Rauchwolken über Griechenland: Satellitenaufnahmen lassen nur erahnen, wie es sich unten atmet. (Bild: NASA)

Griechenland und Kanada sind beliebte Urlaubsländer der Deutschen. In das Mittelmeerland, das für Sonne satt, Badefreuden und Gastfreundschaft steht, Ouzo inklusive, fahren pro Jahr über mehr als zwei Millionen.

Bei dem Traumziel in Nordamerika, wo unzählige Naturwunder von magischen Nordlichtern bis zum Grizzlybären und kosmopolitische Großstädte locken, sind es über 400.000.

Doch in diesen beiden Ländern spielen sich in diesem Jahr ökologische Dramen ab, die signalisieren: Auch das Urlaub-Machen wird sich, wie vieles andere in unserem Leben, ändern. Die Klimakrise schlägt nicht nur im Alltag zu, sondern auch in den "schönsten Wochen im Jahr".

Griechenland erlebt, nach den Bränden auf Rhodos im Juli, derzeit ein Feuerinferno historischen Ausmaßes. Einheimische und Touristen wachten des Morgens in einer Art Vorhölle auf, mit verqualmter, diesiger Luft, noch viele Kilometer von den Bränden entfernt spürbar. Zeitweise sollen 80 Prozent des Landes von Rauchwolken bedeckt gewesen sein.

In Kanada ist die Lage ebenfalls dramatisch, auch hier wüten so viele Feuer wie nie, und zwar seit Monaten. Die dadurch auch für Touristen ausgelösten Probleme spielen zwar eine geringere Rolle als in Griechenland. Der Tourismus ist in Kanada mit unter zwei Prozent der Wirtschaftsleistung nicht so bedeutsam wie in dem Mittelmeerland, wo er allein fast ein Drittel bringt. Trotzdem dürfte 2023 auch in Kanada für die Branche einen Einschnitt bedeuten.

Manche, die jetzt in Griechenland oder Kanada urlauben, versuchen, die Krise auszublenden. Sie trotzen dem Qualm und Gestank, gehen, so wird es aus Griechenland berichtet, wie üblich an den Strand, zur Taverne, machen Ausflüge.

Doch ein ungutes Gefühl, hier zu chillen, während viele Einheimische im selben Land um ihre Existenz fürchten, dürfte alle beschleichen. Und die Frage aufkommen lassen, ob man im nächsten Jahr die gleiche Reise und die gleiche Urlaubsregion noch einmal buchen sollte.

Tourismus möglicherweise vor einem Kipppunkt

Was in den beiden Ländern geschieht, wirft ein Schlaglicht auf die Veränderungen, die auf Touristen und Tourismus-Länder zukommen. Die Folgen der Umwelt- und Klimakrise sind ja schon länger spürbar, bisher hat sich aber kaum etwas am Reiseverhalten verändert. Flugscham ist gering ausgeprägt, erst recht nicht nach den Corona-Lockdowns.

Doch möglicherweise steuern wir auf einen Kipppunkt zu. Ein Klimabericht der EU vom Juli prognostiziert zum Beispiel, bei einer globalen Erwärmung von drei bis vier Grad – das entspricht dem gegenwärtigen Trend – werde "Europas Tourismusnachfrage umgekrempelt". Die südlichen EU-Länder verlieren danach in den nächsten Jahrzehnten mindestens zehn Prozent ihrer Sommertouristen, während nördlichere Länder bis hinauf nach Skandinavien um bis zu 15 Prozent zulegen. 

Die neuesten Entwicklungen, siehe Griechenland, lassen aber zweifeln, ob es so ausgeht. Denn das wäre ja halbwegs glimpflich. Zwar sagen Tourismusforscher, auch starke Hitze wirke auf Süd-Urlauber grundsätzlich nicht abschreckend. Motto: Preis schlägt Hitze. Doch Umfragen lassen erkennen, dass die Menschen angesichts immer neuer Rekordtemperaturen und Waldbrandserien, regional unterbrochen von Flutkatastrophen, umzudenken beginnen.

Laut der "European Travel Commission", der Dachorganisation europäischer Tourismus-Organisationen und -Behörden, ist die Zahl der Menschen, die zwischen Juni und November nach Südeuropa reisen möchten, gegenüber dem Vorjahr bereits um zehn Prozent gesunken.

Natürlich wird der Tourismus am Mittelmeer (und in Kanada) in absehbarer Zeit nicht verschwinden. Länder wie Griechenland versuchen, die Urlauberströme stärker in die Frühjahrs- und Herbstmonate zu lenken, und Reiseanbieter regieren auf diesen Trend, in dem sie die Buchungszeiten für Pauschalreisen ausdehnen. Ob das gelingt, wird sich zeigen.

Bettenburgen an skandinavischen Küsten kaum denkbar

Wenn allerdings zutrifft, was die Staatspräsidenten von Griechenland, Italien, Kroatien, Malta, Portugal und Slowenien Anfang August gemeinsam in einer Reaktion zu den historischen Hitzewellen dieses Sommers formulierten, ist fraglich, ob das funktioniert. "Die extremen Naturphänomene zerstören unsere Ökosysteme und bedrohen unser tägliches Leben, unsere Lebensweise."

Wenn sich so viel verändert, wird eine bloße Verlegung der Reisezeiten nicht ausreichen, zumindest nicht auf Dauer. Man denke nur an die Klimaszenarien, die eine Ausbreitung der Wüste von Nordafrika in die Mittelmeerländer hinein prognostizieren.

Auch die Urlauber, gerade die Mittelmeer-Fans aus Deutschland, werden sich umgewöhnen müssen. Dass das so einfach geht, wie die aktuellen Schlagzeilen nahelegen, ist zweifelhaft. "Skandinavien statt Rhodos" wird da empfohlen, "Reykjavik statt Rimini" oder "Ostsee statt Mittelmeer". Schon aus Kapazitätsgründen, und weil auch sonst manches nicht passt.

 

Oder glaubt jemand, dass die Ziele im Norden ihre Küsten mit Bettenburgen à la Spanien und mit Ballermann-Kneipen zubauen wollen, um die vielen Millionen Erholungsuchenden unterzubringen, die die schönsten Wochen des Jahres bisher im Süden verbrachten und verbringen? Was "Overtourism" bedeutet, ist dort ja nicht unbekannt.

Und das heißt: Wahrscheinlich wird für viele "Balkonien" und der Urlaub in deutschen Landen eine Alternative sein müssen. Was übrigens, wie viele, die es probiert haben, wissen, nicht schlecht sein muss. Zumal es die enormen CO2-Mengen von Flugreisen einspart, die gerade dem Süden besonders einheizen.