Autos stehen hintereinander am Straßenrand, man sieht keine Menschen.
Billiger Parkplatz vor der Haustür für alle? Das kann nicht funktionieren. (Foto: Nile/​Pixabay)

Es ist wie mit dem Stau: Nicht ich bin der Stau, sondern es sind immer die anderen. Oder mit dem Glauben, durch den Bau von Umgehungsstraßen wird es im Ort besser. Wird es nicht. Es wird mehr Verkehr auf allen Straßen geben.

Oder die Annahme, wenn es eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung geben würde, hätten alle Anwohner:innen viel mehr Platz zum Parken. Klappt leider auch nicht.

Die Effekte nach der Einführung von Parkraumbewirtschaftungszonen sind kurzfristig sichtbar. Ein paar Wochen scheint es leerer zu sein, das ändert sich aber schnell wieder. Alles ist nach einer Weile genauso zugeparkt wie vorher. Das konnte man gut rund um den Kollwitzplatz in Berlin-Prenzlauer Berg beobachten.

Es ist der Traum vom billigen Parkplatz vor der Haustür, der quasi öffentlich-privat für diejenigen zur Verfügung steht, die ihn sich durch Wohnen und Gewohnheit verdient haben. Wenn man die fremden Parker durch Parkraumbewirtschaftung losgeworden ist, ist die Welt wieder schön und das Auto steht weiter vor der Tür.

Private Autos auf öffentlichem Straßenland

Das Problem ist leider: Durch Parkraumbewirtschaftung entstehen nicht mehr Parkplätze oder Parkmöglichkeiten. Das ist nur durch eines zu erreichen: weniger Autos.

 

Bis in die 1960er Jahre musste, wer parken wollte, einen eigenen Stellplatz haben. Dann kam das sogenannte Bremer Laternenparker-Urteil – und seitdem halten wir es für normal, dass für das Private das Öffentliche zur Verfügung stehen soll.

Heute erscheint die Vorstellung seltsam, dass Autos ursprünglich nicht auf der Straße stehen durften. Zu viele Autos wollen zu viel Platz zum Stehen, der aber nicht mehr da ist. Die Folgen sind auch Falschparken und Parkraumsuchverkehr. Mit dem Kauf eines privaten Autos wird eben kein öffentlicher Parkplatz mitgeliefert.

Also wird nach Lösungen gesucht. Eine davon ist die erwähnte Parkraumbewirtschaftung. Aber auch die löst das Problem nicht und ihre Organisation scheint aus der Zeit gefallen. Es werden Zonen festgelegt und abgegrenzt, die Beantragung findet beim Amt statt, verbunden mit langen Wartezeiten.

Die Kontrolle auf den Straßen findet durch echte Menschen statt – gegen diejenigen, die dort eigentlich nicht sein sollen. Und dann darf man nicht überall das Auto abstellen, sondern muss bei jeder Zone die Rolle wechseln und an Parkscheinautomaten, die nur Bargeld annehmen, wieder Parkscheine kaufen, die dann wieder von echten Menschen kontrolliert werden.

Mit einer City-Maut den Verkehr steuern

Eine Maßnahme, die nicht nur das Verhalten von Menschen ändern, sondern auch die Verkehrswende voranbringen kann, wäre eine flächendeckende City-Maut. Die Erfahrungen aus London, Stockholm, Mailand oder Oslo zeigen: Eine Bepreisung der Straßenbenutzung wirkt und sorgt für Veränderung.

Anke Borcherding

ist wissen­schaft­liche Mit­arbeiterin am Wissen­schafts­zentrum Berlin für Sozial­forschung (WZB). Sie beschäftigt sich theoretisch und vor allem praktisch mit Mobilitäts­projekten.

Eine City-Maut kann die negativen Umweltwirkungen der Mobilität verringern, sie kann sozialverträglich gestaltet werden und einen Beitrag zur Flächengerechtigkeit in der Stadt leisten. Sie kann eine Steuerungswirkung auf den Verkehr entfalten.

Eine City-Maut kann den fließenden und den ruhenden Verkehr gleichermaßen regulieren. Die technischen Möglichkeiten erlauben es, den fließenden Verkehr als Flächen-Maut mit zeitbasiertem oder entfernungsbasiertem Tarif zu erfassen.

Mautpflichtig wären alle Fahrten mit einem motorisierten Fahrzeug, die nicht unter Ausnahme-Regelungen fallen. Der Tarif kann sich an den Zielen orientieren, die mit einer Maut erreicht werden sollen – über die Einteilung nach Schadstoffklassen zum Beispiel und angelehnt an die Ticket-Preise für den ÖPNV der Region.

Die City-Maut für den ruhenden Verkehr orientiert sich an der aktuellen Parkraumbewirtschaftung und entwickelt sie weiter – zum Beispiel in Berlin für alle öffentlichen Parkflächen innerhalb des S-Bahn-Rings oder auf dem gesamten Stadtgebiet.

Den Traum vom billigen Parkplatz wird auch die City-Maut nicht erfüllen. Um den Traum von weniger Autos in der Stadt zu verwirklichen, kann sie aber einen wesentlichen Beitrag leisten.

 

Digitale Mobilität – das Antiblockiersystem

Wie kommen wir in Zukunft von A nach B? Fest steht: Es geht nur radikal anders als bisher. Aber wie? Die Gruppe "Digitale Mobilität – das Antiblockiersystem" entwickelt Ideen für die Mobilität von morgen. Hier schreiben Wissenschaftler:innen und Expert:innen über Wege in ein neues Verkehrssystem, das flüssig, bequem, gerecht und klimafreundlich ist – jenseits von Allgemeinplätzen und Floskeln. Das Dossier erscheint in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).