UN-Generalsekretär António Guterres hat an die Weltgemeinschaft appelliert, trotz der Coronakrise im Kampf gegen den Klimawandel nicht nachzulassen.
2020 sei ein "so nie da gewesenes Jahr für die Menschen und den Planeten", sagte Guterres in New York anlässlich der Vorlage eines Berichts von mehreren UN-Organisationen zu Corona und Klima.
Die Pandemie habe das Leben auf der ganzen Welt durcheinandergebracht, gleichzeitig seien die globale Erwärmung und die Klimakrise aber weiter schnell vorangeschritten. Eine Chance liege darin, "die Erholung von der Pandemie als echte Gelegenheit zum Aufbau einer besseren Zukunft nutzen".
Guterres wählte drastische Worte. "Entweder stehen wir zusammen oder wir sind dem Untergang geweiht", sagte er.
Der Klimawandel sei "eine viel größere Bedrohung" als Corona und bedeute "eine existenzielle Gefahr für unseren Planeten und unser Leben", so der UN-Chef im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP und anderen Mitgliedern von "Covering Climate Now", einer globalen Kooperation von Medien, die sich für intensive Klimaberichterstattung einsetzen.
Die Fehlschläge bei der Bekämpfung der Pandemie in vielen Ländern hätten klar gezeigt, welche Gefahren aus der Uneinigkeit unter den Staaten erwachsen. Die Regierungen müssten daraus erkennen, dass es einen "Kurswechsel" brauche – im Energiesektor, im Verkehrswesen, in der Landwirtschaft, in der Industrie, "in unserer eigenen Lebensweise".
Guterres forderte unter anderen die Schaffung "grüner" Jobs, die Kopplung öffentlicher Hilfen für kriselnde Unternehmen an Nachhaltigkeit, die Umleitung öffentlicher Investitionen in Bereiche, die der Umwelt und dem Klima nutzen, sowie die Berücksichtigung von Klimarisiken im Finanzsystem.
Klima erhitzt sich unvermindert weiter
Laut dem UN-Bericht werden die globalen Treibhausgasemissionen infolge der Corona-Lockdowns voraussichtlich nur vier bis sieben Prozent unter dem Wert für 2019 liegen. Nach einem starken Rückgang um 17 Prozent im April ging die Kurve relativ schnell wieder nach oben, bereits im Juni betrug die Minderung nur noch fünf Prozent.
Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre sei unterdessen weiter gestiegen, so der Report. Petteri Taalas, Chef der Weltmeteorologieorganisation WMO, kommentierte: "Während viele Aspekte unseres Lebens im Jahr 2020 durcheinandergebracht wurden, ist der Klimawandel unvermindert weitergegangen, wie dieser Bericht zeigt." Die WMO ist eine UN-Sonderorganisation.
Covering Climate Now
Klimareporter° beteiligt sich wie rund 250 andere Zeitungen und (Online-) Magazine weltweit an der Initiative "Covering Climate Now". Die teilnehmenden Medien berichten vor allem im Zusammenhang mit UN-Aktivitäten verstärkt über die Klimakrise.
Die UN-Experten erwarten, dass die Jahre 2016 bis 2020 die wärmste Fünfjahresperiode seit Beginn der Aufzeichnungen sein werden. Die globale Durchschnittstemperatur wird danach wahrscheinlich 1,1 Grad Celsius höher als in vorindustrieller Zeit liegen, gegenüber der Periode 2011 bis 2015 wäre das ein Anstieg um 0,24 Grad.
Im Pariser Klimavertrag hat die Weltgemeinschaft eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 bis zwei Grad beschlossen. Geht die Erwärmung im gleichen Tempo wie zuletzt weiter, wäre der untere Schwellenwert folglich schon vor 2030 erreicht.
USA: Große Konzerne für CO2-Preis
Auch in der Finanzindustrie wächst unterdessen die Sorge wegen der globalen Erwärmung – sogar in den USA. Eine US-Finanzaufsichtsbehörde hat jetzt eindringlich vor den Folgen des Klimawandels für die Finanzmärkte gewarnt und die Politik aufgefordert, schnell zu handeln.
"Der Klimawandel stellt ein großes Risiko für die Stabilität des US-Finanzsystems und für seine Fähigkeit dar, die amerikanische Wirtschaft zu stützen", heißt es in einem Report, der in Washington von der Commodities and Futures Trading Commission (CFTC) veröffentlicht wurde, einer unabhängigen Regulierungsbehörde für bestimmte Finanzmärkte.
Unter den Empfehlungen für Gesetzgeber, Finanzaufsicht und Finanzsektor ist auch die baldige Einführung eines CO2-Preises. Das ist bemerkenswert, da in dem zuständigen Ausschuss der Kommission auch große Finanz-, Öl- und Agrarkonzerne vertreten sind, darunter Citigroup, Vanguard, Allianz, JP Morgan, BP und Conoco-Phillips. Der Bericht wurde einstimmig verabschiedet.