Die Menschen in Mitteleuropa schauen geschockt auf die Unwetter-Nachrichten aus Griechenland, der Türkei und Bulgarien. Während hier ein stabiles Schönwetter-Hoch mit blauem Himmel und täglich bis zu 13 Sonnenstunden herrscht, werden Teile der dortigen Länder von katastrophalen Niederschlägen heimgesucht.

Vor allem Griechenland ist betroffen. Dort fiel in den Katastrophenregionen teilweise ein Mehrfaches des Regens, der zum Beispiel 2021 in Deutschland die Ahrtal-Katastrophe ausgelöst hatte. Bisher wurden in Griechenland, der Türkei und Bulgarien 14 Tote als Opfer der Überschwemmungen gemeldet.

 

Griechenland erlebt binnen kurzer Zeit die zweite wetterbedingte Katastrophe. Erst im Juli war das Land von einer schweren Waldbrandkatastrophe heimgesucht worden. Zeitweise bedeckte der Rauch der zahlreichen Feuer rund 80 Prozent des Landes.

Diesmal kam der sintflutartige Regen besonders in der Landesmitte rund um die Region Thessalien herunter, aber auch im Osten und Süden der Halbinsel Peloponnes sowie im Norden des Landes nahe der Hafenstadt Thessaloniki.

In der Hafenstadt Volos stand das Wasser zum Teil hüfthoch, Autos wurden wie Spielzeugautos von den Wassermassen einfach weggespült. Der dortige Bürgermeister sprach von einer "biblischen Katastrophe".

Nahezu stationäre Gewitter

Meteorologen weisen auf die besondere Konstellation hin, die uns das schöne Wetter, Teilen von Südeuropa aber gewaltige Niederschläge bringt. Die europäische Großwetterlage ist laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) in dieser Woche von einem sogenannten Omega-Hoch geprägt.

Dieses erhält seinen Namen aus der Form der umgebenden Höhenströmung, die einem großen Omega ähnelt. Flankiert wird das stabile Hoch von zwei kräftigen Tiefdruckgebieten bei Spanien und eben Griechenland. Diese seien "sehr ortsfest, bleiben also lange", erläuterte Felix Dietzsch, Meteorologe beim DWD in Offenbach.

In Spanien hat diese Konstellation am vorigen Wochenende regional bereits für heftige Überflutungen durch Starkregen gesorgt, bei dem innerhalb weniger Stunden bis zu 150 Liter Niederschlag pro Quadratmeter fielen.

Madrid und Toledo traf es nach den Hitzewellen in den vergangenen Monaten besonders schlimm. Wassermassen verwandelten Straßen in reißende Flüsse, Brücken wurden zerstört. Mehrere Menschen kamen um, darunter auch Touristen.

Satellitenaufnahme eines Sturmtiefs, das ganz Griechenland überdeckt.
Sturmtief "Daniel" am Montag über Griechenland. (Bild: NOAA/​Wikimedia Commons)

Ähnliches geschieht aktuell in Griechenland, allerdings sind die Niederschlagsmengen hier noch wesentlich größer.

Ursache dafür sind laut dem DWD mehrere Faktoren, die zusammenspielen: Das Tiefdruckgebiet über dem Mittelmeer bewegt sich zunächst kaum von der Stelle, wobei an seiner Vorderseite dauerhaft warme, sehr feuchte und bis in große Höhen instabile Luft herangeführt wird.

Diese trifft an der Ostküste Griechenlands auf etwa 500 Meter hohe Bergketten, wo sich dann fast stationäre und sich immer wieder regenerierende Gewitter aufbauen. Folge: heftiger Starkregen über lange Zeiträume.

Die insgesamt vorhergesagten Niederschlagssummen – es sollte in der Region bis Donnerstagnachmittag weiter schütten – betrugen zwischen 400 und in der Spitze weit über 1.000 Liter pro Quadratmeter. Örtlich könnte es laut DWD aber auch noch mehr sein.

"Das ist wirklich extrem"

Ein Vergleich mit dem normalen Niederschlag zum Beispiel in Deutschland macht die Dimensionen klar: Der durchschnittliche Jahresniederschlag in Deutschland liegt bei 791 Litern pro Quadratmeter. In den betroffenen Gebieten in Griechenland fiel also in wenigen Tagen mehr Wasser vom Himmel als hierzulande im ganzen Jahr.

Selbst die verheerende Ahrtal-Katastrophe wird in den Schatten gestellt. Dort waren im Juli 2021 binnen kurzer Zeit bis zu 200 Liter pro Quadratmeter gefallen. In Thessalien drohte bis Donnerstagabend fünfmal so viel – oder noch mehr.

Selbst Wetterfachleute zeigen sich geschockt von den Dimensionen. "Diese Regenmengen haben auch in unseren bekannten Statistiken außerordentlichen Seltenheitswert. Das ist wirklich extrem", kommentierte Meteorologe Dietzsch gegenüber der Agentur DPA.

Ein "zufälliges Zusammenspiel mehrerer Faktoren", habe zu diesem Extremwetter in Griechenland geführt, so Dietzsch. Der ZDF-Wetterexperte Özden Terli schrieb von "unfassbaren Regenmengen in Griechenland, wie ich sie noch nie gesehen habe".

Fachleute sind sich einig, dass der Klimawandel hier einen Einfluss hat, auch wenn der Anteil für die aktuellen Ereignisse wie die Sturzfluten in Griechenland noch nicht, wie für die Flutkatastrophen in Mitteleuropa im Sommer 2021, in einer Attributionsstudie berechnet wurde. So nimmt wärmere Luft in der Atmosphäre mehr Feuchtigkeit auf, pro Grad Celsius sind es sieben Prozent mehr Wasserdampf. Das führt zu höheren Regenmengen.

Hinzu kommt, dass die Ozeane weltweit derzeit so warm sind wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen, auch das Mittelmeer. Das führt dazu, dass mehr Wasser verdampft und Tiefdruckgebiete sich dann stärker damit "aufladen".

Aus der Klimaforschung kommen seit Langem Warnungen, dass Extremereignisse wie Dürren und Überschwemmungen im Zuge der Erderwärmung zunehmen.