Von außen sieht alles so aus wie bisher: Elektro-Laster auf der Straße. (Bild: Daimler Truck AG)

Bei den Pkw kommt die Elektromobilität ins Rollen. Die Zulassungszahlen hierzulande sind in diesem Jahr deutlich angestiegen, inzwischen gibt es rund zwei Millionen Batterie-Pkw.

Doch auch bei den Lkw zeichnet sich ab, dass die Ära des Verbrenners zu Ende geht. Immer mehr Hersteller entwickeln Batterie-Trucks als Alternative zum Diesel-Antrieb, und Fachleute erwarten, dass sie 2035 bei den Neuzulassungen Standard sein können. Die Diesel-Ära fände ihr Ende – und 2045 könnte sich der Lkw-Verkehr klimaneutral nennen.

Sie heißen "Daimler E‑Actros", "Renault Trucks E-Tech D" oder "Volvo FH Electric". Praktisch alle Lkw-Anbieter haben inzwischen auch "Stromer" im Angebot, und zwar auch große 40-Tonner. Die Reichweiten der Fahrzeuge liegen bei voll geladener Batterie meist bei 300 bis 400 Kilometern. Der US-Hersteller Tesla hat allerdings den Truck "Semi" entwickelt, der bis zu 800 Kilometer schaffen soll – Großserienproduktion frühestens ab Ende 2024.

Voraussetzung für einen schnellen Hochlauf der Lkw-Stromer ist freilich, dass ein bundesweit flächendeckendes und leistungsfähiges spezielles Ladenetz für schwere Nutzfahrzeuge aufgebaut wird. Dies sei die "wichtigste Stellschraube für den Erfolg der emissionsfreien Antriebe im Markt", heißt es in einer neuen Untersuchung des Öko-Instituts. Gelingt das und wird mit Ökostrom "getankt", könnten die CO2-Emissionen des Straßengüterverkehrs "insbesondere nach dem Jahr 2030 deutlich sinken und 2045 die Null-Marke erreichen".

Das Forschungsinstitut hat, gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium, verschiedene Antriebstechnologien im Straßengüterverkehr bewertet, die eine Alternative zum Diesel sein können, und zwar mit Blick auf die technischen Potenziale und die Wirtschaftlichkeit. Ergebnis: Batterieelektrische Lkw haben in Zukunft Vorteile gegenüber den beiden weiteren möglichen E-Fahrzeugtypen, die ihren Strom entweder aus Wasserstoff – über Brennstoffzellen an Bord – oder aus Oberleitungen beziehen, die an Autobahnen gebaut werden könnten.

Brennstoffzellen-Lkw sind danach in der Gesamtkostenrechnung deutlich teurer als reine E-Lkw, vor allem, weil grüner Wasserstoff noch lange sehr teuer und knapp sein wird. Oberleitungs-Lkw hingegen wären auf Strecken begrenzt, an denen es eine solche Infrastruktur gibt. Das wiederum steht einer Elektrifizierung der gesamten Flotte im Wege.

Die Analyse zeigt laut der Studien-Autorin Katharina Göckeler zudem, dass sich die E-Lkw auch für die Speditionen rechnen werden. "Sobald die Lkw-Maut ab Dezember 2023 einen Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 erhebt, erzielen alle Nullemissions-Fahrzeuge deutliche Kostenvorteile gegenüber konventionellen Diesel-Lkw", erläuterte sie.

Gesamtenergieverbrauch würde sinken

Klima und Umwelt profitieren laut der Untersuchung von der Umstellung deutlich. Hauptgrund: Fahren künftig alle Lkw mit Batteriestrom, sinkt der Energieverbrauch im Straßengüterverkehr deutlich. Dieser E-Antrieb ist nämlich im Betrieb deutlich effizienter als der Verbrennungsmotor.

So wird laut der Modellrechnung 2045, also nach Ausmusterung aller Diesel-Lkw, für den Straßengüterverkehr ein Strombedarf von jährlich 110 Milliarden Kilowattstunden entstehen. Heute liegt der Energieverbrauch bei 173 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr.

Kritisch ist allerdings der Aufbau der Ladeinfrastruktur, die zusätzlich zum Ladesäulen-Netz für Pkw entstehen muss. Die Fachleute vom Öko-Institut schätzen, dass gut die Hälfte des Gesamtenergiebedarfs der Lkw vor Fahrtantritt im Depot in die Batterie geladen werden kann. Ein weiteres Viertel könne über Nacht an öffentlichen Nacht-Ladepunkten, sogenannten Night-Charging-Systems (NCS), "getankt" werden, um mehrtägige Touren abzudecken.

Die übrige Energie müsse unterwegs nachgeladen werden, also in den nach 4,5 Stunden Fahrzeit vorgeschriebenen Ruhepausen der Lkw-Fahrer. Dafür ist dann aber eine sehr hohe Ladeleistung nötig, im sogenannten Megawatt-Charging-System (MCS), weil die Pausen nur 45 Minuten betragen und längere Standzeiten für die Speditionen hohe Kosten verursachen würden.

Expertin Göckeler betont: "Wir brauchen entlang des Autobahnnetzes rund 2.000 MCS- und rund 40.000 NCS-Ladepunkte." Trivial ist das nicht. Grund ist die hohe Stromleistung, die speziell für die MCS-Ladepunkte nötig ist. Um sie bereitstellen zu können, ist sogar ein Anschluss an das Hochspannungsnetz nötig.

Zum Vergleich: Für MCS braucht es eine Leistung von etwa 1.000 Kilowatt, während selbst die "Supercharger" für E-Pkw "nur" mit 250 Kilowatt arbeiten – wobei die praktische Erfahrung zeigt, dass diese Maximal-Ladeleistung hier oftmals nicht erreicht wird, wenn mehrere Fahrzeuge parallel laden. Göckeler forderte daher: "Die Planungen für den Aufbau eines stabilen Lkw-Ladenetzes müssen jetzt zeitnah starten."

Oberleitungs-Konzepte ohne Priorität

Die Chancen für den baldigen Aufbau eines umfassenden Oberleitungsnetzes für Lkw an den Autobahnen schätzt man beim Öko-Institut als eher gering ein. Diese Option, für die Lkw mit Stromabnehmern ausgerüstet wurden, wird seit 2019 auf drei Teststrecken in Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein untersucht.

Konzepte sahen vor, etwa ein Drittel des rund 13.300 Kilometer langen deutschen Autobahnnetzes – und damit die viel befahrenen Haupttrassen – mit Oberleitungen auszurüsten. Die kürzeren Reststrecken außerhalb des Netzes würden die Lkw dann mit einer unterwegs aufgeladenen kleineren Batterie bewältigen. Ein Kilometer Oberleitung auf der rechten Autobahn-Spur kostete etwa bei der Teststrecke an der A5 zwischen Frankfurt am Main und Darmstadt rund 1,3 Millionen Euro.

 

"Das Konzept Oberleitung ist grundsätzlich gut", sagte der Co-Autor der aktuellen Untersuchung, Florian Hacker, dazu gegenüber Klimareporter°. Allerdings habe die Batterietechnik in jüngster Zeit so große Fortschritte gemacht, dass batterieelektrische Lkw immer attraktiver würden.

"Die Dynamik in der Branche für eine Komplettumstellung der Lkw-Flotte auf diese Technologie ist groß", meint Hacker. Einen ähnlichen Druck aus der Industrie, ein Oberleitungsnetz an den Autobahnen zu bauen, gebe es derzeit nicht. "Ich glaube daher nicht, dass ein solches Netz schnell kommen wird."

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