Ein gläsernes Thermometer steckt im Boden und zeigt 14 Grad Celsius an.
Erwärmt sich der Boden, kann dort eingelagertes CO₂ freigesetzt werden. (Bild: Wolodymyr Muljar/​Shutterstock)

Die Erde ist durch die Klimakrise im globalen Schnitt um rund 1,1 bis 1,2 Grad wärmer geworden, so warm wie seit fast drei Millionen Jahren nicht mehr. Die Landflächen – darunter Städte, Wiesen, Äcker, Wälder, Wüsten und Gletscher – sind dabei einer noch stärkeren Erhitzung ausgesetzt als die Ozeane. Der Anstieg liegt hier doppelt so hoch und teilweise noch darüber, etwa in der Arktis.

Ein internationales Forschungsteam hat nun die dadurch gespeicherte Wärmemenge an Land inklusive der Binnengewässer untersucht und deren Verteilung aufgezeigt. Die Berechnungen zeigen, dass dort 2020 im Vergleich zu 1970 mehr als das 20-Fache gespeichert wurde, wobei der stärkste Anstieg interessanterweise unter der Erde stattfand. 

Menschliche Aktivitäten, vor allem die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas, haben die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung bereits von 280 ppm (Millionstel) auf fast 420 ppm ansteigen lassen. Das bremst die Abgabe von Wärme ins All, und die Erde nimmt stetig mehr Sonnenstrahlung auf, als sie durch Wärmestrahlung wieder abgeben kann.

Die zusätzliche Energie wurde bisher vor allem in den Ozeanen mit ihrem großen Wasservolumen gespeichert, nämlich zu 89 Prozent, was den Meeresspiegel wegen der thermischen Ausdehnung des Wassers ansteigen lässt. Die Landmassen der Kontinente nahmen fünf bis sechs Prozent auf, das Eis und die Gletscher vier Prozent sowie die Atmosphäre ein bis zwei Prozent.

Bislang war allerdings unklar, wie die zusätzliche Wärmemenge sich in den Landmassen genau verteilt. Das hat ein Forschungsteam unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) nun für die Zeit zwischen 1960 und 2020 analysiert.

Erwärmung des Bodens könnte Ernten gefährden

Das Ergebnis: Insgesamt wurden dort 23,8 Trilliarden Joule aufgenommen, was zum Beispiel dem 30-fachen Stromverbrauch Deutschlands in der gleichen Zeit entspricht. Die meiste Wärme, etwa 90 Prozent, wird dabei bis zu 300 Meter tief in der Erde gespeichert. Neun Prozent der Energie bewirken das Auftauen von Permafrostböden in der Arktis, und 0,7 Prozent werden in Binnengewässern gespeichert, vor allem in Seen und Flüssen.

 

Dabei nahm die gespeicherte Wärmemenge seit den 1960er Jahren kontinuierlich zu. In dem halben Jahrhundert zwischen der Dekade 1960 bis 1970 und der Dekade 2010 bis 2020 stieg sie um fast das 20-Fache.

Das Forschungsteam zog für die Wärmemengen-Berechnung mehr als 1.000 vorhandene Temperaturprofile weltweit für die Tiefen bis zu 300 Metern heran. Für die Wärmespeicherung in Permafrostböden und in den Binnengewässern nutzten sie verschiedene wissenschaftliche Modelle.

"Die Verwendung von Modellen ermöglichte es, den Mangel an Beobachtungen in vielen Seen und in der Arktis auszugleichen und die Unsicherheiten aufgrund der begrenzten Anzahl von Beobachtungen besser einzuschätzen", erläuterte Hauptautor Francisco José Cuesta-Valero vom UFZ in Leipzig.

Erschienen ist die Studie im Fachjournal Earth System Dynamics. Beteiligt waren auch Forscherinnen und Forscher vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, von der Freien Universität Brüssel und anderen Forschungseinrichtungen.

Co-Autor Jian Peng vom UFZ betonte, es sei wichtig, die von den kontinentalen Landmassen aufgenommene zusätzliche Wärmemenge genauer zu bestimmen und zu überwachen. "Denn dies ist ein wichtiger Indikator, um zu verstehen, wie sich aufgrund der Wärmespeicherung die Veränderungen der natürlichen Prozesse künftig auf die Natur und den Menschen auswirken werden." Peng leitet die UFZ-Abteilung Fernerkundung und ist Professor an der Uni Leipzig.

Die Forschenden erläutern: Nimmt die gespeicherte Wärmeenergie im Boden zu, erwärmt sich die Erdoberfläche, was etwa die Stabilität des im Boden eingelagerten Kohlenstoffs bedroht. Auf landwirtschaftlichen Flächen könnte das die Ernten und damit die Ernährungssicherheit gefährden.

"Eine echte Überraschung und sehr beunruhigend"

Ein Beispiel für dramatische Bodenveränderungen ist der Permafrost in der Arktis. Dort sind zwar nur neun Prozent der in den Kontinenten zusätzlich aufgenommenen Wärmemenge gespeichert, der Anstieg in den letzten Jahren bewirkt aber sein Auftauen und so die Freisetzung von Treibhausgasen wie CO2 und Methan – was den Treibhauseffekt zusätzlich anheizt.

In Binnengewässern wiederum kann die Erwärmung laut UFZ die Wasserqualität verschlechtern und den Kohlenstoff-Kreislauf verändern. Es kommt dann vermehrt zu Algenblüten, das senkt die Sauerstoffkonzentration und die sogenannte Primärproduktivität, was sich auf den lokalen Fischfang auswirken kann.

 

Sorgen macht Fachleuten unterdessen, dass die Ozeane zuletzt Temperaturrekorde brachen – und das könnte darauf hindeuten, dass sie ihre Pufferfähigkeit für das Weltklima und damit auch für die Land-Ökosysteme zunehmend verlieren.

Eigentlich sollten sich die Meere derzeit im Durchschnitt abkühlen, da sich der Großteil des Wassers der Erde auf der Südhalbkugel befindet, wo es Herbst ist. Tatsächlich zeigten Satelliten- und Bojen-Messungen aber im Mittel die höchsten Temperaturen seit Beginn dieser Messungen im Jahr 1981.

Dass sich die Meere so stark erwärmen, sei "eine echte Überraschung und sehr beunruhigend", sagte der britische Ozeanforscher Michael Meredith. Es könnte also sein, dass die Kapazitäten des Meerwassers, den globalen Temperaturanstieg weitgehend zu kompensieren, begrenzt sind. Noch ist es Meredith zufolge aber zu früh, um eine solche Entwicklung zu prognostizieren.

Was auch für die Verhältnisse an Land dabei auf dem Spiel steht, wenn die Wärmeaufnahme sinkt, macht eine Abschätzung des Meeresbiologen Gerhard Herndl von der Universität Wien deutlich: "Ohne diese Aufnahme wäre es an Land etwa 35 Grad Celsius wärmer, als es gegenwärtig ist."