Der Anteil an E‑Autos wächst nicht schnell genug. (Bild: Canetti/​Shutterstock)

Die meisten Autos auf Europas Straßen stoßen heute noch genauso viel CO2 aus, wie vor zwölf Jahren. Das zeigt ein am Mittwoch veröffentlichter Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes.

Und das, obwohl in der EU klare Ziele für den Straßenverkehr gelten. Laut der 2009 erlassenen Verordnung über CO2-Emissionsnormen für neue Pkw gelten feste Flottengrenzwerte. Das sind Emissionswerte, die vom Durchschnitt aller neu zugelassenen Pkws nicht überschritten werden dürfen.

Seit 2020 liegt der Grenzwert bei 95 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer. Dieser Wert schrumpft 2025 auf 80 Gramm, 2030 auf unter 60 Gramm und ab 2035 sollen Europas Neuwagen emissionsfrei sein. Zum Vergleich: Ein SUV von Daimler pustet durchschnittlich 167 Gramm CO2 pro Kilometer in die Umwelt.

Die Krux ist, dass die meisten Autohersteller die Flottengrenzwerte sogar einhalten, zumindest offiziell. Denn statt unter realen Bedingungen werden die Emissionswerte für Neuwagen in Labortests ermittelt.

In den 2010er Jahren nutzten Hersteller sehr erfolgreich Schlupflöcher, um in diesen Tests niedrigere Werte zu erzielen. Die Diskrepanz zwischen dem Realverbrauch und den Herstellerangaben wuchs bis 2015 auf über 40 Prozent an.

Das Problem blieb auch der EU nicht verborgen. Sie führte – nicht zuletzt aufgrund des Dieselskandals –  einen neuen Standard für die Labortests ein, der tatsächliche Fahrbedingungen widerspiegeln soll. Damit wurden laut dem Rechnungshofbericht die Unterschiede zwischen Laborwerten und Realverbrauch zwar verringert, aber nicht beseitigt.

"Die Hersteller konzentrieren sich nach wie vor in erster Linie darauf, die Laborwerte zu senken und nicht den tatsächlichen Verbrauch ihrer Autos", erklärte Rechnungshof-Mitglied Pietro Russo.

Motoren werden effizienter, aber Autos schwerer und stärker

Anders als im Labor wird der CO2-Ausstoß auf der Straße laut dem Bericht von zusätzlichen Faktoren bestimmt, wie "dem Fahrverhalten, der Außentemperatur, dem Verkehr, der Höhenlage und der Nutzung energieverbrauchender Ausstattung (zum Beispiel Beleuchtung, Klimaanlage)".

Der seit 2020 verzeichnete Rückgang der tatsächlichen Durchschnittsemissionen ist laut den Autor:innen allein dem wachsenden Anteil von Elektroautos an neu zugelassen Fahrzeugen zu verdanken. Während noch 2018 nur eines von 100 neu zugelassenen Pkws ein reines E‑Auto war, war es 2022 schon fast jedes siebte.

Ganz anders sieht es bei konventionellen Pkws aus, und die machen immer noch drei Viertel der Neuzulassungen aus. Bei Dieselautos hat sich in den letzten zehn Jahren nichts beim Realverbrauch getan und bei Benzinern hat er sich um nur wenige Prozentpunkte verringert.

Das liegt nicht etwa daran, dass es bei Verbrennern keinen technischen Fortschritt gab. Die Motoren werden immer effizienter. Doch gleichzeitig werden die Autos schwerer, größer und haben eine höhere Leistung.

In den letzten Jahren sind die Verkaufszahlen von SUVs immer weiter gestiegen. Auch mit einem effizienten Motor verbraucht ein SUV noch überdurchschnittlich viel Treibstoff.

"Die CO2-Emissionen von Fahrzeugen werden erst dann wirklich zurückgehen, wenn der Verbrennungsmotor seine dominierende Stellung verliert", sagte Pietro Russo. "Allerdings gestaltet sich die Elektrifizierung der EU-Fahrzeugflotte sehr komplex."

Auf eine Hürde der Elektrifizierung des Verkehrs wies der Rechnungshof bereits in einem Bericht aus dem vergangenen Jahr hin: die Rohstoffverfügbarkeit. Der Zugang zu Rohstoffen sei eine der größten strategischen Herausforderungen für die Batterieverfügbarkeit.

Hybridautos sind nicht emissionsarm

Das zweite große Problem ist die Ladeinfrastruktur. 70 Prozent der gesamten Infrastruktur für das Laden von Elektroautos befinden sich in nur drei EU-Ländern: Deutschland, Frankreich und Niederlande. Und es ist kein Geheimnis, dass es auch in Deutschland noch vielerorts ein Abenteuer ist, mit dem Elektroauto weite Strecken zurückzulegen.

Einige süd- und osteuropäische EU-Länder haben Schwierigkeiten, den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu finanzieren.

Die Mobilitätswende zählt nach wie vor zu den größten Herausforderungen für die EU. Während in allen anderen Sektoren seit 1990 die Treibhausgasemissionen sinken, haben sie im Verkehr um 16 Prozent zugelegt.

Insgesamt macht der Verkehr mehr als 20 Prozent der europäischen Gesamtemissionen aus und ist damit nach der Energieversorgung der emissionsstärkste Sektor. Pkws sind dabei für rund die Hälfte der Verkehrsemissionen verantwortlich.

Manche der vermeintlich grünen Alternativen, die von Herstellern beworben werden, haben sich zudem als Scheinlösungen erwiesen. So verursachen Hybridautos, die sowohl einen Verbrennungs- als auch einen Elektromotor haben, in der Realität meist wesentlich mehr Emissionen, als die Hersteller angeben.

Dass Hybridfahrzeuge trotzdem immer noch als emissionsarm gelten, bezeichnete ein Sprecher des Rechnungshofes als Fehler, den die EU-Kommission beheben müsse.

Der Europäische Rechnungshof ist eine unabhängige Prüfstelle der EU. Jedes EU-Land stellt eines der 27 Mitglieder des Gremiums.

Seine Aufgabe besteht vor allem darin, die Einnahmen und Ausgaben der EU auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Außerdem erstellt der Rechnungshof Prüfberichte mit Empfehlungen an die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten.

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