Jens Mühlhaus. (Foto: Dominik Parzinger)

Immer wieder sonntags: Unsere Herausgeber erzählen im Wechsel, was in der vergangenen Woche wichtig für sie war. Heute: Jens Mühlhaus, Vorstand beim unabhängigen Ökostrom-Anbieter Green City AG.

Klimareporter°: Herr Mühlhaus, das Bundeskabinett hat nach langem Hin und Her endlich die Kohlekommission beschlossen. Eine Kritik lautet, dass eine wichtige klimapolitische Entscheidung in ein nicht demokratisch gewähltes Gremium ausgelagert wird. Wäre es besser, die Regierung entscheidet selbst?

Jens Mühlhaus: Das Debakel um die Kohlekommission zeigt ganz deutlich: Klimaschutz ist in Deutschland keine Chefsache mehr. Angela Merkel hat sich aus der Diskussion gezogen. Ein deutliches Signal der einstigen Klimakanzlerin.

Offensichtlich ist unsere aktuelle Regierung nicht in der Lage, hier zu einer raschen Entscheidung zu kommen, weswegen der Prozess einfach verlagert wird. So kann man die unangenehme, aber dringend überfällige Entscheidung, wann die Kohlekraftwerke endlich weichen müssen, noch einmal von einer Experten-Kommission mit jeglichem Für und Wider diskutieren lassen.

Aber dies auch nicht mit aller Konsequenz: Denn ganz unbeteiligt möchte die Groko am Entscheidungsprozess auch nicht sein und besetzt die Hälfte des Gremiums mit Regierungsmitgliedern – von der Opposition keine Spur. Ist es also am Ende nicht doch wieder eine Regierungsentscheidung, wann die Kohlekraftwerke aufhören, das Stromnetz zu verstopfen?

Eins ist sicher: Sollte sich der Entscheidungsprozess genauso lange hinziehen wie der Findungsprozess dieser Kommission, stehen dem Klimaschutz hierzulande noch ein paar schwere Stunden bevor.

Laut einer Studie gefährdet die Elektromobilität 75.000 Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie. Wie kann man das verhindern?

Dass die Transformation des Mobilitätssektors eine Mammutaufgabe ist, stellt niemand in Frage – gerade für ein Land wie Deutschland, wo rund 840.000 Beschäftigte in der Automobilindustrie arbeiten. Was aber bei solchen Zahlen und der damit verbundenen Panikmache gerne vergessen wird: Die Umstellung von Benzin auf Strom ist nur ein Teil eines übergeordneten Prozesses.

Es geht um die Neuorganisation unserer Mobilitätskultur. Das Nutzungsverhalten und die Eigentumsverhältnisse für Fahrzeuge jeglicher Art ändern sich gerade grundlegend. Der Individualverkehr rückt immer mehr in den Hintergrund. Autonome, elektrisch angetriebene Fahrzeuge werden getestet. Kommunen suchen nach integrierten Mobilitätskonzepten von morgen. Geschäftsmodelle, mit denen vor zehn Jahren noch niemand gerechnet hätte, sprießen aus dem Boden.

Die Diskussion um Arbeitsplätze ist richtig und vor allem für die betroffenen Regionen auch wichtig. Aber wer über gefährdete Arbeitsplätze in der Automobilindustrie spricht, muss im gleichen Atemzug auch die enormen Potenziale für neue Unternehmungen nennen, die sich am Markt auftun. Allein bei uns im Unternehmen haben sich in den letzten Jahren Abteilungen für Mobilitätskonzepte, Verkehrsentwicklungspläne, aber auch für Sharing und Co entwickelt.

Und was war Ihre Überraschung der Woche?

Eine große Überraschung in der vergangenen Woche war sicherlich das Resümee unserer Ausschreibung für Energiespeicher. Erstmals planen wir im Rahmen unseres Kapitalprodukts "Kraftwerkspark III" eine Investition in Stromspeicher. Bis zu zwei Millionen Euro sollen in die energiewirtschaftlich sinnvollste Technologie fließen.

Dafür haben wir Mitte März eine eigene, technologieoffene Ausschreibung gestartet, die jetzt endete. Die Vielzahl und Diversität an Herstellern, die bereits in der Speicherbranche aktiv sind und sich an unserer Ausschreibung beteiligt haben, war enorm.

Das letzte Argument gegen die stark fluktuierenden Erneuerbaren wird mit diesen Technologien entkräftet. Wir müssen ihnen jetzt nur noch zum Einsatz verhelfen und dafür sorgen, dass auch der letzte fehlende Schalter zum Gelingen der Energiewende umgelegt wird.

Fragen: Friederike Meier

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