Ein Windpark, eine Solar-Freiflächenanlage und Stromleitungen auf einem Feld.
Energiewende heißt für den zuständigen Minister Altmaier vor allem Netzausbau. (Foto: Jens Ickler/​Elxeneize/​Shutterstock)

Der Druck auf die deutsche Energiepolitik nimmt nahezu stündlich zu: Wegen des 52.000-Megawatt-Solardeckels werden mehr und mehr Aufträge für neue Solaranlagen storniert. Infolge des geringeren Stromverbrauchs und einer gut laufenden Erzeugung aus Wind und Sonne drohen nun sinkende Strompreise – und damit Anfang 2021 eine stark steigende EEG-Umlage. Kohleausstiegsgesetz, Wasserstoffstrategie und EEG-Novelle liegen auf Eis oder verzögern sich.

In der sich zuspitzenden Lage ist – entgegen den Erwartungen – auch das Treffen der für Energie zuständigen Minister von Bund und Ländern gestern Abend ohne irgendein konkretes Vorhaben geblieben.

Laut einem Klimareporter° vorliegenden Positionspapier der Länder hatten diese vor dem Treffen eine kurzfristige und nachhaltige Senkung der Strompreise verlangt. In dem auf den 2. Mai datierten Papier heißt es: "Zur Entlastung privater Haushalte, des Mittelstandes und der nicht privilegierten Industrie soll ... die EEG-Umlage auf einen Betrag von ca. zwei Cent stabilisiert werden."

In dem heute bekannt gewordenen Beschluss des Ministertreffens ist die Zwei-Cent-Forderung aber völlig verschwunden. Nicht einmal auf dem Papier konnten sich die Länder offenbar durchsetzen.

Soweit die Absenkungen der EEG-Umlage über die mit dem nationalen Emissionshandel ab 2021 vorgesehenen hinausgehen, sollten sie nach dem Willen der Länder aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Auch diese Forderung wurde im Beschlusspapier aufgeweicht. Die Länder erhoffen sich von der Absenkung auch das Entstehen neuer Geschäftsmodelle für Digitalisierung, Flexibilisierung, Sektorkopplung und regionale Stromvermarktung.

Andere Passagen des Beschlusses lesen sich fast schon wie Beschwörungen. So bleibe der Ausbau der erneuerbaren Energien "dennoch die Prämisse". Und wörtlich: "Mit den dazu notwendigen und drängenden politischen Entscheidungen (Regelungen zum Akzeptanz sichernden Ausbau Wind an Land, Wind auf See Ausbau über 2030 hinaus, Abschaffung kontraproduktiver Deckel wie des 52-Gigawatt-Photovoltaik-Deckels, Einstieg in die Wasserstoffindustrie, Unterstützung von Eigen- und Direktstromnutzung) werden Milliardeninvestitionen mobilisiert."

Erneuerbaren-Branche appelliert

Noch weniger Konkretes findet sich in der dürren gemeinsamen Presserklärung der Energieminister. Die Minister hätten vor allem über den Netzausbau und über stärkere Investitionen in die Energiewende beraten, heißt es dort. Damit wollten sie dazu beitragen, die Wirtschaft nach der Coronakrise wieder auf einen Wachstumspfad zu führen.

Der nordrhein-westfälische Wirtschafts- und Energieminister Andreas Pinkwart (FDP), zugleich Vorsitzender des Energieministertreffens, bekräftigt in der Mitteilung die Forderung nach einer "deutlichen Entlastung der Stromverbraucher, beispielsweise durch Senkung von Stromsteuer und EEG-Umlage". Des Weiteren müsse das Kohleausstiegsgesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellt dagegen auf die Fortschritte beim Netzausbau ab – das einzige Feld, auf dem er zuletzt so etwas wie Fortschritte vorweisen konnte. Ende des Jahres sollen Altmaier zufolge rund 90 Prozent der gesetzlich beschlossenen Vorhaben im Bau oder in Betrieb sein. Von den großen Nord-Süd-Stromautobahnen stünde so beim Südostlink der komplette Trassenkorridor fest.

Angesichts der energiepolitischen Blockade bleibt auch dem Erneuerbaren-Verband BEE derzeit nichts anderes übrig, als weiter an die Bundespolitik zu appellieren. "Es besteht die Chance, durch den Abbau von Hemmnissen, eine erste Neuordnung im Bereich von Steuern und Abgaben sowie die CO2-Bepreisung die wettbewerbsfähige Energiewende mit einem neuen Impuls zu versehen", sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. "Jetzt muss gehandelt werden."

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