Ein tiefdunkles, manchmal ins Türkis gehendes Blau erstreckt sich über 70 Prozent unseres Planeten. Eine neue Studie legt nun nahe, dass sich die Weltmeere mit dem Fortschreiten des Klimawandels verfärben könnten. Demnach ist der Prozess bereits in vollem Gange.

Über die letzten zwei Dekaden weisen 56 Prozent der Ozeane eine messbare Verfärbung auf. Das zeigt die Analyse von Satellitendaten. Der allgemeine Trend zeigt eine "Vergrünung" der Meere.

Zumindest gebe es dafür in der gegenwärtigen Auswertung der Satellitenbilder am meisten Belege, sagt Meeresforscherin und Co-Autorin Stephanie Dutkiewicz vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). "In Wirklichkeit gibt es wahrscheinlich Orte, die grüner werden, und einige, die blauer werden", erklärt sie gegenüber Klimareporter°. "Ich sage deshalb lieber, dass die Ozeane ihre Farbe ändern, nicht, dass sie grüner werden."

Die Veränderung ist besonders deutlich in niederen Breiten, also äquatornah. Die Ursachen werden Gegenstand zukünftiger Forschung sein. In jedem Fall weisen diese Farbtrends aber auf eine Veränderung der Plankton-Ökosysteme hin.

Phytoplankton ist die Basis allen Lebens in den Ozeanen. Jede Änderung ihrer Populationsgröße und -zusammensetzung hat Auswirkungen auf das gesamte marine Ökosystem. Das liegt nicht allein an einer Zunahme der Wassertemperatur.

"Temperaturschwankungen verändern definitiv das Phytoplankton im Meer, was wiederum die Farbe des Ozeans verändert", erläutert Dutkiewicz. "Aber es verändert sich in den Ozeanen viel mehr als nur die Temperatur."

Durch die Aufnahme von CO2 versauern die Ozeane auch und die Wasserschichtung wird stabiler. Letzteres hat zur Folge, dass weniger Nährstoffe aus dem Tiefenwasser an die Oberfläche gelangen. Vor den Küsten gibt es hingegen oft ein Überangebot an Nährstoffen, weil Dünger durch Flüsse in die Meere transportiert wird.

Phytoplankton spielt wichtige Rolle im Klimageschehen

Die im Fachjournal Nature veröffentlichte Studie ist die erste, die einen Verfärbungstrend nachweisen kann. Vergangene Untersuchungen konzentrierten sich ausschließlich auf Änderungen im Grün des Ozeans, da dies auf Änderungen beim Chlorophyll und somit beim Phytoplankton hinweisen kann.

Das britisch-amerikanische Forschungsteam hat hingegen alle Farbbereiche nach Veränderungen durchforstet und damit wesentlich mehr Informationen ausgewertet. Dazu nutzte es Satellitenbilder des Modis-Aqua-Satelliten der Nasa aus den zurückliegenden 20 Jahren.

Die große Datenfülle ist allerdings auch schwieriger zu interpretieren. Es ist am wahrscheinlichsten, dass eine Änderung der Plankton-Ökosysteme für einen Großteil der Verfärbung verantwortlich ist. Allerdings könnten auch Mikroplastik oder farbige Stoffe, die sich im Meerwasser gelöst haben, Teil der Erklärung sein.

Was die Farbänderung ausgelöst hat und auf welche Prozesse unter der Meeresoberfläche das hinweist, muss die weitere Forschung zeigen. "Höchstwahrscheinlich hängen die gemessenen Trends mit mehreren Faktoren zusammen, die sich gleichzeitig verändern", sagte der Meereswissenschaftler Michael Behrenfeld von der Oregon State University, der an der Studie nicht beteiligt war.

Die Nasa plant eine weitere Satellitenmission ab 2024, um die Farbveränderungen der Ozeane exakter nachvollziehen und erforschen zu können.

Besonders relevant wird in Zukunft die Frage sein, was der Wandel in den marinen Ökosystemen für die CO2-Aufnahmefähigkeit der Meere bedeutet. Bisher nehmen die Meere einen Großteil des menschengemachten CO2 auf.

Phytoplankton absorbiert durch Fotosynthese das CO2, dieses wandert dann durch die Nahrungskette und ein Teil davon sinkt als organisches Material zum Meeresboden und wird so dem Kohlenstoffkreislauf entzogen.

Dutkiewicz: "Es ist durchaus möglich, dass Plankton-Ökosysteme, die nicht mehr im Gleichgewicht sind, weniger CO2 aufnehmen können". Das würde den Klimawandel weiter befeuern.