Menschen gehen durch hüfthohes Wasser, im Hintergrund ein neues hellblaues Wohnhaus. Flutkatastrophe im südwest-nigerianischen Bundesstaat Ogun im Oktober 2019.
Hochwasser nimmt in Nigeria immer häufiger katastrophale Ausmaße an. (Foto: Oluwafemi Dawodu/​Shutterstock)

Afrika hat historisch wenig zum Klimawandel beigetragen. Nur rund drei Prozent der Treibhausgas-Emissionen kamen bisher von dort, obwohl heute 14 Prozent der Weltbevölkerung auf dem Kontinent leben. Die Folgen der Klimakrise allerdings treffen viele afrikanische Länder besonders stark.

Einen aktuellen Beleg dafür liefert eine neue Studie zu den extremen Regenfällen in Westafrika in diesem Jahr, die Millionen Menschen obdachlos machten und zu mehr als 800 Todesfällen führten. Der Klimawandel hat die Wahrscheinlichkeit dieser Wetterlage demnach deutlich erhöht.

Die starken Niederschläge trafen Nigeria, Niger, Tschad und die Nachbarländer vom Juni bis in den Oktober. Sie führten dort zu weiträumigen Überschwemmungen, die zum Beispiel in Nigeria 1,5 Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben, die Ernten auf rund 570.000 Hektar Ackerland vernichteten und 612 Menschen das Leben kosteten.

Stark betroffen waren auch Niger, Tschad, Kamerun und Benin. Ursache war eine Regenzeit, die deutlich feuchter als gewöhnlich war und Perioden mit extremen Regenfällen brachte.

Die Studie wurde von einem internationalen Team der Forschungsgruppe "World Weather Attribution" (WWA) vorgelegt. Um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Regenfälle zu quantifizieren, verglichen die Wissenschaftler:innen das heutige, im globalen Schnitt um 1,2 Grad wärmere Klima und seine Ausprägungen in der Region Westafrika mit dem Klima der vorindustriellen Zeit.

Sie konzentrierten sich dabei auf zwei Regionen: das Tschadsee-Becken mit den Kernländern Niger, Nigeria, Tschad, wo es in der Regenzeit überdurchschnittlich viel regnete, und das untere Nigerbecken in Nigeria, wo es kurze, aber sehr intensive Niederschläge gab.

Die Ergebnisse: Der vom Menschen verursachte Klimawandel erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass die Regenzeit im Tschadseebecken so nass ist wie in diesem Jahr, um das 80-Fache und führte dazu, dass die diesjährige Regenzeit 20 Prozent mehr Niederschläge als üblich brachte.

Die kürzeren Perioden intensiver Regenfälle im unteren Nigerbecken wiederum, die die Überschwemmungen verschlimmerten, sind inzwischen etwa doppelt so wahrscheinlich geworden. Konkret heißt das, der Dauerregen, der zu den Überschwemmungen führte, ist nicht länger ein seltenes Ereignis. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt jetzt bei etwa eins zu zehn pro Jahr.

Klimaforschung ohne Afrikaner:innen

Die an der Studie beteiligte Forscherin Friederike Otto vom Imperial College London sagte: "Die afrikanischen Länder gehören zu den Ländern, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Und wir wissen, dass viele dieser Auswirkungen bereits stattfinden, auch wenn sie keine internationalen Schlagzeilen machen."

Tatsächlich haben die Überschwemmungen in Westafrika international viel weniger Aufmerksamkeit erhalten als etwa die Überflutungen in Pakistan oder aktuell in Australien. Otto forderte, mehr afrikanische Wissenschaftler:innen in die internationale Klimaforschung einzubeziehen. Das sei entscheidend, um die durch den Klimawandel verursachten Schäden zu verstehen und zu bekämpfen.

Der Klimachef des Internationalen Roten Kreuzes, Maarten van Aalst, sagte: "Es ist oft schwieriger, in Regionen wie Westafrika, wo es weniger Daten und weniger wissenschaftliche Aufmerksamkeit gibt als in reicheren Teilen der Welt, klare Klimasignale zu finden. Dennoch hat die Nigeria-Analyse einen sehr deutlichen Fingerabdruck des anthropogenen Klimawandels gefunden."

Die Überschwemmungen führten in der betroffenen Region zu massivem Leid und Schäden, so van Aalst, vor allem auch deswegen, weil die Menschen wenig Schutzmöglichkeiten hätten.

In einer anderen Studie zu der Dürre im letzten Jahr, die Ernteausfälle in den afrikanischen Ländern Mali, Burkina Faso, Niger, Nigeria und Tschad verursachte, konnte das WWA-Team den Einfluss des Klimawandels nicht abschätzen. Der Grund: Es fehlte an zuverlässigen Daten von Wetterstationen.

Die Forscher:innen betonten daher die Notwendigkeit, mehr in solche Geräte zu investieren. Erst das ermögliche es, die Wetterschwankungen genauer zu verstehen, was wiederum eine Voraussetzung sei, um sich besser auf die Auswirkungen der Klimaveränderungen einstellen zu können.

Redaktioneller Hinweis: Klimaforscherin Friederike Otto gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.

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