Eine Aufnahme des Aletsch-Gletscher in den Schweizer Alpen
Auch der Große Aletsch in der Schweiz, flächenmäßig größter und mit 23 Kilometern längster Alpengletscher, hat schon an Volumen eingebüßt. (Foto: Igor Šperka/Wikimedia Commons)

Weltweit schmelzen die Gletscher immer schneller ab. Bis zur Mitte des Jahrhunderts könnten sich die Alpengletscher um rund die Hälfte verkleinern. Das haben Forscher von der ETH Zürich errechnet. Ihre jetzt im Fachjournal The Cryosphere veröffentlichte Studie berücksichtigt erstmals die Bewegung des schmelzenden Eises. Mit einem Computermodell haben die Forscher Eisströmungs- und Schmelzprozesse simuliert und die Ergebnisse mit beobachteten Daten abgeglichen.

Wie sich die rund 4.000 Gletscher in den Alpen nach 2050 entwickeln, hängt maßgeblich vom Zustand des Klimas ab. Die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre wird sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts spürbar auf die globalen Durchschnittstemperaturen auswirken. ​

Zudem reagieren die Eismassen äußerst träge. Vor allem tiefer gelegene Gletscher sind noch deutlich vom kühleren Klima der Vergangenheit geprägt. "Selbst wenn es uns gelingt, die Erwärmung des Klimas zu stoppen und es auf dem Niveau der letzten zehn Jahre zu halten, würden die Gletscher aufgrund dieser 'Gletscherreaktionszeit' bis 2050 immer noch etwa 40 Prozent ihres heutigen Volumens verlieren", sagte Studienmitautor Harry Zekollari von der ETH.

Wenn die Aufheizung des Planeten ungebremst fortschreitet, werden die Alpen am Ende des Jahrhunderts weitgehend eisfrei sein: Die Forscher prognostizieren für die Gletscher dann einen Volumenverlust von 80 bis 94 Prozent.

Wenn die Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur auf weniger als zwei Grad begrenzt wird, würden noch rund zwei Drittel des heutigen Gletschervolumens verloren gehen. Ein Drittel bliebe der Region erhalten.

Der erwartete Verlust hätte nicht nur massive Konsequenzen für die alpinen Ökosysteme mit vielen einmaligen Arten, sondern auch für die Trinkwasserreservoirs, die aus den Gletschern gespeist werden, und die bestehenden Wasserkraftwerke.

Gletscherschmelze lässt Meeresspiegel ansteigen

Zwar haben die europäischen Gletscher schon deutlich an Masse eingebüßt, aber ihr Beitrag zum Anstieg des Meeresspiegels ist wegen ihrer begrenzten Größe vergleichsweise gering. Weltweit betrachtet haben aber die Gletscher sowie die Eisschilde in Grönland und der Antarktis seit 1961 insgesamt über 9.000 Milliarden Tonnen Eis verloren und den Meeresspiegel um 27 Millimeter ansteigen lassen. Das ergab eine weitere Studie unter Leitung der Universität Zürich.

Vor allem die Eisverluste der Gletscher in Alaska, den patagonischen Eisfeldern und den arktischen Gletscherregionen haben den Anstieg des Meeresspiegels verursacht. Ähnlich wie die europäischen Alpengletscher haben zwar auch die Gletscher im Kaukasus und in Neuseeland viel Eis verloren, trugen aber nur wenig zum Meeresspiegelanstieg bei.

In den vergangenen 30 Jahren hat sich dabei der Gletschereisschwund weltweit beschleunigt. Derzeit liegt der Massenverlust bei 335 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr. "Weltweit verlieren wir derzeit rund dreimal das verbleibende Gletschervolumen der europäischen Alpen – und das jedes Jahr", warnte der Glaziologe Michael Zemp von der Universität Zürich.

Der Verlust entspricht einem Anstieg des Meeresspiegels von einem Millimeter. Zwischen 25 und 30 Prozent trägt die Gletscherschmelze somit zum heutigen Meeresspiegelanstieg bei. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Nature erschienen.