Regentropfen fallen auf eine Wasseroberfläche
Lang anhaltender Regen könnte das Wasserdefizit im Boden wieder ausgleichen. (Foto: Lillaby/Pixabay)

Die frühere grüne Parteivorsitzende Simone Peter, heute Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie, beklagte jüngst in einem Tweet, dass ihr zu Hause die Obstbaumblüten erfroren seien. So etwas ist natürlich bedauerlich, aber so ist das mit der Natur. Sie ist notorisch wankelmütig, nie ist auf sie Verlass. Doch so folgenreich wie 2017 war der Kälteeinbruch dieses Mal zum Glück nicht. Die Bauern, immer auf der Jagd nach neuen Subventionen, meldeten bislang keine größeren Schäden.

Dabei war vor ein paar Wochen noch zu lesen, dass ein neuer Hitze- und Dürresommer unmittelbar bevorstehe. DPA hatte eine Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes ein wenig zugespitzt, woraufhin andere Medien noch eine Schippe drauflegten:

Bild online: "Jetzt schon zu trocken – Katastrophenalarm, Waldbrände! Deutschland droht nächster Sahara-Sommer"

Bild: "Meteorologen sicher! Sahara-Sommer mit Mega-Dürre droht"

Die Welt: "Dürre: Die Wüste vor der Haustür"

Focus: "Dauer-Dürre trocknet Deutschland aus: Wird jetzt das Trinkwasser knapp?"

RTL: "Angst vor der Super-Dürre: Droht uns ein Sahara-Sommer?"

Die größte deutsche Nachrichtenagentur hatte mit ihrer Husarenmeldung zwar einen "Durchläufer" gelandet, musste jedoch zerknirscht zurückrudern. Über die massive Dürre in den Köpfen mancher Schreiber und den "Sahara-Sommer-Journalismus" machte sich dann sogar die Taz lustig.

Dabei hatte die Behörde nur orakelt: "Sollte die trockene Witterung in den kommenden Monaten anhalten, könnte sich die Dürre des Jahres 2018 wiederholen oder sogar übertroffen werden."

Dann kamen der Regen und die Kälte

Genauso gut hätte der Mann sagen können: Wenn es die nächsten Tage morgens nicht hell wird, könnte es dunkel bleiben – oder so ähnlich. DPA hätte dann vielleicht getextet, dass der Mann nicht ausgeschlossen habe, dass es nie mehr hell werde, woraufhin Bild getitelt hätte: Sonnen-Aus: Droht uns ewige Finsternis?"

Jedenfalls zeigten sich in der Folge diverse Politiker "besorgt" über den angeblich bevorstehenden Endzeit-Sommer. Der Bauernverband übermittelte eine "gewisse Nervosität" angesichts des ausbleibenden "Aprilwetters", woraufhin die Bundesregierung versicherte, die Sorgen der Landwirte ernst zu nehmen. Irgendeine Landes-Agrarministerin schloss Dürrehilfen aus und auch der Bundesgartenschau in Heilbronn machten laut DPA "die Wetterextreme zu schaffen". So weit, so absehbar.

Foto: Monika Höfler

Der Kolumnist

Der Autor und Journalist Georg Etscheit lebt in München – und regt sich leidenschaftlich gern über die kleinen und großen Stressmomente des Alltags auf.

 

Dann kamen der Regen und die Kälte. Diesmal warb der diensthabende Meteorologe des DWD um Verständnis bei möglicherweise enttäuschten Sonnenanbetern, die sich über das strahlende Osterwetter zuvor unverschämterweise noch gefreut hatten: Das durchwachsene Wetter, gab DPA den Mann wieder, "sei nicht im klassischen Sinne schön, aber zumindest für die Natur erfreulich, die bisher unter dem fehlenden Regen leide". Das war immerhin sensibler formuliert, als es die Bild-Hysteriker vermocht hätten.

Nun haben wir bald Ende Mai und müssen immer noch bibbern und den Regenschirm mit uns herumschleppen. Und man muss wieder Angst um die Obstblüte haben und den neuen Weinjahrgang. Aber die Bilder brennender Wetterkerzen im Weinberg und besorgt in den grauen Himmel schauender Bauern machen sich wieder sehr gut auf der Panoramaseite.

Damit aber genug der Medienschelte. Ich möchte nämlich eine Lanze für die Kälte brechen. Ich finde einen feuchtkühlen Mai toll und wäre sehr traurig, wenn ihm der Klimawandel den Garaus machen würde. Der Englische Garten in München ist jetzt herrlich grün und menschenleer. Ideal, um den Hund frei laufen zu lassen. Wenn die Sonne scheint und alles voller Menschen ist, versucht Poldi nämlich immer, sich gegen meinen Willen über die überall herumliegenden Pizzareste herzumachen.

Und die Landwirte hören vielleicht endlich einmal auf zu jammern: Mai kühl und nass füllt dem Bauern Scheun' und Fass. Schade wäre nur, wenn die kleinen Kohlmeisen, die sich in dem Nistkasten auf meinem Balkon eingerichtet haben, wegen der kühlen Witterung ihre Brut nicht durchbrächten. Im Zweifelsfall starten sie einen zweiten Versuch. Die Natur ist da flexibel.