Das war zu erwarten. Die Autobranche will schärfere EU-Klimavorgaben kippen oder zeitlich strecken. Klar, dass das kleine Corona-Virus die große deutsche Autobranche nicht verschont: Kurzarbeit, stillgelegte Werke, geschlossene Autohäuser. Die größte deutsche Industriebranche leidet wie jeder Mittelständler auch.
Die Autogeschäfte werden auch nach der Krise nur langsam wieder anlaufen. BMW, VW und Daimler rechnen realistischerweise mit Milliardenverlusten. Aber deshalb weniger Klimaschutz? Fällt den deutschen Autobossen wirklich nichts Vernünftigeres ein?
Bei einem Krisengespräch letzte Woche mit der Bundeskanzlerin, dem Wirtschafts- und Verkehrsminister sowie Gewerkschaftsvertretern forderten die Autobosse, wegen der Coronakrise jetzt Abstriche beim Klimaschutz zu machen.
Laut Süddeutscher Zeitung sagte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller: "Das ist jetzt nicht die Zeit, über weitere Verschärfungen bei der CO2-Regulierung nachzudenken." So argumentierten die Auto-Vertreter auch gegenüber der Regierung.
Im Zuge des "Green Deal" denkt aber die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen genau darüber nach. Dieser "Green Deal" sowie die Digitalisierung seien ein Stabilitäts- und Wachstumspakt nach der Coronakrise, argumentierten die EU-Staats- und Regierungschefs noch wenige Tage zuvor.
Nach Informationen der Süddeutschen wollen sowohl die Bundesregierung als auch die EU bei ihren Klimaschutzzielen bleiben. Dazu müsse auch die Autoindustrie einen Beitrag leisten.
Der Staatssekretär im Umweltministerium Jochen Flasbarth sagt: "Die CO2-Vorgaben für Fahrzeuge infolge der Coronakrise aufzuweichen kommt für das Bundesumweltministerium nicht in Betracht."
Die Klimaerhitzung macht keine Corona-Pause
Es hat tatsächlich keinen Sinn, die Corona-Gesundheitskrise mit einer Verschärfung der Klimakrise beantworten zu wollen. Wenn ich die Pest bekämpfen will, ist es nicht hilfreich, eine Cholera-Krise zu verdrängen.
Nach Corona werden wir wieder mitten in der Klimakrise sein, auch medial. Dafür sorgen schon die Fridays-for-Future-Bewegung und die zunehmenden Katastrophen.
Zielführender und hilfreicher auch für die Autobranche wäre es, gerade jetzt in der Krise eine schnellere Einführung der Elektromobilität zu organisieren und sich damit Zukunftsmärkte zu sichern.
Franz Alt
ist Journalist und Buchautor. Er leitete 20 Jahre das politische Magazin "Report" beim Südwestrundfunk, danach bis 2003 die Zukunftsredaktion des SWR. Als einer der ersten deutschsprachigen Journalisten informierte er über den Klimawandel und die nötige Energiewende.
Der US-Autobauer Tesla hat es gerade wieder vorgemacht. Die Kalifornier haben im vergangenen Jahr weltweit die meisten E-Autos gebaut und verkauft und in den ersten drei Monaten dieses Jahres nochmals zugelegt.
Wenn wir etwas aus der Coronakrise lernen wollen: Wir brauchen schnellere Aktionen und mehr vorbeugende Maßnahmen gegen absehbare Krisen. Gegen immer wieder mögliche Pandemien ebenso wie gegen die Klimaerhitzung.
Diese macht keine Pause wegen Corona. Die Coronakrise geht vorüber, aber die Klimakrise kann den gesamten Planeten für Jahrtausende unbewohnbar machen.
Diesen Januar hatten wir global bereits drei Grad höhere Temperaturen als im Januar-Durchschnitt seit 1880, in Moskau bereits sechs Grad mehr und in der Arktis neun Grad mehr.
Im Pariser Klimaabkommen haben sich alle Regierungen der Welt verpflichtet, die globale Temperatur nicht mehr als 1,5 bis höchstens zwei Grad ansteigen zu lassen.
Die Politik muss lernen, bei der Klimakrise so sehr auf die Wissenschaft zu hören, wie sie dies bei der Coronakrise Gott sei Dank tut.