Moderne Gebäude aus Glas und Stahl in der Berliner City Ost, an einem Sommertag von einer neuen Spreebrücke aus gesehen, im Hintergrund die Charité.
Auch in Berlin ist während einer Hitzewelle der Aufenthalt in der Innenstadt besonders gefährlich. (Foto: Falco Oberhausen/​Pixabay)

Sommer mit extremer Hitze können gefährlich sein, besonders für ältere Menschen, Vorerkrankte, Schwangere, Kinder und Menschen, die im Freien arbeiten. Da sie aufgrund des Klimawandels häufiger werden, braucht es Hitzeaktionspläne, um sie besser zu schützen.

Doch in Deutschland sind diese Pläne, anders als etwa in Frankreich, eine Rarität. Berlin geht hier nun beispielhaft voran. Dort wurde ein solcher Aktionsplan erstmals gemeinsam mit vielen Akteurinnen und Akteuren des Gesundheitswesens aufgestellt.

Verstärkte Hitze ist eines der größten durch die Klimakrise verursachten Gesundheitsrisiken. In diesem Jahr zeigt sich das besonders drastisch in Indien und Pakistan, wo in einer bereits monatelang anhaltenden Hitzewelle Temperaturen von bis zu 50 Grad erreicht wurden.

Auch in Deutschland wird es Prognosen zufolge zukünftig zu deutlich mehr heißen Tagen mit weit über 30 Grad Celsius und "tropischen Nächten" kommen, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt. Und die hohen Temperaturen lassen die Sterblichkeit steigen. So gab es allein in Berlin und Brandenburg in den Jahren 2018 bis 2020 laut offizieller Statistik rund 1.400 "Hitzetote".

Die Gesundheitsrisiken durch Hitze können jedoch schnell und deutlich reduziert werden, wie Frankreich, Spanien und Italien zeigen, die Hitzeaktionspläne aufgelegt haben. Vorbild ist hier vor allem Frankreich, wo der Extremsommer 2003 rund 35.000 Opfer forderte, was einen großen Schock auslöste. Dort gibt es inzwischen den landesweit gültigen vierstufigen "Plan canicule".

Die französischen Kommunen haben zu Beispiel ein Register mit älteren, alleinstehenden Personen eingeführt, die als besonders gefährdet gelten und dann bei anhaltender Hitze Hilfe von Sozialdiensten bekommen. Rathäuser bieten gekühlte Räume und Versorgung für jene an, die sich nicht selbst helfen können.

Land Berlin jetzt mit Hitzeschutz-Bündnis

In Berlin hat sich nun ein "Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin" gegründet, das ebenso konsequent handeln will. Es ist das erste solche Bündnis deutschlandweit. Ihm gehören die Senatsverwaltung für Wissenschaft und Gesundheit, die Ärztekammer Berlin und das Netzwerk "Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit" (Klug) an. Das Bündnis präsentierte seine Pläne am heutigen Montag in Berlin.

Gemeinsam mit Berliner Fachleuten von Partnerorganisationen wurden Hitzeschutzpläne mit Checklisten für fünf Sektoren des Gesundheitswesens erarbeitet – darunter Krankenhäuser, Pflegeheime, ambulante Pflege, öffentlicher Gesundheitsdienst, Feuerwehr und Katastrophenschutz. Das soll zum Beispiel sicherstellen, dass Kliniken, Heime und Arztpraxen durch eine funktionierende Warnkette frühzeitig auf Hitzewellen hingewiesen werden und entsprechende Vorkehrungen treffen können.

Weitere Maßnahmen sind etwa: Speise- und Trinkpläne anpassen, Listen gefährdeter Patienten erstellen, maßgeschneiderte Lüftungs- und Verschattungskonzepte erarbeiten. Hitzekrankheiten, Hitzeschutzmaßnahmen und Eigenschutz sollen zudem Bestandteil der Ausbildung werden.

Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) kündigte an, die Hitzeschutzpläne würden nun zügig im Berliner Gesundheitswesen bekannt gemacht und umgesetzt, "denn die nächste Hitzewelle mit Gefahren für die Gesundheit der Berliner Bevölkerung kommt bestimmt".

"Gefahr im Verzug"

Ärztekammer-Präsident Peter Bobbert und Klug-Chef Martin Hermann betonten, dass schon heute viele Menschen infolge der Klimakrise sterben, auch hierzulande und besonders in Ballungsräumen wie Berlin. Den meisten Menschen in Deutschland sei das nicht klar.

Es sei "Gefahr im Verzug", sagte Hermann gegenüber Klimareporter°, wie die Hitzewelle vom letzten Wochenende gezeigt habe, die in diesem Jahr ungewöhnlich früh aufgetreten sei. Dass Berlin mit dem breit verankerten Hitzeaktionsplan nun vorangehe, sei ein wichtiges Signal "auch für andere Städte und Bundesländer".

Was macht die Hitze mit dem Körper?

Thrombose, Überhitzung, Herzschwäche, Nierenversagen – heiße Tage befördern Krankheiten, die sogar zum Tod führen können. Auch Sonnenstich, Sonnenbrand und Kreislaufprobleme sind typisch.

Was tun bei Hitze?

Erst mal das Naheliegende: den Schatten suchen und körperlich anstrengende Aktivitäten vermeiden. Um gesund durch die Hitzewelle zu kommen, sollte man außerdem viel trinken – und zwar am besten lauwarme oder sogar warme Getränke. Eiskaltes erschwert dem Körper die Temperaturregulierung. Alkohol befördert die Gefahr eines Kreislaufkollapses, sollte also mit Vorsicht konsumiert werden.

Wer ist besonders gefährdet?

Kleine Kinder sowie alte Menschen leiden an heißen Tagen besonders. Für Menschen mit Vorerkrankungen ist das Risiko ebenfalls größer. (scz)

In Deutschland gibt es keinen nationalen Hitzeaktionsplan, wie ihn etwa die Bundesärztekammer fordert. Die Ampel-Regierung arbeitet jedoch an einer Klimaanpassungsstrategie, die auch die "Hitzevorsorge" umfassen soll. Die Verantwortung zur Entwicklung von Hitzeaktionsplänen liegt bei den Bundesländern, Kommunen und den Trägern von Gesundheitseinrichtungen.

Der Stand ist hierbei sehr unterschiedlich. Einige Länder wie Baden-Württemberg oder Mecklenburg-Vorpommern wollen keine landesweiten Pläne aufstellen, in anderen sind sie in Vorbereitung. In Hessen soll der Hitzeaktionsplan im kommenden Frühjahr fertig sein.

Seit 2004 gibt es in Hessen aber schon ein sehr differenziertes Hitzewarnsystem, das der Deutsche Wetterdienst mit Sitz in Offenbach verantwortet. Auslöser war auch hier der Extremsommer von 2003. Klug-Experte Hermann sagte, das Bundesland sei in dem Bereich vergleichsweise gut aufgestellt.

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