Eine Wohnanlage in Duisburg aus den 70er Jahren wird mit Holz gedämmt.
Klimaschutz muss Teil der Konjunkturprogramme werden, fordert der BUND. (Foto: Energieagentur NRW/​Flickr)

Erinnern wir uns an die letzte Weltklimakonferenz, die COP 25, im vergangenen Dezember in Madrid. Es war die längste aller Zeiten – bis in den Sonntagmorgen am Ende der zweiten Woche hinein tagten die Verhandlerinnen und Verhandler, um am Ende mit fast leeren Händen nach Hause zu fahren.

Die Kritik fiel entsprechend bissig aus. Die Diskrepanz zwischen den Konferenzzielen und den Ergebnissen war für alle schmerzhaft.

Kaum ein Land mit hohen CO2-Emissionen hatte auf der Konferenz angekündigt, das eigene schwache Klimakonzept zeitnah zu verbessern. Das und vieles mehr war für 2020 geplant. Die nächste Konferenz im November in Glasgow – kurz nach den US-Präsidentschaftswahlen – sollte zur bedeutendsten Klimakonferenz seit der in Paris werden.

Nun wurde die Glasgower Konferenz wegen der Coronakrise auf einen noch unbekannten Zeitpunkt ins nächste Jahr verschoben.

So bitter das einerseits ist, muss man andererseits sagen: zum Glück. Denn wenn wir eines aus den vergangenen Klimakonferenzen gelernt haben: Regierungen sind nur dann zu Zugeständnissen und zu einer Verschärfung der Klimaziele bereit, wenn es genügend politische Aufmerksamkeit für Klimaschutz und den Druck von der Straße gibt.

Dafür wären US-Präsidentschaftswahlen etwa zur gleichen Zeit wie ein Klimagipfel eine denkbar schlechte Voraussetzung gewesen. Außerdem brauchen Klimakonferenzen eine intensive Vorbereitung. Das Pariser Klimaabkommen kam nur zustande, weil sich China und die USA im Vorfeld auf Eckpunkte eines Vertrags verständigt hatten.

Der Druck von der Straße, die diplomatische Vorbereitung des Gipfels, die mediale Aufmerksamkeit für Klimaschutz – all das ist momentan nicht vorhanden und das wird auch in den kommenden Monaten so bleiben.

Klimagerechte Antworten auf Corona

Wir befinden uns inmitten einer globalen Gesundheitskrise ungeahnten Ausmaßes. Regierungen und die Zivilgesellschaft tun alles dafür, Menschen vor den gesundheitlichen Gefahren und wirtschaftlichen Folgen der Krise zu schützen. Das ist das Gebot der Stunde. Das ist richtig so.

Porträtaufnahme von Ann-Kathrin Schneider.
Foto: BUND

Ann-Kathrin Schneider

leitet seit 2011 den Bereich Inter­nationale Klima­politik beim Bund für Umwelt und Natur­schutz Deutschland (BUND) in Berlin. Sie studierte Inter­nationale Beziehungen in London und arbeitete zuvor bei Nicht­regierungs­organisationen wie Inter­national Rivers und Oxfam. Seit 2005 nahm sie an Klima­konferenzen teil.

Nichtregierungsorganisationen, die sich für Natur- und Klimaschutz einsetzen, müssen jetzt erst einmal daran arbeiten, dass die Antworten auf die Coronakrise klimafreundlich werden.

Bei den Konjunkturpaketen, die sie jetzt schnürt, sollte die Bundesregierung keine Zuschüsse an Unternehmen verteilen, die klimaschädliche Güter produzieren. Klare Kriterien müssen gewährleisten, dass keine Unternehmen unterstützt werden, deren Produktionsweisen und Produkte die nächste existenzielle Krise befeuern: die Klimakrise.

Es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass die momentane Reduktion von CO2-Emissionen durch den Lockdown nicht gleich nach der Krise wieder zunichtegemacht wird. Außerdem müssen wir uns dafür einsetzen, dass die Antwort auf die Coronakrise nicht nur sozial, sondern auch ökologisch ausfällt.

Die Vorzeichen dafür stehen gut. Bei der Finanzkrise 2008 wurde der Zivilgesellschaft noch wenig öffentliche Aufmerksamkeit für den Verweis auf die Notwendigkeit des Klimaschutzes zuteil, doch mittlerweile hat Fridays for Future dazu beigetragen, dass Klimaschutz in der Gesellschaft, in Kommunen, Ländern und bei der Bundesregierung einen hohen Rang hat.

Unternehmen retten – und zukunftsfähig machen

Klimaschutz-Konzepte, zum Beispiel für eine sozialverträgliche energetische Sanierung von Gebäuden, müssen Teil der Konjunkturprogramme werden. Wenn sich die Bundesregierung bereit erklärt, kränkelnde Firmen zu verstaatlichen, muss sich der Staat als Eigentümer dafür einsetzen, dass die Unternehmen ihre Risiken minimieren und zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft beitragen.

Warum nicht Energiekonzerne in die Hand des Staates nehmen und dann dafür sorgen, dass diese mit der klimaschädlichen Energieerzeugung aufhören und stattdessen in emissionsfreie Energieträger investieren?

Steuergelder, die zur Rettung von Unternehmen vergeben werden, sind an klare Bedingungen zu knüpfen. Schließlich hat die Bundesregierung den Pariser Klimavertrag zum Gesetz gemacht – warum kann sie nicht Flixbus, Lufthansa und Co im Zuge staatlicher Unterstützung vorschreiben, ihre Emissionen schrittweise im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel zu reduzieren?

Wenn es den Umweltverbänden gelingt, die Antworten auf die Coronakrise klimafreundlich auszurichten, wird es im zweiten Schritt für die Regierung ein Leichtes sein, die viel zu schwachen nationalen Klimaziele wie auch das europäische Klimaziel für 2030 heraufzusetzen.

Es gilt die Zeit der Krise auch zu nutzen, um eine klimafreundlichere Welt nach Corona zu ermöglichen. Daran zu arbeiten, ist die beste Vorbereitung auf die nächste Klimakonferenz.

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