Die bisher größte Protestaktion beim diesjährigen Klimagipfel richtete sich nicht an die großen Ölkonzerne. (Bild: David Zauner)

Der Ton im Netz gegen Klimaaktivist:innen wird immer schärfer. Social-Media-Posts, in denen Aktivist:innen als "Sicherheitsrisiko" bezeichnet werden oder gar eine entmenschlichende Sprache verwendet wird, sind auf einem Allzeithoch, ergab eine Analyse der Dachorganisation Climate Action Against Disinformation (CAAD).

In Deutschland und auch anderen Ländern eskaliert nicht nur die virtuelle Gewalt. Immer häufiger werden Autofahrer:innen bei den Aktionen der "Letzten Generation" handgreiflich. Zahllose Videos zeigen, wie Fahrer:innen die Aktivist:innen über die Straße schleifen oder Schläge und Tritte austeilen.

Einer ganz anderen Dimension der Gefahr sehen sich Aktivist:innen in den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgesetzt. Dort beginnt in der Hauptstadt Dubai gerade die zweite und finale Woche des Weltklimagipfels.

In vergangenen Jahren gab es am Austragungsort der Konferenz häufig große Demonstrationen. 2021 in Glasgow führt Greta Thunberg einen Demonstrationszug von 100.000 Menschen durch die Stadt und übte harsche Kritik an dem "sinnlosen Gipfel".

Auch in diesem Jahr finden während des Klimagipfels diverse Aktionen und Demonstrationen statt. So protestierte Extinction Rebellion mit Projektionen an Berliner Hauswänden gegen das Greenwashing auf der Konferenz.

Sprechverbote für Aktivist:innen

Nur in Dubai ist es mucksmäuschenstill. Auf dem Gelände der Konferenz – das während der zwölf Tage Hoheitsgebiet der Vereinten Nationen ist – gibt es vereinzelte Aktionen. Da protestiert die US-Umweltaktivistin Alice McGown mal in einem Dugong-Kostüm gegen fossile Explorationsprojekte oder die Umweltinitiative Plant for the Planet verteilt Schokolade.

Aber selbst auf dem Konferenzgelände sei es nicht erlaubt, große Unternehmen, Staaten oder verantwortliche Personen beim Namen zu nennen, sagt die Sprecherin von Fridays for Future Clara Duvigneau im Gespräch mit Klimareporter°.

"Ich darf zum Beispiel nicht sagen, dass ich etwas von der deutschen Bundesregierung fordere", erläutert Duvigneau. "Eine erlaubte Formulierung wäre dann 'die Regierung des Landes, aus dem ich komme'."

COP 28 in Dubai

Bei der 28. UN-Klimakonferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten geht es um ein verbindliches Ausstiegsdatum aus den fossilen Energien. Klimareporter° ist mit einem Team vor Ort und berichtet mehrmals täglich.

Die einzige größere Protestaktion hat nicht das Klima zum Thema. Aktivist:innen aus verschiedenen Ländern forderten in einer Aktion – mit Gedichten und Vorträgen – ein Ende der israelischen Militäraktion in Gaza. "Free, free Palestine", riefen die etwa hundert Protestierenden zwischen den einzelnen Redebeiträgen.

Natürlich war alles vorher angemeldet und von den Behörden der Emirate und der UN genehmigt worden.

Die Verfassung der Emirate sieht das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit prinzipiell vor. Doch es gibt zahllose Beispiele, in denen Protestierende in fragwürdigen Gerichtsverhandlungen zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt wurden.

Demonstrationen sind laut Human Rights Watch in den Vereinigten Arabischen Emiraten faktisch illegal und Kritik an dem Staat steht unter Strafe. Viele Klimaaktivist:innen seien ernsthaft um ihre Sicherheit besorgt, heißt es bei der US-Menschenrechtsorganisation.

14 Jahre Haft für gleichgeschlechtlichen Sex

Dem Mitbegründer der Menschenrechtsgruppe Fair Square, James Lynch, wurde kurz vor Beginn des Gipfels mitgeteilt, sein Visumsantrag sei abgelehnt worden. Ein Grund wurde bis heute nicht genannt. Der ehemalige Mitarbeiter von Amnesty International hatte die Situation in den Emiraten in der Vergangenheit mehrfach kritisiert.

Eine kenianische Aktivistin, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollte, sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Die Sicherheitsbedenken, die ich im Moment habe, wenn ich zur COP gehe, bestehen darin, dass ich ein Trans-Mädchen bin und das verbergen müsste."

In den Emiraten gibt es eine Reihe homophober und transfeindlicher Gesetze. Gleichgeschlechtlicher Sex kann in Dubai – die einzelnen Emirate haben ihre eigene Gesetzgebung – mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden. Ein weiteres Gesetz lässt für einen "Mann verkleidet als Frau" eine Verurteilung von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe zu.

 

Der Präsident der Klimakonferenz, Sultan Al Jaber, hatte in seinen Reden mehrmals betont, dass die diesjährige Konferenz die "wichtigste, inklusivste und handlungsorientierteste" Konferenz aller Zeiten sein werde.

Die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer widersprach auf einer Pressekonferenz am Mittwoch mit deutlichen Worten: "Dieser Klimagipfel ist nicht der inklusivste Gipfel aller Zeiten. Er ist der fossilste Gipfel aller Zeiten."