Ein Elektroauto zu fahren ist angenehm, doch "Tanken" macht Probleme. Das Laden der Batterie dauert deutlich länger als das Befüllen eines Benziners oder Diesel mit Sprit. Nötig ist eine neue Infrastruktur, um den Strom ins Auto zu bringen. Zudem drohen gewaltige Lastspitzen im Elektrizitätsnetz, zum Beispiel, wenn dereinst Millionen E-Pkw aus mehreren Bundesländern am gleichen Samstag mit randvollem Akku in den Sommerurlaub starten wollen.
Doch offenbar kann man diese Probleme in den Griff bekommen, wenn die Elektroautos "intelligent" aufgeladen werden. Dann werden die nötigen Investitionen in Ausbau und Unterhaltung der Stromnetze laut einer aktuellen Studie nicht teurer als bisher.
Klar ist: Die Strom-Verteilnetze in den Städten und Gemeinden müssen ausgebaut werden, wenn die Autoflotte nach und nach auf E-Mobilität umgestellt wird. Mitte des Jahres gab es in Deutschland erst rund 114.000 reine Batterie-Pkw. Um das Klimaziel für 2030 im Verkehrssektor zu erreichen, sollen allerdings laut Bundesverkehrsministerium zehn Millionen E-Autos auf die Straße gebracht werden.
Insgesamt gibt es in Deutschland derzeit rund 45 Millionen Autos. Voraussetzung für einen bezahlbaren Ausbau der Verteilnetze ist laut der neuen Untersuchung, dass Lastspitzen beim Laden der Fahrzeuge abgemildert werden. Damit lasse sich eine teure Überdimensionierung von Kabeln und Transformatoren vermeiden.
Die Studie im Auftrag der Thinktanks Agora Verkehrswende und Agora Energiewende zeigt, dass der Aufwand, um die Netze in den nächsten Jahrzehnten fit für die massenhafte Einführung der E-Autos zu machen, relativ gering gehalten werden kann.
Eine intelligente Regulierung vorausgesetzt, werde es bis 2050 jährlich 1,5 Milliarden Euro kosten, Kabel und Trafos so zu verstärken, dass sie den Strom für dann 30 Millionen Elektroautos transportieren können, heißt es in dem Papier. "Diese Kosten lassen sich durch die zusätzliche Stromnachfrage der Fahrzeuge decken und führen nicht zu steigenden Strompreisen."
Bezahlbarer Netzausbau nur mit gesteuertem Laden
Bei einer "Vollelektrifizierung" der Autoflotte auf heutigem Niveau – also mit 45 Millionen E-Autos anno 2050 – lägen die Ausbaukosten bei bis zu 2,1 Milliarden Euro pro Jahr. Aber auch dann muss den Agoras zufolge zukünftig nicht mehr in Stromverteilnetze investiert werden als in der Vergangenheit.
Das "gesteuerte Laden" kann laut der Studie so erfolgen, dass die Fahrzeugnutzer es so gut wie nicht spüren. Das Modell ist: Die Betreiber der Verteilnetze geben Prognosen über die voraussichtliche Belastung ihrer Netze an die Stromlieferanten, die die Stromabgabe an den Ladestationen dann so steuern, dass es nicht zu Netzüberlastungen kommt.
Im Gegenzug können die Nutzer der E-Autos zu lastarmen Zeiten einen Rabatt auf ihren Autostrom erhalten. Sollten sie dennoch während Netzspitzen mit hoher Leistung laden wollen, müssen sie einen Aufschlag zahlen.
Die Studienautoren verweisen darauf, dass an einem solchen Management kein Weg vorbeiführe. Ohne gesteuertes Laden sei ein Netzausbau für eine große Zahl von Elektroautos nicht finanzierbar, argumentieren sie, da die Stromnetze dann auf die maximale Stromnachfrage hin ausgebaut werden müssten, die nur an wenigen Stunden im Jahr auftritt.
"Eine gute Regulierung vorausgesetzt, zahlen in Zukunft die Besitzer der Elektroautos den Ausbau der Stromnetze und nicht die Gesamtheit aller Stromverbraucher", kommentierte der Direktor von Agora Verkehrswende, Christian Hochfeld. Er fordert die Politik die Strombranche auf, dafür rasch die nötigen Schritte einzuleiten.
Dabei geht es besonders um Standards für die Steuerung der Ladestationen, um die dafür nötige Software und um Tools, mit denen sich die Belastung der Stromnetze genau prognostizieren lässt.