Graue Erdgasleitung mit der Aufschrift
Für Linken-Fraktionschef Bartsch sind ungenutzte Erdgaspipelines "Umweltsünden". (Foto: Oksana Wojewtschik/​Shutterstock)

Diese Woche gab es wieder einer dieser Tage, an denen es besonders ärgerlich ist, dass PDS und WASG sich bei ihrem Zusammenschluss vor 13 Jahren Die Linke genannt haben. Das klingt schließlich, als seien sie die gesellschaftliche Linke und nicht nur eine Partei.

Dietmar Bartsch, Co-Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, hat einen Gastbeitrag im Nordkurier veröffentlicht, in dem er zur neuen Pipeline Nord Stream 2 Stellung nimmt, die künftig Erdgas von Russland nach Deutschland transportieren soll. Deren zahlreichen Kritiker:innen wirft er Unredlichkeit und Unglaubwürdigkeit vor.

Besonders meint er damit die Grünen, die es ablehnen, noch eine Transportröhre für klimaschädliches Erdgas zu bauen. Das ist natürlich schon mehr oder weniger geschehen – es fehlt nur noch ein kleiner Abschnitt. "Wollen diejenigen, die das Projekt jetzt stoppen wollen, Tausende Kilometer Rohr ungenutzt als Umweltsünde am Grund der Ostsee verrotten lassen?", fragt Bartsch. Er findet das "absurd".

Genau das Wort, das sich in Bezug auf Bartschs Argumentation aufdrängt. Dem Ökosystem Ostsee dürfte es herzlich egal sein, ob die Metallrohre mit Beton-Mantel nun genutzt werden oder nicht. Sie sind dort auch dann Fremdkörper, wenn sie Gas transportieren. Die Pipeline durchläuft übrigens mehrere Naturschutzgebiete.

Argumentiert man wie Bartsch, kann man auch verlangen, dass man im Sinne des Umweltschutzes keine Autos abschaffen sollte. Sonst versiegeln vielleicht Tausende Kilometer Asphalt völlig nutzlos Flächen, auf denen früher Wälder und Wiesen florierten. Wenn schon Umweltzerstörung, dann bitte richtig!

Nicht nur ein Image-Problem

Noch-Parteichefin Katja Kipping, die selbst aus der Umweltbewegung kommt, hat in einem Interview mit dem Tagesspiegel mal beklagt, dass die Linkspartei zu Unrecht ein schlechtes Image beim Klimaschutz habe. Das mag auf einige versierte Genoss:innen zutreffen. Dietmar Bartsch, der ja nun keine unwichtige Stimme in der Partei ist, offenbart hier aber eher ein Problem bei Kompetenz und Willen als eines beim Image.

Susanne Schwarz ist Redakteurin bei Klimareporter°. In ihrer Kolumne "Schwarze Zeiten" schreibt sie über große und kleine klimabezogene Krisenmomente. Es herrscht meist kein Themenmangel.

Er argumentiert mit Arbeitsplätzen und mit der Energieversorgung für Deutschland. Von Luft und Liebe könne niemand leben und die Erneuerbaren würden nicht ausreichen, um jetzt schon die Nation mit Strom und Wärme zu versorgen.

Das ist fadenscheinig. Schließlich hat niemand das Gegenteil behauptet. Wir brauchen aktuell Erdgas, natürlich – aber das heißt noch lange nicht, dass wir auch eine neue Pipeline brauchen, die die Nutzung des klimaschädlichen Energieträgers für länger als nötig zementieren könnte.

Dass Nord Stream 2 für die Versorgungssicherheit wichtig ist, bestätigen Studien eher nicht. Und die Erzählung von Erdgas als toller Brückentechnologie in die erneuerbare Welt ist ohnehin falsch. In vielen Fällen ist Erdgas über die gesamte Kette von Förderung bis Verbrennung nicht klimafreundlicher als Kohle.

Dass bei den Grünen der konservative Flügel weiter an Bedeutung gewinnt, könnte eigentlich eine Chance für die Linkspartei sein, sich mit linker Klimapolitik zu profilieren. Dietmar Bartsch hat offenbar andere Pläne. Progressiven linken Wähler:innen, die nicht bereit sind, Klimaschutz und globale Gerechtigkeit für Einzelinteressen in Deutschland zu opfern, macht er mit seinen populistischen Plattitüden kein gutes Angebot.

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