Nach der ersten Aufregung um die "grüne" 16-Cent-Erhöhung bei Benzin stellt sich heraus: Mit dem von der Koalition beschlossenen nationalen CO2-Preis kommen die 16 Cent Plus auch – nur eben erst 2025. Die Grünen wollen das lediglich auf 2023 vorziehen.
Bezogen auf den Liter Benzin macht der Preisunterschied zwischen Koalition und Grünen genau genommen nur einen einzigen Cent für die Zeit von 2023 bis 2025 aus.
Das bringt die SPD offenbar in Erklärungsnot, gerade im anlaufenden Bundestagswahlkampf. In einem Klimareporter° vorliegenden Grundsatzpapier zum Klimaschutz bezeichnen die nicht namentlich genannten Autoren, mutmaßlich SPD-Umweltpolitiker aus Bundestag und Regierung, den CO2-Preis als "ein wichtiges Instrument, aber eben nur eines unter mehreren".
"Klimaziele sozial gerecht erreichen – klimaneutrale Alternativen schaffen" heißt das Papier. Aus der SPD-Bundestagsfraktion verlautete dazu nur, die Unterlage spiegele einen Teil der aktuellen Diskussionen innerhalb der Fraktion wider. Es sei immer möglich, dass Teile davon Eingang in weitere Papiere und Beschlüsse fänden.
Die SPD verteidigt in dem Papier zunächst ihr Festhalten am beschlossenen CO2-Preispfad bis 2025. Damit könnten "alle beim Umstieg mitmachen" und würden "nicht kurzfristig finanziell überfordert".
Bei dem von den Grünen vorgeschlagenen Energiegeld von 75 Euro ist aus Sicht der SPD "ungeklärt", wie es finanziert werden soll und ob dann noch genügend Gelder zum Beispiel für die Abschaffung der EEG-Umlage zur Verfügung stünden.
Junges Paar pendelt aus alter Wohnung mit zwei Gebrauchtwagen
Gewissermaßen als Kronzeugen gegen den höheren CO2-Preis der Grünen führt die SPD in dem Papier ein "junges Ehepaar in einer 75-Quadratmeter-Wohnung aus den 1950er Jahren mit Ölheizung" an. Das Paar wohne im Umland einer Großstadt und beide Partner würden zu unterschiedlichen Zeiten mit ihren gebrauchten Autos in die 20 Kilometer entfernte Stadt pendeln müssen, heißt es weiter.
Diesem – offenbar maximal – vom steigenden CO2-Preis betroffenen "jungen Ehepaar" helfe ein Pro-Kopf-Klimageld "nicht viel", schreiben die SPD-Politiker. Das Paar würde deutlich mehr zahlen, "ohne derzeit eine Alternative zu haben für den Umstieg". Unter den Umständen habe ein CO2-Preis, der "zu schnell" erhöht werde, keine Lenkungswirkung, sondern wirke als "Bestrafung einer Lebensweise".
Das Beispiel wirkt nicht nur konstruiert, sondern regelrecht abgekupfert von Angaben des Ölheizungs-Lobbyverbandes IWO, wonach in Deutschland noch rund 5,6 Millionen Ölheizungen im Einsatz seien, vor allem in Ein- und Zweifamilienhäusern im ländlichen Raum.
Nachprüfbare Angaben darüber, wie viele junge Ehepaare es gibt, wo beide Partner mit eigenen Autos 20 Kilometer in die Stadt pendeln, gibt es nach bisheriger Kenntnis nicht. Auch die SPD sagt in dem Papier nichts dazu.
Tatsächlich zählen insbesondere die zentralen Ölheizungen laut der jüngsten Bilanz des Energiebranchenverbandes BDEW zu den "Dinos" in den Heizungskellern, die "weder energieeffizient noch kostensparend und schadstoffarm heizen", wie es beim BDEW heißt.
Anders gesagt: Die Sozialdemokraten wollen, dass junge Ehepaare mit ihrem schmalen Geldbeutel lieber eine alte, klimaschädliche Heizung am Leben erhalten.
Keine grundsätzlichen Hürden für Klimaprämie
Bis 2025 will die SPD laut dem Arbeitspapier ganz auf eine Entlastung durch die Abschaffung der EEG-Umlage setzen. Diese Entlastung beziffert das Papier für eine dreiköpfige Familie auf rund 230 Euro im Jahr.
Das erscheint realistisch bei einem vermutlich angenommenen Jahresverbrauch von rund 3.500 Kilowattstunden. Die 230 Euro entsprechen in der Größenordnung übrigens den 75 Euro Pro-Kopf-Prämie der Grünen – bei der SPD träte die volle Entlastung aber erst ab 2025 ein.
Für die Zeit ab 2027 hält das SPD-Papier an den bisherigen Plänen fest, dass der CO2-Preis über den Markt ermittelt werden soll. "Nachfrage und Angebot bestimmen den Preis", ist dazu zu lesen. Das werde dazu führen, "dass der Preis weiter steigen wird".
Diese steigenden Preise machten nach Abschaffung der EEG-Umlage "weitere sozial gerechte Ausgleichsmaßnahmen" erforderlich. Und weiter: "Das könnte auch ein Instrument wie die aktuell diskutierte Klimaprämie sein, also eine Pro-Kopf-Rückerstattung."
Bei der Einführung einer Klimaprämie gebe es noch "erhebliche Hürden in der Umsetzung", räumt das Papier ein. Dafür seien "jetzt die verwaltungstechnischen und -rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen".
Also: Für die SPD könnte es ebenfalls eine Klimaprämie geben, wenn auch wegen der Verwaltungsprobleme erst ab 2027.
Der Beitrag wurde um 17.30 Uhr ergänzt (Information aus der SPD-Fraktion).