Peter Altmaier will den schleppenden Ausbau der Stromnetze beschleunigen. Bei einem Besuch der Bundesnetzagentur in Bonn zum Auftakt seiner Sommerreise stellte der Bundeswirtschaftsminister am Dienstag einen "Aktionsplan Stromnetz" vor.
"Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir moderne und gut ausgebaute Netze genauso wie den Ausbau erneuerbarer Energien", sagte der CDU-Politiker. "Doch beim Ausbau der Netze ist Deutschland im Verzug, das verursacht Kosten für die Verbraucher."
In seinem neuen Plan sieht Altmaier beispielsweise kürzere Planungsverfahren für bestimmte Ausbauvorhaben vor, außerdem will er das Vorschlagsrecht der Länder für Alternativplanungen einschränken. Mögliche Alternativen seien schließlich von vornherein zu berücksichtigen, heißt es im Aktionsplan.
Außerdem soll es möglich sein, den Bau einer Trasse schon anzufangen, wenn für einen kleinen Teil des Projekts noch die Genehmigung fehlt. Dazu sind gesetzliche Änderungen nötig. Im Herbst will Altmaier deshalb einen Entwurf für eine Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (Nabeg) vorlegen.
"Immerhin ein Fortschritt"
Nach aktuellen Zahlen der Bundesnetzagentur sind von den insgesamt erforderlichen 7.700 Kilometern neuer Netze derzeit erst 1.750 Kilometer genehmigt. Nur etwas mehr als die Hälfte davon ist tatsächlich gebaut. In Altmaiers Aktionsplan geht es aber auch darum, die bestehenden Netze besser zu nutzen. Dazu will er zum Beispiel auf intelligente Netze setzen.
Die Energiewirtschaft wünscht sich Altmaiers Plan etwas konkreter. Stefan Kapferer, Geschäftsführer des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), vermisst nach eigener Aussage "konkrete und belastbare Zeitpläne für die Umsetzung dieser Maßnahmen".
Die Grünen-Energiepolitikerin Ingrid Nestle sieht in Altmaiers Plan einen Fortschritt – "immerhin". Endlich habe man das Potenzial der schon bestehenden Leitungen erkannt, so Nestle. Sie kritisiert Altmaier allerdings für seine sonstige Energiewende-Politik. "Umso unverständlicher ist, dass die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien mit Verweis auf die Netze aktiv bremst."
"Über die Köpfe der Bürger"
Es ist ein Argument, das man häufig hört: Um die schwankenden Mengen erneuerbaren Stroms managen zu können, brauche es erst mal neue Netze.
Auf der anderen Seite ist das Stromnetz nicht nur wegen der erneuerbaren Energien überlastet, was zu teuren Sondereingriffen und zum Abregeln von Kraftwerken führt, sondern eben auch wegen des Kohlestroms. Außerhalb der Spitzenzeiten ist es zudem meist nur zu 20 Prozent ausgelastet. Das kann noch deutlich verbessert werden, eben durch Modernisierungen, wie sie Altmaiers Aktionsplan vorsieht.
Der klimapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag Lorenz Gösta Beutin fordert deshalb, noch einmal genauer zu prüfen, welche neuen Netze für die Energiewende wirklich wichtig sind. Ihm gehe es dabei auch um die Belastung, die Strommasten und -leitungen für die Anwohner bedeuten, so Beutin. Wenn Altmaier den Netzausbau beschleunigen wolle, gehe das nur über die Köpfe der Bürger hinweg. "Die Menschen befürworten nämlich die Energiewende, aber sie merken auch, wenn man sie vergackeiern will."
Im Juni hatte Lex Hartman, Chef des Netzbetreibers Tennet, vor einem übermäßigen Netzausbau gewarnt. Für das Stromnetz der Zukunft müsse gelten: so wenig neue Stromleitungen wie möglich, so viele wie nötig. "Ich gehe davon aus, dass wir mehrere tausend Kilometer zusätzlichen künftigen Netzaus- und -umbau mit einer vollständigen Digitalisierung und Automatisierung der Netze einsparen können", sagte Hartman.