Der neue US-Präsident Joe Biden will am ersten Tag im Amt nicht nur dem Pariser Klimaabkommen beitreten, sondern auch den Bau der Erdölpipeline Keystone XL per Dekret stoppen.
Das wurde bereits am Sonntag vom kanadischen Sender CBC gemeldet und inzwischen von anderen Medien bestätigt. Damit erfüllt Biden ein Versprechen aus dem Wahlkampf.
Durch die knapp 2.000 Kilometer lange Keystone-XL-Pipeline sollte Öl aus der westkanadischen Provinz Alberta nach Nebraska und von dort weiter nach Port Arthur am Golf von Mexiko gepumpt werden.
Geplant war eine Kapazität von 830.000 Barrel Öl pro Tag. Keystone XL war seit Jahren umstritten. Der frühere US-Präsident Barack Obama hat ihren Bau im Jahr 2015 wegen der Klimakrise abgelehnt. Sein Nachfolger Donald Trump gab dann aber 2017 die Genehmigung zum Bau, der daraufhin auch begann.
Wegen der jahrelangen Auseinandersetzung um die Pipeline hat diese einen hohen symbolischen Wert sowohl für die Klimabewegung als auch für die Ölindustrie. Die Industrie warb damit, dass durch die Pipeline Arbeitsplätze geschaffen würden. Diese Sicht unterstützten auch die meisten US-Gewerkschaften.
Die Klimabewegung hingegen argumentierte, dass wegen der Pipeline die CO2-Emissionen steigen. Das hat zwei Gründe: Zum einen wird das kanadische Öl aus Teersanden gewonnen, bei deren Verarbeitung mehr Treibhausgasemissionen entstehen als bei konventionellem Öl.
Zum anderen hat Alberta zwar die drittgrößten Ölreserven der Welt, aber Schwierigkeiten, das Öl für den Export an eine Küste zu bringen.
Die US-Umweltbehörde EPA bestätigte im Jahr 2015 die Befürchtungen der Klimabewegung: "Der Bau der Pipeline wird die Wirtschaftlichkeit des Teersand-Abbaus verändern und zu einer höheren Produktion von Teersanden führen."
Und dies hätte erhebliche Folgen für das Klima: "Über die 50-jährige Betriebsdauer der Pipeline könnte dies bedeuten, dass bis zu 1,37 Milliarden Tonnen Treibhausgase zusätzlich in die Atmosphäre gelangen."
Ein Problem für Kanada – und für Deutschland
Das sieht die kanadische Regierung bis heute allerdings anders. Kanadas Botschafterin in Washington Kirsten Hillman sagte am Sonntag: "Keystone XL passt in Kanadas Klimaplan. Außerdem trägt die Pipeline zur US-Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit bei."
Während sich Kanadas Bundesregierung auf diplomatischen Wegen für die Pipeline einsetzt, ist die Provinz Alberta auch finanziell daran beteiligt. Die Provinzregierung unter Jason Kenney besitzt einen Anteil im Wert von 1,1 Milliarden US-Dollar an der Keystone-XL-Betreibergesellschaft.
Kenney hofft nun, dass er einen Teil dieses Geldes aus dem Verkauf von Altmetall zurückbekommt: "Wenn das Projekt endet, dann könnten Vermögenswerte verkauft werden, etwa riesige Mengen an Rohren. Das würde die Baukosten ausgleichen", sagte Kenney am Montag.
Außerdem wollen die Provinz Alberta und die Betreibergesellschaft TC Energy juristische Schritte prüfen. Bereits im Jahr 2016 hatte TC Energy gedroht, die USA entsprechend dem nordamerikanischen Freihandelsabkommen auf 15 Milliarden Dollar Schadenersatz zu verklagen.
Der Stopp von Keystone XL bringt aber nicht nur die kanadische Regierung in eine knifflige Situation, sondern auch die deutsche Bundesregierung. Indem Biden am ersten Arbeitstag eine internationale Pipeline per Federstrich stoppt, wirkt die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 noch anachronistischer.
Ob Biden die Sanktionen seines Vorgängers Trump gegen dieses Projekt abschwächen, beibehalten oder gar verschärfen wird, ist noch nicht bekannt. Eines hat Biden mit dem Keystone-XL-Stopp aber klargemacht: Zum Schutz des Klimas schreckt er auch vor umstrittenen Entscheidungen nicht zurück.