien zu erwerben. Daher bewegen Exchange-Traded Funds, anders als beispielsweise ein Kredit, nicht wirklich etwas.

Im Juni hat Hanetf nach eigenen Angaben den ersten ETF mit einem sogenannten Emissionsausgleich in Europa aufgelegt. Die Basis für den "Hanetf S&P Global Clean Energy Select Hanzero UCITS ETF" bildet ein Index für saubere Energien, den die New Yorker Ratingagentur Standard & Poor's zusammenstellt.

Standard & Poor's berechnet außerdem den Klima-Fußabdruck, den die Firmen im Index in der wirklichen Welt hinterlassen. Im Falle des Saubere-Energie-ETF von Hanetf sorgt die Investition von einer Million US-Dollar für den Ausstoß von knapp 187 Tonnen Kohlendioxid. Diese will der Fondsanbieter "kompensieren".

Reisende kennen dieses Verfahren von Bahnfahrten oder Flügen: Die Umweltsünde soll durch einen Beitrag für ein gutes Werk ausgeglichen werden.

Fußabdruck ausrechnen lassen und spenden

Hanetf bildet dazu täglich eine Rückstellung aus den Verwaltungsgebühren, die Anleger zahlen. Diese Gelder werden in zertifizierte Klimaschutzprojekte investiert, die gemeinsam mit dem Spezialisten South Pole in Zürich ausgewählt wurden.

Zunächst werden zwei Projekte unterstützt. In Zusammenarbeit mit einheimischen Landbesitzern auf Neuirland, einer Insel in Papua-Neuguinea, soll Regenwald vor der Abholzung geschützt werden. Das andere Projekt auf der indonesischen Insel Sumatra befasst sich mit Problemen im ländlichen Raum wie dem schlechten Zugang zu Elektrizität.

Ob Hanetf einen Trend lostritt, bleibt abzuwarten. Der Brancheninfodienst Fondscheck bejubelt die "Einzigartigkeit dieses Verfahrens". Ihr Produkt haben sich die Londoner jedenfalls als Marke schützen lassen.

Auch große Fondsanbieter wie der umstrittene Marktführer Blackrock bieten mittlerweile Daten zum Klimafußabdruck ihrer Produkte an – allerdings selbst bei ESG-Fonds ohne Kompensation.

Diese wiederum offeriert die Deutsche Bank. Kunden können sich dort den CO2-Ausstoß ihrer Geldanlagen ausrechnen lassen und entsprechend an zwei Umweltschutzorganisationen spenden.

Ob die Finanzakteure "grüne Rhetorik als Feigenblatt für fossile Finanzen" nutzen, wie die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald meint? Oder ob sie das "Engagement für die Umwelt" antreibt, wie es die Deutsche Bank behauptet? Die Antwort mag im Auge des Betrachters liegen.

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