Reisende in der Abfertigungshalle eines Flughafens, durch das große Fenster ist zu sehen, wie die tief stehende Sonne auf das Rollfeld scheint.
Fliegen ist CO2-intensiv und vor allem eine Domäne wohlhabender Menschen. (Foto: Rudy und Peter Skitterians/​Pixabay)

Die Klimakrise ist ungerecht. Der mit Abstand größte Teil der Treibhausgase, die die Menschheit in den letzten 250 Jahren in die Atmosphäre gebracht hat, stammt von den reichen Industriestaaten.

Die USA haben seit 1751 rund 400 Milliarden Tonnen CO2 verursacht und damit 25 Prozent der Gesamtmenge.

Die EU-Länder, einschließlich Großbritannien als Mutterland der Industrialisierung, sind für rund 350 Milliarden Tonnen oder 22 Prozent verantwortlich.

China kommt mittlerweile auf rund 200 Milliarden Tonnen oder 13 Prozent. Indien, dessen Bevölkerung fast so groß ist wie die chinesische, hat bislang 50 Milliarden Tonnen CO2 emittiert.

Damit macht Indiens Beitrag drei Prozent der bisherigen Emissionen aus. Im Vergleich zu anderen Großemittenten ist das wenig. Aber es ist immer noch mehr, als der gesamte afrikanische Kontinent zusammen emittiert. Bislang hat Afrika gut 40 Milliarden Tonnen verursacht.

Auf der anderen Seite gehört Afrika zu den Weltregionen, die von den Folgen der Erderwärmung oft sehr viel stärker betroffen sind als die großen Verursacher. Genauso wie die kleinen Inselstaaten oder Bangladesch oder andere ärmere Länder. Diejenigen, die am wenigsten zur Krise beigetragen haben, müssen am meisten unter ihren Konsequenzen leiden.

Ein Gerechtigkeitsproblem gibt es aber nicht nur im globalen Maßstab. Auch innerhalb der reichen Länder geht es alles andere als fair zu, was den CO2-Ausstoß betrifft und damit die Mitverantwortung für die zunehmende Erderwärmung.

Je nach Einkommen ist der Beitrag zur Klimakrise höchst ungleich verteilt. Denn wer mehr Geld hat, kann mehr Geld ausgeben und damit auch mehr Emissionen verursachen – mit Flugreisen, Zweit- und Drittautos, großen Wohnungen und einem insgesamt ressourcenintensiveren Lebensstil. Untersuchungen zufolge spielt das Umweltbewusstsein hier keine Rolle, sondern nur das Einkommen.

Wie gewaltig die Unterschiede sind, zeigt nun eine britisch-norwegische Studie über die Pro-Kopf-Emissionen in der EU. Die einkommensstärksten zehn Prozent der Haushalte verursachen demnach 27 Prozent der gesamten CO2-Last. Das ist sogar noch etwas mehr als der Beitrag der untersten Hälfte, die auf lediglich 26 Prozent kommt.

Noch deutlicher wird die Diskrepanz, wenn man das oberste eine Prozent anschaut. Die Haushalte mit dem größten Wohlstand haben einen jährlichen Pro-Kopf-Ausstoß von 55 Tonnen CO2. Der Durchschnittswert liegt in Europa bei rund acht Tonnen – also rund siebenmal niedriger.

Für ihre Studie haben die Umweltökonomin Diana Ivanova von der Universität Leeds und der Industrieökologe Richard Wood von der Uni NTNU in Trondheim die Daten von 275.000 Haushalten in 26 EU-Ländern untersucht. Die Daten stammen aus Vor-Corona-Zeiten.

Vor allem Flüge lassen die Pro-Kopf-Emissionen steigen

Vor allem Flugreisen sind es, die den CO2-Fußabdruck der reichsten Haushalte so enorm anschwellen lassen. Bei dem obersten einen Prozent machen sie gut zwei Fünftel der Pro-Kopf-Emissionen (41 Prozent) aus. Ein weiteres Fünftel (21 Prozent) wird von Autofahrten verursacht.

Insgesamt ist Fliegen den Daten zufolge eine besonders ungleiche Angelegenheit. Geflogen wird fast ausschließlich von den obersten zehn Prozent, die am meisten CO2 verursachen. Dass Kerosin nicht besteuert wird und internationale Flugtickets in der Regel von der Mehrwertsteuer befreit sind, ist deshalb zuallererst eine Subventionierung relativ wohlhabender Menschen.

Relativ, weil die Gruppe, die zum obersten einen Prozent zählt, nicht nur aus Superreichen besteht. "Es sind nicht nur die Reichen mit Privatjet", stellen die beiden Forschenden klar. Im Schnitt verfügen diese Haushalte über ein jährliches Netto-Einkommen von 40.000 Euro pro Kopf.

Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, darf nur noch eine bestimmte Menge an Treibhausgasen emittiert werden.

Auch bei diesem sogenannten CO2-Budget wiederholt sich die Ungerechtigkeit. Reiche Länder genauso wie reiche Haushalte nehmen das schwindende Budget überproportional in Anspruch. Bis 2030 müssten die Emissionen eigentlich so weit sinken, dass pro Kopf nur noch höchstens 2,5 Tonnen im Jahr verursacht werden.

Von diesem Wert sind insbesondere die reichen Haushalte in der EU meilenweit entfernt. Ein Pro-Kopf-Ausstoß von 55 Tonnen entspricht dem 22-Fachen der eigentlich erforderlichen 2,5 Tonnen. Nur fünf Prozent der EU-Haushalte bleiben unter dem Grenzwert. Die übrigen 95 Prozent müssen ihren CO2-Fußabdruck reduzieren.

Der Politik empfehlen die Forschenden, den Flugverkehr nicht länger zu subventionieren und bestehende Anreize für klimaschädliches Verhalten abzubauen. Auch Änderungen beim Straßenverkehr mahnen sie an, etwa die Förderung des Fuß- und Fahrradverkehrs sowie von Bussen und Bahnen.

"Die Erweiterung von Flughäfen, der Bau neuer Straßen und umweltschädliche Subventionen", sagen sie, "legen uns auf eine Zukunft fest, in der wir weniger Chancen haben, die Klimaziele zu erreichen und ein gutes Leben für alle in Europa und in der Welt."

Der Beitrag wurde am 16. September aktualisiert.

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