Ende Gelände Proschim 2016
Der Tagebau Welzow-Süd in der Lausitz. (Foto: Friederike Meier)

Ein symbolträchtiger Ort für die Konflikte um die Energiewende: Westlich und südlich der Stadt Welzow in Brandenburg, nahe der Grenze zu Sachsen, gräbt sich der Tagebau Welzow-Süd durch die Landschaft. Ob die Braunkohlebagger künftig noch weiter nach Süden vordringen und auch den Ort Proschim wegbaggern, ist seit Jahren unklar und noch immer nicht entschieden.

Westlich der Stadt liegt der Flugplatz Welzow, ein ehemaliger Militärflugplatz und heute einer der vielen Verkehrslandeplätze, die den Airport-Traum nicht aufgeben wollen.

Nicht deswegen aber schaffte es der Flugplatz zuletzt in die Nachrichten, sondern aus einem anderen Grund: Im Oktober dieses Jahres soll dort ein Zehn-Megawatt-Solarkraftwerk in Betrieb gehen – und die Anlage gehört nicht einer der bekannten Ökostrom-Firmen, sondern dem Braunkohleunternehmen Leag.

Neben dem Kerngeschäft, der Braunkohle, habe man auch die erneuerbaren Energien im Blick und nutze dafür die Kompetenzen im Energiebereich, "die wir hier in der Lausitz über Jahre entwickelt haben", kündigte Leag-Vorstandschef Helmar Rendez kürzlich den, so wörtlich, "ersten eigenen Solarpark auf eigenen Flächen" an.

Kohleriese engagiert Ökostromer

Die von Rendez ins Feld geführten Kompetenzen reichten allerdings nicht, um den Solarpark selbst zu planen und in einer Ausschreibung bei der Bundesnetzagentur durchzubringen. Das hatte zuvor der Wind- und Solarprojektierer Juwi erledigt, eine Tochter der Mannheimer MVV Energie AG.

Juwi betreibt seit 2012 auf demselben Flugplatzgelände bereits auf 65 Hektar einen Solarpark mit knapp 19 Megawatt Nennleistung. Einer der Partner von Juwi war damals der Leag-Vorgänger Vattenfall, dem das Grundstück gehörte.

Als der Welzower Solarpark 2017 ausgebaut werden sollte, sei für Juwi klar gewesen, das Projekt gemeinsam mit der Leag als neuer Grundstückseigentümerin weiterzuentwickeln, beschreibt Juwi-Sprecher Felix Wächter gegenüber Klimareporter° den Start der Kooperation. Juwi bewarb sich mit dem neuen Zehn-Megawatt-Projekt im Februar 2018 bei einer Photovoltaik-Ausschreibung der Bundesnetzagentur und erhielt einen Zuschlag.

Die zehn Megawatt fallen damit für 20 Jahre unter das Erneuerbare-Energien-Gesetz und werden entsprechend gefördert. Bei der Ausschreibung gingen die Zuschläge mit einer EEG-Förderung von durchschnittlich 4,33 Cent je Kilowattstunde weg – nach Angaben von Juwi soll der neue Solarpark um die zehn Millionen Kilowattstunden jährlich liefern. Damit liegt der EEG-Zuschuss rechnerisch bei mehreren zehntausend Euro pro Jahr. Der genaue Zuschlagswert ist nicht öffentlich bekannt.

Juwi soll ab Herbst den Solarpark noch für fünf Jahre betreiben und instand halten, dann geht er ganz in Leag-Eigentum über. Die Leag will den Strom aber von Anfang an selbst an der Börse vermarkten. Dazu sind Betreiber erneuerbarer Stromanlagen von mehr als 100 Kilowatt Nennleistung verpflichtet.

Zum Verkaufserlös an der Strombörse gibt es noch eine Marktprämie obendrauf. Liegt die Summe dann über dem EEG-Zuschuss, kann die Leag den Überschuss behalten. Liegen die Einnahmen darunter, werden sie aus der EEG-Kasse auf den in der Ausschreibung durchgesetzten Preis aufgestockt.

Was die Leag Juwi für die letztliche Projekt-Übernahme gezahlt hat oder möglicherweise noch zahlt – über solche und andere Details des Deals geben die Unternehmen keine Auskünfte.

Rekultivierte Flächen kamen nicht infrage

Für die Leag sind die zehn Millionen solaren Kilowattstunden weniger als ein Fingerhut. In seinen vier Braunkohlekraftwerken erzeugte der Konzern 2018 rund 55 Milliarden Kilowattstunden fossilen Strom – rein rechnerisch kämen künftig dann noch 0,02 Prozent grüner Strom hinzu.

Interessant ist eher der Umstand, warum Juwi und Leag das neue Kraftwerk auf dem seit 1920 bestehenden Flugplatzgelände bauen und nicht auf einer rekultivierten Bergbaufolgelandschaft, wie das viele Konzepte im Zuge des Strukturwandels visionär vorschlagen.

Juwi erklärt das Festhalten am Flugplatz mit den beiden dort bereits realisierten Solarparks. Da sei es naheliegend gewesen, den Standort weiterzuverfolgen. Für rekultivierte Braunkohletagebaue gebe es in der Regel auch naturschutzrechtliche Auflagen, sodass diese Flächen für eine erneute Inanspruchnahme "nur in den seltensten Fällen zur Verfügung stehen", wie Juwi-Sprecher Wächter sagt.

Auch für die Leag sind Bergbaufolgelandschaften problematisch, wenn es um erneuerbare Energien geht. Für diese Flächen existierten "verbindliche Festlegungen für die Folgenutzung" in Richtung Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz, Wasserflächen und Freizeitinteressen, sagt Leag-Sprecherin Kathi Gerstner.

Diese Zweckbindungen würden für einen Tagebau im Braunkohlenplan "über Jahre im Voraus festgeschrieben", so die Sprecherin. "Der Bau eines Solarparks lässt sich damit nur bedingt vereinbaren."