
Der Anteil emissionsfreier Fahrzeuge wächst auch im Segment der Nutzfahrzeuge schnell – allerdings noch auf niedrigem Niveau.
Letztes Jahr lag der Absatz in der EU bei 11.000 emissionsfreien Lastern, Lieferwagen und Bussen. Das ist mehr als das Doppelte des Werts im Jahr 2022. Emissionsfreie Stadt- und Reisebusse erreichten einen Marktanteil von immerhin 18 Prozent und Lieferwagen von fünf Prozent.
Lastwagen ab zwölf Tonnen haben aber meist noch Dieselmotoren. Emissionsfreie Laster kommen hier nur auf einen Marktanteil von 0,9 Prozent. Doch das dürfte sich in den kommenden fünf Jahren sehr schnell ändern. Grund dafür sind zwei neue EU-Richtlinien.
Die erste legt konkret fest, wie hoch die CO2-Emissionen schwerer Lkw noch sein dürfen. Die Hersteller müssen diese bis 2030 um 45 Prozent im Vergleich zu 2020 senken, bis 2035 um 65 Prozent und bis 2040 um 90 Prozent.
Die Umweltorganisation Transport and Environment (T&E) hat ausgerechnet, wie viele emissionsfreie Fahrzeuge die Hersteller verkaufen müssen, um diese Vorgaben einzuhalten. Der Anteil muss demnach von heute 2,8 Prozent auf 31 und dann 52 und schließlich 77 Prozent steigen.
Die Hersteller kommen allerdings noch aus einer ganz anderen Richtung unter Druck: von den Kapitalmärkten. Grund ist ebenfalls eine EU-Richtlinie. Seit diesem Jahr müssen die Hersteller offenlegen, wie viele Emissionen beim Gebrauch – nicht nur bei der Herstellung – ihrer Produkte anfallen.
Diese sogenannten "Scope‑3-Emissionen" sind riesig: 99,8 Prozent der Emissionen entfallen laut den T&E-Zahlen auf die Nutzung der Laster und Busse und nur 0,2 Prozent auf die Herstellung.
Nur Batterieantrieb ist rechtzeitig wettbewerbsfähig
Damit sind die Hersteller von Nutzfahrzeugen eine der dreckigsten Branchen der Welt. Nur Bergbaukonzerne, die Kohle abbauen, verursachen höhere Emissionen pro eine Million Euro Umsatz.
"Lkw-Hersteller hatten bisher auf den Finanzmärkten leichtes Spiel, da ihre wahren Klimaauswirkungen vor den Investoren verborgen waren. Das ändert sich jetzt", sagte der T&E-Experte Xavier Sol. "Wenn das wahre Ausmaß der Scope‑3-Emissionen der Lkw-Hersteller bekannt wird, könnte die Branche einen Schock erleiden."
Grund dafür ist die zunehmende Sensibilität der Finanzmärkte für Klimarisiken. Viele Investoren wollen "Paris-konforme" Anlageportfolios. Das bedeutet, dass die Firmen, an denen sie Anteile halten, ihre Emissionen bis 2030 halbieren und bis 2050 auf netto null absenken.
Daher bestehe die Gefahr, dass die Aktien von Lkw-Herstellern "als CO2-Bomben im Portfolio angesehen werden", warnt Sol. Dadurch würden die Kapitalkosten dieser Firmen steigen.
Zum Glück für die Lkw-Hersteller werden diese Emissionen dank der ersten EU-Richtlinie um "fast ein Drittel" sinken. Sol mahnt dennoch: "Je schneller die Lkw-Hersteller auf Elektroantrieb umstellen, desto attraktiver werden sie für Investoren." Denn darauf läuft es hinaus: batteriebetriebene Elektrolaster.
Eine Analyse des US-Thinktanks ICCT hat die Kosten verschiedener emissionsfreier Lastwagen verglichen. Vor 2030 sind einzig Elektrolaster billiger als herkömmliche Dieselfahrzeuge. Wasserstoffbetriebene Laster mit Brennstoffzelle könnten dann in der Mitte des kommenden Jahrzehnts folgen.
Synthetische Kraftstoffe wie E‑Fuels und Diesel aus Agrarprodukten werden hingegen mindestens bis 2040 nicht wettbewerbsfähig sein. Ähnliche Studien sind aus Deutschland bekannt.
Das scheinen auch viele Hersteller verstanden zu haben. Das Bundesverkehrsministerium hat sie nach ihren Plänen befragt: Die Hersteller gehen davon aus, dass der Anteil von dieselbetriebenen Lastern bis 2030 bei den Neuzulassungen auf ein Viertel sinken wird und dann schon drei Viertel emissionsfrei unterwegs sind.