Online-Shopping, Just-in-Time-Produktion, globalisierter Transport: Der Güterverkehr auf den Straßen ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen, und es werden weitere Steigerungen erwartet.
Die jüngste Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums, vorgelegt im Oktober, rechnet sogar mit einem Plus von rund einem Drittel bis 2040. Das macht klar: Ohne eine Abkehr von dem in diesem Sektor absolut dominierenden Dieselmotor sind die Klimaziele im Verkehr nicht zu realisieren.
Eine neue Untersuchung zeigt nun, dass auch hier die Batterie gegenüber Alternativen wie Wasserstoff deutliche Vorteile hat. Auf ihre Förderung müsse die Politik sich konzentrieren.
Lkw-Hersteller wie Daimler Truck, MAN oder Hyundai verfolgen bislang eine Doppelstrategie für die Umstellung, sie entwickeln und bauen sowohl batterie- als auch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge.
Batterie-Varianten haben zwei Nachteile, nämlich relativ lange Ladezeiten und schwere Akkus, die das Gesamtgewicht erhöhen. Wasserstoff-Lkw hingegen können schnell betankt werden und sind leichter, erlauben also höhere Zuladung.
Weitere, momentan weniger favorisierte Möglichkeiten sind ein E‑Betrieb mit Oberleitungen auf einem Autobahn-Kernnetz sowie ein Akku-Wechselsystem, bei dem leere Stromspeicher unterwegs durch volle ausgetauscht werden.
E-Lkw sparen Energie und Kosten
Eine Studie unter Leitung des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) sieht unter dem Strich deutliche Vorteile für die batterieelektrischen Trucks. "Batterie-Lkw können bis 2030 mit Abstand den höchsten realistisch erwartbaren Beitrag zum Klimaschutz im Straßengüterverkehr leisten", betont Mitautor und Projektleiter Julius Jöhrens vom Ifeu.
Dafür gibt es laut der Untersuchung mehrere Gründe. So sind die E‑Laster deutlich energieeffizienter als Wasserstoff-Lkw, da hier der verlustreiche Schritt der H2-Gewinnung per Elektrolyse wegfällt. Außerdem liegen die absehbaren Energiekosten niedriger, und auch die Dynamik im Markt spricht für die Batterie-Variante.
Bei den Lkw insgesamt sind derzeit immerhin schon 2,3 Prozent batterieelektrisch, wobei der Anteil bei den Sattelzug-Maschinen freilich erst 0,3 Prozent beträgt, Tendenz jedoch steigend. Wasserstoff-Lkw gibt es hingegen fast gar keine.
Das Forschungsteam empfiehlt der Politik daher, sich auf den Hochlauf der Batterie-Lkw zu konzentrieren und die Ladeinfrastruktur schnell auszubauen. Die Förderung von Wasserstoff im Schwerlastverkehr solle gestoppt werden.
"Eine klare Kommunikation der Bundespolitik zu Batterie-Lkw als zentraler Technologie könnte Lkw-Herstellern und -Betreibern Sicherheit bei anstehenden Investitionen geben", sagte der Energieökonom Wolf-Peter Schill vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das ebenso wie die TU Dresden an der Untersuchung beteiligt war. Bereits jetzt investiere die Privatwirtschaft erheblich in den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw.
Daimler erhält Förderzusage für Kleinserie
Das Forschungsteam empfiehlt zudem, die Regelungen der Treibhausgas-Minderungsquote zu verändern, mit der Unternehmen verpflichtet werden, ihre Emissionen zu senken. Sie sollen so angepasst werden, dass sie die Energieeffizienz-Vorteile von Batterie-Lkw angemessen berücksichtigen.
Bisher kann die Quote durch verschiedene Optionen erfüllt werden, darunter Batterie- und Wasserstoff-Antrieb. In der aktuellen Systematik sei die höhere Energieeffizienz von Batterie-Lkw nicht ausreichend berücksichtigt, so Jöhrens und Co. Nutzfahrzeuge über 3,5 Tonnen sind laut Zahlen für 2022 für rund 28 Prozent der Emissionen des Verkehrssektors und für rund sechs Prozent des gesamten deutschen Treibhausgasausstoßes verantwortlich.
Bei den Nutzfahrzeugherstellern ist die Zukunftsstrategie noch nicht so eindeutig. Daimler Truck zum Beispiel sieht den Einsatzbereich für Batterie-Lkw im Fernverkehr, wenn sie regelmäßig auf planbaren Strecken mit geeigneten Entfernungen und guten Lademöglichkeiten unterwegs sind, sowie im regionalen Verteilerverkehr.
Für sehr flexible Nutzungen im Fernverkehr oder im Schwerlastverkehr hingegen könnten Lkw mit Brennstoffzelle, die Wasserstoff an Bord in Strom für E‑Motoren umwandeln, die bessere Lösung sein, heißt es dort. Erst kürzlich erhielt Daimler Truck eine Förderzusage von Bund und Ländern über 226 Millionen Euro für Entwicklung, Produktion und Kundeneinsatz von Brennstoffzellen-Lkw Lkw in einer Kleinserie von 100 Fahrzeugen.
"Die EU-Regelungen passen nicht zusammen"
Der Weltmarktführer gibt sich überzeugt, dass die Mobilitätsbedürfnisse im Lkw-Verkehr künftig nur mit den beiden Technologien erfüllt werden können. Allerdings müsse die Verfügbarkeit von ausreichend Ökostrom und von grünem Wasserstoff sichergestellt sein, um auf CO2-neutrale Antriebe umstellen zu können.
Außerdem brauche es einen schnelleren Aufbau der entsprechenden Infrastruktur für Lkw-Schnellladesäulen und H2-Tankstellen. Und hier sieht Daimler Truck noch große Probleme.
Bei der Vorstellung des neuen Batterie-Lkw "E Actros 600" für den Fernverkehr in Wörth am Rhein kritisierte die Chefin des Unternehmens, Karin Rådström, die Pläne der Europäischen Union zum Ausbau der Ladeinfrastruktur reichten nicht aus, um die von ihr ausgegebenen Klimaziele zu erreichen.
Die EU schreibt vor, dass die CO2-Emissionen von neu verkauften schweren Lkw bis 2030 um 45 Prozent gegenüber 2019 sinken müssen. Um genügend E‑Lkw verkaufen zu können, sind dafür laut Rådström EU-weit 50.000 Normal- und Schnellladesäulen nötig, von der EU geplant seien aber nur 17.000. "Das Problem ist, dass die beiden Regelungen nicht zusammenpassen", sagte Rådström.
Der neue Lkw hat eine Reichweite von 500 Kilometern, und zwar laut Daimler Truck unter realistischen Bedingungen aus Autobahnen und Landstraßen. Es sei "der beste E‑Lkw, den es derzeit in der Branche gibt", so die Unternehmenschefin.
Doch logisch: Wenn er und andere E‑Modelle wegen unterentwickelten Lademöglichkeiten zu wenig verkauft werden, geht die Klima-Rechnung nicht auf. Im letzten Jahr wurden im Lkw-Werk im pfälzischen Wörth rund 97.000 Fahrzeuge mit Dieselantrieb gebaut. Für den E Actros 600, der auch dort gebaut werden soll, gibt es bisher 2.000 Bestellungen.