Grafik: Eine Pflanze wächst aus einem Haufen Geldscheine
Grafik: Kristin Rabaschus

Kohlendioxid, Klimawandel und Umweltschutz sind in aller Munde. Und das gilt auch auf den Finanzmärkten. Heute ist Nachhaltigkeit auch dort ein wichtiger, ein lukrativer Trend.

Oft werfen "grüne" Geldanlagen nämlich genauso hohe Renditen ab wie konventionelle, manchmal sogar höhere. Sogenannte Mikrokredite versprechen Kleinanlegern dagegen vor allem einen ideellen Mehrwert.

Doch was wie eine gute Nachricht klingt, kann für die Finanzierung von Projekten in armen Ländern zum Problem werden: Der Markt für mehr oder weniger nachhaltige Geldanlagen wächst rasant, und betroffen davon ist auch die internationale Genossenschaft Oikocredit.

Der Pionier der späteren Mikrokredit-Szene wurde bereits 1975 auf Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen in den Niederlanden gegründet, um mittels "ethischer Geldanlagen" Entwicklung im globalen Süden zu fördern.

Heute investieren weltweit an die 60.000 Menschen und Organisationen bei der früheren "Ecumenical Development Cooperative Society" (EDCS). Etwa die Hälfte von ihnen stammt mittlerweile aus Deutschland. "Ihnen sind nachhaltige, positive Veränderungen wichtiger als eine kurzfristige Rendite", so die Hoffnung.

Oikocredit vergibt Darlehen und Kapitalbeteiligungen an Partnerorganisationen – vor allem in Lateinamerika, Asien und Afrika. Diese Investitionen sollen Entwicklung fördern, Wege aus der Armut ermöglichen und die Umwelt schützen.

Dabei reicht der Horizont der Hilfen über die klassische Landwirtschaft hinaus. So investierte Oikocredit drei Millionen Euro in den mexikanischen Studienkreditanbieter Laudex, der Kindern aus Haushalten mit mittlerem und niedrigem Einkommen ein Studium ermöglichen soll. Ein staatliches Programm wie Bafög ist in Mexiko unbekannt.

Eigenkapital von privaten Anlegern

Investitionsschwerpunkt ist auch sonst das "inklusive Finanzwesen". Oikocredit finanziert Mikrofinanzinstitutionen und Banken, die dann üblicherweise kleine und mittlere Unternehmen fördern. Diese Finanzierungen bieten Menschen, die bei einer herkömmlichen Bank keinen Kredit bekommen, Zugang zu Finanzdienstleistungen, schaffen Arbeitsplätze und kurbeln die lokale Wirtschaft an.

Insgesamt fördert der wenigstens in Deutschland größte private Akteur in der globalen Entwicklungsfinanzierung mit rund einer Milliarde Euro Projekte, die in Dutzenden Ländern etwa 40 Millionen Menschen helfen.

Das allgemeine Niedrigzinsumfeld ist allerdings für Oikocredit eine harte Herausforderung. Kredite machen den Großteil des Geschäftsvolumens aus. Doch während Banken niedrige Kreditzinssätze an ihre Sparer weiterreichen können, finanziert sich Oikocredit hauptsächlich über Eigenkapital. Dieses stammt heute nicht mehr fast ausschließlich von Kirchen, sondern überwiegend von privaten Anlegern.

Auf diese kapitale Zwickmühle reagierte Oikocredit 2018 und senkte die Dividende der Genossenschaftsanteile von zwei auf ein Prozent. Für das vergangene Jahr fällt die Dividende nun ganz aus, beschloss im Juni die Generalversammlung.

Die allgemein niedrigen Zinssätze führen auch zu noch niedrigeren Zinssätzen für Mikrokredite. Dies finden die Genossen zwar grundsätzlich gut, hilft es doch den Partnern, es erschwert aber Oikocredit auch die Finanzierung der regionalen Büros in Ländern des globalen Südens.

Diese Büros wählen die Unternehmen, in die Oikocredit investiert, nach vergleichsweise strengen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien aus. Die entstehenden Kosten sollen aber aus den Zinserträgen gedeckt werden.

Sie können auch direkt an Arme spenden

Mit den seit der Finanzkrise fallenden Zinssätzen stieg gleichzeitig das Angebot: Lokale Banken im globalen Süden, aber auch Global Player wie Schweizer Großbanken drängen in das Geschäft mit Mikrofinanzierungen.

So will beispielsweise die Responsability Investments aus Zürich eine "positive Entwicklungswirkung" erzielen – und zugleich attraktive neue Märkte für Investoren erschließen. Die Aktiengesellschaft verwaltet mittlerweile ein Fondsvermögen von umgerechnet rund drei Milliarden Euro.

Am anderen Ende der Hilfe-Skala wirken Altruisten wie Give Directly. Über die Wohltätigkeitsorganisation aus New York kann Geld direkt an bedürftige Menschen gespendet werden.

Die wachsende kommerzielle und nichtkommerzielle Konkurrenz fordert die in dieser Form einzigartige Organisation zusätzlich heraus. Oikocredit fragt sich daher: "Was ist der Mehrwert, den wir den Menschen bieten?" Günstige Kredite allein sind es offenkundig nicht mehr.

Daher vermittelt die Genossenschaft neben Finanzierungen auch Kenntnisse und trainiert Leute vor Ort. So schult Oikocredit beispielsweise in Südamerika genossenschaftlich organisierte Bauern, damit sie besser mit den Schwankungen der Weltmarktpreise für Kaffee klarkommen. Solchen Mehrwert bieten konventionelle Finanzinstitute oder Spendenorganisationen meistens nicht.

Oikocredit steht allen Interessierten offen. Über sogenannte Förderkreise können Privatpersonen, Vereine, Stiftungen sowie kirchliche und andere Organisationen Geld bei Oikocredit anlegen. Dies ist bereits ab 200 Euro möglich.

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