Das Jahr 2100. Es wäre eine Welt, die man nicht wiedererkennt. Die Alpengletscher – zu 80 Prozent abgeschmolzen. Der Meeresspiegel – um bis zu 110 Zentimeter angestiegen. Viele der Küstenregionen weltweit, in denen heute 680 Millionen Menschen leben – überspült und unbewohnbar.
Der Weltklimarat IPCC hat in dieser Woche den dritten Sonderbericht binnen eines Jahres vorgelegt, der zeigt, wie dramatisch der menschengemachte Klimawandel das Leben auf diesem Planeten bis Ende des Jahrhunderts verändern wird, wenn nicht kräftig gegengesteuert wird.
Diesmal ging es – nach den beiden Reports zu den Vorteilen des 1,5-Grad-Limits und zu den Veränderungen der Landgebiete der Erde – um die Ozeane und die Eisregionen.
Beschwörend klingen die Warnungen der von den Vereinten Nationen beauftragten Wissenschaftler. Auch diesmal wieder. "Die Dringlichkeit für rechtzeitiges, ehrgeiziges, koordiniertes und dauerhaftes Handeln" werde größer, heißt es in dem Bericht.
Und fast mantrahaft folgt dann die Durchhalteparole: Noch sei es nicht zu spät, um die schlimmsten Folgen der Erderwärmung abzuwenden. Aber eben nur dann, wenn sofort umgesteuert wird. In dem 1,5-Grad-Bericht war zu lesen, was nötig ist: Halbierung der globalen Treibhausgas-Emissionen bis 2030 und Herunterfahren auf netto null bis 2050.
Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.
Der Druck für die Politiker, endlich zu handeln, könnte größer nicht sein. Und doch scheinen sie paralysiert.
Die jüngste Analyse der Experten vom europäischen Thinktank Climate Action Tracker zeigt, dass ohne Kurskorrektur die 1,5-Grad-Grenze schon etwa im Jahr 2035 überschritten sein dürfte und das Zwei-Grad-Limit kurz nach der Jahrhundertmitte.
Anno 2100 wären dann voraussichtlich 3,2 Grad erreicht – und mithin bereits Kippelemente des Weltklimas angestoßen, die eine weitere rasante Erwärmung unaufhaltsam machen würden. Das wäre dann der Weg in eine "Super-Heißzeit", in der zu leben man wirklich niemandem wünschen kann.
Mit den drei Berichten haben die IPCC-Experten getan, was sie tun konnten. Die dramatischen Folgen des business as usual stehen klar als Zeichen an der Wand. Wenn das nicht ausreicht, um die Regierungen zu bewegen, ihre Versprechungen aus dem Pariser Klimavertrag wahrzumachen und die CO2-Ziele zu verschärfen, was bleibt dann noch?
Vielleicht muss auch der IPCC in Streik treten, bis sich etwas tut.