Überall dort, wo lokale Gemeinschaften mit Waldrechten ausgestattet sind, gibt es deutlich weniger Abholzung als dort, wo der Schutz des Baumbestands von staatlichen oder privaten Stellen kontrolliert wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie, die das World Resources Institute (WRI) am Donnerstag in Washington vorgestellt hat.
Die Forscher haben sich durch hochauflösende Satellitenbilder und zahlreiche Untersuchungen über den weltweiten Waldschwund gekämpft und die Auswertungen mit Daten über unterschiedliche Landeigentumsverhältnisse in 14 waldreichen Entwicklungsländern abgeglichen.
Die positiven Auswirkungen von Waldrechten auf das Klima sind demnach phänomenal. In Guatemala und Brasilien haben starke lokale Landbesitzrechte dafür gesorgt, dass die Entwaldungsrate um das Elf- bis 20-Fache geringer ist als die der staatlich oder privat kontrollierten Gebiete.
In Teilen der mexikanischen Halbinsel Yucatán waren sie sogar um das 350-Fache niedriger, so die Studie, die vom WRI und der Rights and Resources Initiative (RRI), einem auf Waldbesitzverhältnisse spezialisierten Netzwerk, herausgegeben wurde. Die Stärkung der Waldrechte lokaler Gemeinschaften ist eine wichtige Waffe im Kampf gegen den Klimawandel, schlussfolgern die beiden Organisationen.
"Wir wissen, dass mindestens 500 Millionen Hektar Wald in Entwicklungsländern in der Hand lokaler Gemeinschaften sind, die knapp 40 Milliarden Tonnen CO2 speichern", sagte RRI-Koordinator Andy White bei der Vorstellung der Studie. "Das ist eine unglaublich große Menge – das 30-Fache der Emissionen, die alle Personenkraftwagen auf der Welt produzieren.
Doch viele Rechte zum Schutz dieser Wälder sind sehr schwach, sodass das Risiko besteht, dass wir diese Wälder verlieren werden." White zufolge stellen die 500 Millionen Hektar nur ein Drittel der Gebiete dar, die lokale Gemeinschaften zu Recht beanspruchen.
Die Politik sensibilisieren
Der promovierte Forstwirt weist darauf hin, dass sich die Anerkennung indigener und anderer Gemeinderechte in den letzten fünf Jahren wieder verlangsamt hat – nachdem in den Jahren davor bemerkenswerte Erfolge erreicht worden waren. Doch nun biete sich die Chance, so White, Landrechte gegen den Klimawandel einzusetzen – eine Chance, die die Politik und die Gemeinschaft der Geber unbedingt nutzen sollten.
In den Entwicklungsländern gebe es eine lange Tradition, Wälder für landwirtschaftliche Zwecke oder für die Ansiedlung von Menschen und Bergbauaktivitäten abzuholzen, meint White. Von den gleichen Ländern höre man inzwischen, dass sie bestrebt seien, ihre Emissionen zu senken. "Bisher haben diese beiden Hände nicht zusammengefunden."
Für September hat UN-Generalsekretär Ban Ki-moon einen internationalen Sondergipfel zum Klimawandel einberufen. Im Dezember findet im peruanischen Lima die nächste Weltklimakonferenz statt. Im nächsten Jahr soll dann das globale Klimaabkommen stehen.
Nicht wenige Experten sind der Meinung, dass der Waldschutz das größte Potenzial hat, die CO2-Emissionen zu verringern. Doch bisher wird die Verbindung zu den lokalen Landrechten weitgehend ignoriert.
"Es ist wichtig, politische Entscheidungsträger auf diesen Zusammenhang hinzuweisen", meint Caleb Stevens vom WRI, einer der Leitautoren des neuen Berichts. "Industriestaaten können ihre Entwicklungshilfeorganisationen dazu anhalten, die Waldrechte als Teil bilateraler Abkommen zu stärken. Sie können sich ebenso dazu verpflichten, diese Rechte durch Finanzierungsmechanismen wie den Green Climate Fonds zu stärken."
Der wohl bekannteste, aber auch umstrittenste internationale Mechanismus zum Schutz der Wälder ist die Initiative REDD der Vereinten Nationen, für die seit 2008 etwa 200 Millionen US-Dollar in Entwicklungsländern ausgegeben wurden. REDD beinhaltet Kompensationszahlungen für überprüfbare CO2-Reduzierung durch Waldschutzmaßnahmen, nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Verbesserung der ökonomischen Situation von Waldbewohnern. Doch Kritiker bemängeln, dass das Potenzial des Programms bei Weitem nicht ausgeschöpft wird.
Vorreiterstaaten: Liberia, Kenia, Nepal, Bolivien
"REDD wurde geschaffen, weil man sich sehr wohl bewusst war, dass die Entwaldung ein wichtiger Teil unseres Klimaproblems ist", betont Antonio La Viña, der führende Wald- und Klimaunterhändler der Philippinen. "Doch was noch nicht allgemein verstanden wird, ist, wie effektiv Waldgemeinschaften ihre Wälder vor dem Einschlag schützen und gesund halten."
Wie Studien-Autor Stevens erläutert, fallen die Bemühungen der Länder, die lokalen Landeigentumsrechte zu stärken, unterschiedlich aus. In Liberia und Kenia sei man dabei, Gesetze zugunsten kommunaler Landrechte zu reformieren. Das Gleiche lasse sich über Bolivien und Nepal sagen, wo 40 Prozent der Wälder unter der Kontrolle lokaler Gemeinschaften stehen.
Ein Gerichtsurteil von 2013 gibt Indonesien nun den gleichen Kurs vor. "Es gibt noch immer viele Staaten, die sich dagegen sträuben, den Zugang für die Rohstoffindustrie und andere Branchen zu beschränken", sagt Stevens. "Aber andere Regierungen erkennen inzwischen die Grenzen ihrer Möglichkeiten, die von ihnen gemanagten Wälder zu schützen."
Mit dem Schutz ihrer Wälder trügen die lokalen Gemeinschaften schließlich auch zum Schutz von Gewässern und Artenvielfalt bei und leisteten einen Beitrag zur Armutsbekämpfung, ergänzt Andy White vom RRI. "Eigentlich ist es selbstverständlich, dass uns alle diese Fragen wichtig sind", meint er. "Aber selbst wenn es den Staaten allein um den Klimaschutz geht, sollten sie sich mit der Anerkennung der lokalen Waldrechte beeilen. Es ist so wichtig – und so einfach."