Land wird für die Herstellung von Nahrungsmitteln, als Lebensraum für Arten und für den Kampf gegen die Klimaüberhitzung gebraucht. Lösungen existieren, um Probleme bei dieser Nutzungskonkurrenz zu vermeiden. Diese müssen aber in großem Stil zum Einsatz kommen.
Wie die Menschheit die Landfläche des Planeten nutzt, ist entscheidend bei der Begrenzung der Klimaerwärmung und der Anpassung an deren Folgen. Dies ist das Ergebnis eines Berichts des Weltklimarats IPCC zu Klima und Land, der am Mittwoch von den IPCC-Mitgliedsländern verabschiedet wurde.
Der Sonderbericht beschreibt eindrücklich die Dimension des menschlichen "Fußabdrucks" auf unserem Planeten: 70 Prozent der eisfreien Landfläche sind Einwirkungen des Menschen ausgesetzt. Dieser braucht für sich und seine Nutztiere zwischen einem Viertel und einem Drittel der pflanzlichen Biomasse, die jedes Jahr auf der Erde nachwächst. Davon werden dann 25 bis 30 Prozent verschwendet oder gehen verloren.
Der Rest landet auf Tellern, ist aber sehr ungleich verteilt: Zwei Milliarden Menschen sind übergewichtig und 820 Millionen leiden unter Hunger. Nachhaltig ist diese Wirtschaftsweise nicht: Ein Drittel der genutzten Böden ist bereits geschädigt oder einfach weg. Wenn Felder umgepflügt werden, geht 100-mal mehr Mutterboden verloren, als jährlich neu gebildet wird.
Die Bodennutzung hat auch entscheidende Wechselwirkungen mit der Klimakrise. Knapp ein Viertel der Treibhausgasemissionen geht auf die Land- und Forstwirtschaft respektive die Entwaldung zurück.
Noch ist die Bilanz des Sektors allerdings annähernd ausgeglichen. Beim Pflanzenwachstum wird in etwa die gleiche Menge an CO2 gebunden. Doch womöglich nicht mehr lange: "Die Beständigkeit dieser Senke ist unsicher wegen der Klimaerwärmung", schreiben die IPCC-Autoren.
Wie viel Platz braucht der Klimaschutz?
Erschwerend kommt hinzu, dass eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad einen enormen Landbedarf mit sich bringt. Schon im Jahr 2050 sollen bis zu sieben Millionen Quadratkilometer für den Anbau von Energiepflanzen bereitgestellt werden. Das entspricht der anderthalbfachen Fläche der EU.
Die Energiepflanzen sollen dann zu Bioenergie etwa in Form von Biogas weiterverarbeitet werden. Wenn das Gas in einem Kraftwerk verbrannt wird, soll anschließend das CO2 abgeschieden und im Boden verpresst werden. Diese Technik nennt sich CCS (von englisch Carbon Capture and Storage). Kombiniert mit Bioenergie ergibt sich daraus BECCS, eine der am häufigsten diskutierten Methoden, um der Atmosphäre CO2 zu entziehen.
Wie viel Land dafür zur Verfügung steht, hängt allerdings entscheidend vom "sozio-ökonomischen Entwicklungspfad" ab, den die Menschheit einschlägt. Wenn die Weltbevölkerung von heute 7,5 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2100 auf sieben Milliarden fällt und diese einen ressourcenschonenden Lebensstil pflegen, steht mehr Land für Bioenergiepflanzen zur Verfügung, als wenn die Bevölkerung weiter wächst.
Wälder und Feuchtgebiete erhalten
Dabei wäre im zweiten Fall Klimaschutz eigentlich noch dringlicher. Denn dann besteht schon bei einer Erwärmung um 1,3 bis 1,7 Grad ein "hohes Risiko" für die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Bei weniger Menschen und einem pfleglichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen liegt diese Schwelle hingegen deutlich höher: bei 2,5 bis 3,5 Grad.
BECCS ist zum Glück nicht die einzige Methode, wie mittels Landnutzung Klimaschutz betrieben werden kann. Am naheliegendsten ist, die Abholzung von Wäldern und die Trockenlegung von Feuchtgebieten zu beenden beziehungsweise diese wiederherzustellen.
Aber auch in bewirtschafteten Böden lässt sich deutlich mehr Kohlenstoff binden. Allein durch das Pflanzen von Bodenbedeckern auf saisonal brachliegenden Feldern ließen sich knapp eine halbe Milliarde Tonnen CO2 zusätzlich im Boden speichern.
Ähnliche Resultate lassen sich durch die Ausbringung von Biokohle auf bestimmten Bodentypen erreichen. Bei diesen und anderen Methoden wird dabei zusätzlich eine Verbesserung der Bodenqualität erzielt. Diese Maßnahmen sind allerdings mit Kosten verbunden. Der IPCC schätzt, dass pro Hektar durchschnittlich 500 US-Dollar investiert werden müssen, um den Boden nachhaltig zu nutzen.
"Es gibt nicht die eine Patentlösung"
Wichtig ist zudem eine Reduzierung der Nachfrage nach Lebensmitteln. Hier bieten sich vor allem eine Reduktion der enormen Verluste wegen schlechter Logistiksysteme in armen Ländern und der Verschwendung von Nahrungsmitteln in reichen Ländern an. Außerdem kann die Umstellung auf eine weniger fleischintensive Ernährung den Bedarf an Futtermitteln reduzieren.
Das hätte zudem einen positiven Einfluss auf die allgemeine Gesundheit. Entscheidend ist letztlich eine Kombination all dieser Maßnahmen. "Es gibt nicht die eine Patentlösung", sagt Debra Roberts, eine der Hauptautorinnen der Studie.
Dafür gibt es viele Lösungen für die einzelnen Elemente der Landnutzung, betont derweil ihre Kollegin Valérie Masson-Delmotte: "Wir brauchen keine disruptiven Innovationen. Die Praktiken und Techniken existieren. Die Herausforderung ist, sie in großem Stil anzuwenden."
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