Klaus Töpfer (l.) im Gespräch mit Hermann Scheer bei der Verleihung des Journalistenpreises "Unendlich viel Energie" im Jahr 2009. (Bild: Hermann-Scheer-Stiftung)

Mehr als 40 Jahre lang war Klaus Töpfer nicht nur das grüne Gewissen der CDU, sondern ganz Deutschlands. Kaum ein anderer Politiker hatte parteiübergreifend ein Ansehen und eine Fachkompetenz wie der ehemalige deutsche Umweltminister.

Und kaum ein anderer Politiker hat sein Ministerium nachhaltig so geprägt wie er – und das in einer Zeit, in der Umwelt und Klimawandel noch Nischenthemen waren. Bundeskanzler Scholz sagt zu Recht: "Klaus Töpfer hat Klimaschutz zu einem wichtigen Anliegen gemacht – weltweit und in Deutschland."

Wir waren über den Umweltschutz 45 Jahre Freunde. Als ich 1986 nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl aus der CDU austreten wollte, sagte Klaus Töpfer: "Franz, bleib in der Partei – wir machen aus der CDU eine Anti-Atom-Partei."

1995 ermunterte er mich, zusammen mit allen deutschen Umweltverbänden die Aktion "Globaler ökologischer Marshallplan" zu starten. Unsere Hauptforderungen waren: eine solare Energiewende, eine ökologische Verkehrswende, eine nachhaltige Wasserwende, eine grüne Waldwende und eine ökologische Agrarwende.

Töpfer war der Antreiber dieser Aktion. Es war sein Verdienst, dass aus Anlass der ersten Klimakonferenz 1995 in Berlin schon damals 750.000 Menschen diese Forderungen unterschrieben haben.

Der engagierte Christ Klaus Töpfer war zusammen mit dem Solarpolitiker Hermann Scheer beinahe Dauergast in meinem ersten Umweltmagazin Zeitsprung, das ich in der ARD moderierte. Häufig zum Missvergnügen von Kanzler Helmut Kohl forderte Minister Töpfer schon damals, was später erst die Grünen gefordert haben. Er war ein Öko-Pionier.

Seiner Zeit weit voraus

Auch deshalb drängte Kohl seinen unbequemen Parteifreund, in Nairobi die Präsidentschaft der Umweltorganisation der Vereinten Nationen, des UN‑Umweltprogramms Unep, zu übernehmen. Aber auch von Nairobi aus mischte sich Klaus Töpfer immer wieder in die deutsche Umweltpolitik ein. Angela Merkel wurde in Deutschland Töpfers Nachfolgerin im Bundesumweltministerium.

Ein halbes Menschenleben lang hat mich Klaus Töpfer ermuntert, für die solare Weltrevolution weltweit zu kämpfen. Er schrieb mir dazu schon vor Jahrzehnten:

"Die Menschheit steht, wissenschaftlich nachgewiesen, vor einem äußerst kritischen Entscheidungspunkt. Wird nicht jetzt gehandelt, so werden die Klimaveränderungen diese zwei Grad überschreiten, die als äußerste Klimaerhöhung wissenschaftlich nachgewiesen sind. Alles, was darüber hinaus geht, wird dem Menschen nicht mehr eine Anpassung erlauben. Besonders die Ärmsten der Armen, die für die Verursachung des Klimawandels nichts beigetragen haben, werden die Opfer sein."

Foto: Axel Thomae/​Sonnenseite

Franz Alt

ist Journalist und Buchautor. Er leitete 20 Jahre das politische Magazin "Report" beim Südwest­rundfunk, danach bis 2003 die Zukunfts­redaktion des SWR. Als einer der ersten deutsch­sprachigen Journalisten informierte er über Klima­wandel und Energie­wende.

Viele Jahre später erst, 2015, hat die ganze Welt in Paris dies anerkannt und als Paris-Ziel formuliert. Der Umweltpolitiker Töpfer war seiner Zeit weit voraus. Sein Vermächtnis: "Es reicht nicht, Visionen zu haben. Man muss sie auch umsetzen."

Klaus Töpfer war als Mensch bei aller festen Überzeugung immer tolerant und als Politiker kompromissbereit. Er lehrte als Professor an mehreren Universitäten. Das machte ihn unabhängig.

Nach Tschernobyl forderte er – in der CDU damals vergeblich – eine Energieversorgung ohne Kernenergie und mittelfristig einen Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft.

Er organisierte als Bauminister den Umzug von Bonn nach Berlin und sorgte dafür, dass außer dem Kanzleramt alle Regierungsgebäude nicht neu gebaut werden mussten, sondern renoviert wurden. Er machte Berlin zur ersten solaren Hauptstadt der Welt, alle Ministerien erhielten Solaranlagen.

Klaus Töpfer war ein unabhängiger Politiker, wie es sie heute kaum noch gibt. Ein Vorbild auch für Journalisten. Danke, lieber Freund!

 

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