Ein Mann stapelt mit einem Radlader Tropenholzstämme auf, im Hintergrund Wald.
In Brasilien nahm die Abholzung gegen den Trend um drei Prozent zu. (Foto: Tarcisio Schnaider/​Shutterstock)

Als ein Highlight des Glasgower Klimagipfels vor einem Jahr galt der Beschluss, die Zerstörung von Wäldern bis 2030 zu stoppen. Schon damals warnten Experten vor leeren Versprechungen. Einem aktuellen Bericht zufolge wird der Großteil der Länder nach heutigem Stand die Verpflichtung tatsächlich nicht erfüllen.

Der Forest Declaration Assessment genannte Bericht erschien Ende Oktober. Er entstand durch Kooperation wissenschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Institutionen, darunter die Weltnaturschutzunion IUCN und große Umweltorganisationen wie WWF und The Nature Conservancy.

Laut dem Report müssten die Staaten die Entwaldung jedes Jahr um zehn Prozent verringern, um ihr Ziel in den verbleibenden acht Jahren zu erreichen und 350 Millionen Hektar degradierter Waldfläche wiederherzustellen. Das Wiederherstellungsziel wurde bereits 2014 in der New York Declaration on Forests festgehalten und in Glasgow bekräftigt.

Tatsächlich ist laut dem Bericht die Abholzung 2021 gegenüber dem Zeitraum 2018 bis 2020 aber nur um insgesamt 6,3 Prozent zurückgegangen, in den feuchtwarmen Tropen sogar nur um 3,1 Prozent.

In Brasilien, Bolivien, Kongo und Paraguay – vier der fünf Länder mit den höchsten Entwaldungsraten – nahm die Abholzung im vergangenen Jahr sogar noch zu, in Brasilien und Kongo um drei Prozent gegenüber dem Zeitraum 2018 bis 2020. In Paraguay stieg der Wert um ein Prozent, in Bolivien um sechs Prozent an. Nur in Indonesien ging die Abholzung um 25 Prozent zurück.

Indonesien sei es sogar gelungen, die Abholzung von Urwäldern in jedem der vergangenen fünf Jahre zu verringern, loben die Autor:innen des Berichts. Auch der Nachbarstaat Malaysia mache Fortschritte im Kampf gegen die Entwaldung. Somit sind die tropischen Regionen Asiens als derzeit einzige Weltregion auf dem Weg, die Abholzung rechtzeitig bis 2030 zu beenden.

Zwar hätten auch die tropischen Regionen Lateinamerikas und Afrikas im vergangenen Jahr Fortschritte gemacht, heißt es weiter. Allerdings geschehe bislang nicht genug, um wirksam gegen den umfassenden Waldverlust vorzugehen.

"Landrechte indigener Gemeinschaften zu wenig beachtet"

Bei ihren Analysen orientierten sich die Verfasser:innen unter anderem am "Forest Landscape Integrity Index" (FLII). Jährlich erfasst dieser Index den weltweiten Zustand der Wälder unter menschlichem Einfluss. Zu den Haupttreibern der Abholzung gehören die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Weideflächen, Holz sowie fossilen Brennstoffen.

Im vergangenen Jahr nahm die Waldzerstörung gegenüber den Jahren 2018 bis 2020 weiter zu, allerdings geschah dies langsamer als im Vergleichszeitraum. Falls dieser Trend anhält, könnte der Verlust von Waldfläche nach Ansicht der Autor:innen tatsächlich noch im vereinbarten Zeitrahmen gestoppt werden.

Zurzeit mangele es dafür aber an Reformbereitschaft bei den Regierungen. Bei der Vorstellung des Berichts sagte Mitautorin Erin Matson von der Organisation Climate Focus, beim Waldschutz brauche es mehr verbindliche Maßnahmen, Vorschriften für geschützte Gebiete und finanzielle Anreize für den Privatsektor. Die Staaten sollten ihre Investitionen transparent in Zwischenberichten festhalten und an die Öffentlichkeit kommunizieren.

Veränderungsbedarf sieht auch Constance McDermott von der Universität Oxford. Der Wissenschaftlerin zufolge geht es in den Debatten um Abholzung zu wenig um die Rechte indigener und lokaler Gemeinschaften, die vom Wald abhängig sind und eigene, wirksame Konzepte zum Erhalt dieser Lebensräume entwickelt haben. Diese Gemeinschaften müssten unterstützt werden, vor allem durch die Sicherung von Landrechten.

Die in dem Bericht erhobenen Daten beziehen sich zunächst nur auf 2021. Ein klareres Bild der Fort- oder Rückschritte im Kampf gegen Entwaldung wird sich Matson zufolge erst in den kommenden Jahren zeigen, wenn weitere Berichte vorliegen. Doch vielleicht reicht ja die aktuelle Bestandsaufnahme aus, um den Regierungschefs beim jetzigen Weltklimagipfel in Ägypten einen Denkanstoß zu geben.

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