Zwei Menschen arbeiten am Stromnetz.
Der Ausbau der Stromnetze in Deutschland ist ein hoch emotionales Thema – wie schnell und wie umfangreich er ausfallen soll, ist nach wie vor umstritten. (Foto: Schulze von Glaßer)

Der geplante Ausbau der Stromübertragungsnetze ist aus Sicht der Nürnberger Energieanbieters N-Ergie überdimensioniert. Bei einem "Weiter so" drohe die Akzeptanz der Energiewende verspielt zu werden, sagte N-Ergie-Vorstandschef Josef Hasler. "Die Bürgerinnen und Bürger werden nicht bereit sein, die Quittung für politische Fehlentscheidungen zu bezahlen, die ihnen mit ihrer Stromrechnung ins Haus flattert."

Zuvor hatte auch Lex Hartman, Chef des Netzbetreibers Tennet, in dieser Woche vor einem übermäßigen Netzausbau gewarnt: "Wenn wir die Logik der bisherigen Netzplanung beibehalten, erleben wir mit der nächsten Stufe des Erneuerbaren-Ausbaus eine Netzausbau-Spirale", sagte Hartman. Für das Stromnetz der Zukunft müsse aber gelten: So wenig neue Stromleitungen wie möglich, so viele wie nötig.

Der für den Nordwesten, die Mitte und den Südosten Deutschlands zuständige Übertragungsnetzbetreiber Tennet hatte bei zwei Beratungsunternehmen – der dänischen Copenhagen Economics und der Bonner E-Bridge Consulting – jeweils Studien in Auftrag gegeben. Den Ergebnissen zufolge werden Innovationen zu wenig bei der Netzplanung berücksichtigt.

"Ich gehe davon aus, dass wir mehrere tausend Kilometer zusätzlichen künftigen Netzaus- und -umbau mit einer vollständigen Digitalisierung und Automatisierung der Netze einsparen können", sagte Hartman. Ein Innovationsbeirat solle gewährleisten, dass der technische Fortschritt beim Netzausbau berücksichtigt wird.

Laut ihrem kürzlich vorgelegten Netzentwicklungsplan-Entwurf für 2030 wollen die Netzbetreiber in drei Korridoren neue Höchstspannungsleitungen von Nord nach Süd bauen, damit der aus Windanlagen erzeugte Strom in den verbrauchsintensiven Süden geleitet werden kann. Bislang decken dort noch Atomkraftwerke den hohen Strombedarf, doch mit dem nahenden Ausstieg aus der Kernenergie werden alternative Stromquellen gebraucht.

Kritiker des Netzausbaus fordern, die Energieerzeugung weiter zu dezentralisieren. Werde mehr Strom in der Nähe der Verbraucher erzeugt, könnte das den Netzausbau weitgehend überflüssig machen. Allerdings sperrt sich vor allem die Landesregierung in Bayern gegen den dortigen Ausbau der Windkraft. Außerdem hatte eine Meta-Studie des Freiburger Öko-Instituts ergeben, dass auch eine dezentrale Stromerzeugung nicht ohne die bis 2030 geplanten rund 4.000 Kilometer neuer Stromtrassen auskommt.