Blick über Baumwipfel des Hambacher Forst auf den näherrückenden Tagebau des RWE-Konzerns
Unaufhaltsam rückt der RWE-Tagebau auf den Hambacher Forst im Rheinland zu. (Foto: Johannes Fasolt/​Wikimedia Commons)

Erst zum vierten Mal tagt am heutigen Mittwoch in Berlin die Kohlekommission. Nachdem die beiden ursprünglich eingerichteten Arbeitsgruppen aufgelöst wurden, kommt nun stets das gesamte Gremium zusammen. Denn wie sich gezeigt hat, ist der Gesprächsbedarf in der Kommission enorm.

Das gilt auch außerhalb der Kommission. Der Streit um die Themen, für die das Gremium einen Konsens finden soll, hat sich nach der Sommerpause rapide zugespitzt – und droht weiter zu eskalieren.

So wurde die heutige Sitzung, bei der es um Fragen der Versorgungssicherheit geht und Vertreter des Energiekonzerns RWE sowie weiterer Braunkohleunternehmen eingeladen sind, gleich von zwei Protestaktionen begleitet.

Die Initiative Campact forderte, wie schon bei einer Protestaktion vor dem Bundeswirtschaftsministerium in der vergangenen Woche, einen Rodungsstopp im Hambacher Wald. Und kritisierte: "Ihr redet, RWE rodet!"

Zugleich demonstrierte die Bergbau-Gewerkschaft IG BCE gegen "gewalttätige Auseinandersetzungen im Hambacher Forst". Das Motto: "Schnauze voll von Gewalt". Am gestrigen Dienstag hatte die Polizei mit einem Großaufgebot das Wiesencamp in der Nähe des Tagebaus durchsucht und dabei nach eigenen Angaben auch Pyrotechnik und mehrere Waffen gefunden.

Der Durchsuchung war am Wochenende bereits ein weiterer Polizeieinsatz vorausgegangen, um RWE-Mitarbeitern bei der "Freimachung eines Rettungsweges" zu helfen. Den Weg hatten die Waldbesetzer durch Barrikaden blockiert. Es kam zu Ausschreitungen, mehrere Polizisten wurden durch Steine und Böller verletzt. Auch hier droht zunehmende Eskalation.

Bereits seit 2012 haben sich Gegner der Rodung dauerhaft im Hambacher Forst einquartiert, harren in Baumhäusern aus. Der ursprünglich 12.000 Hektar große, jahrhundertealte Wald ist von RWE für seinen Tagebau schon zum größten Teil abgeholzt worden. Nur noch rund 550 Hektar sind übrig. 

Etwa die Hälfte davon will der Konzern ab Oktober roden, um weiter Kohle baggern zu können. Nur 300 Hektar des uralten und besonders wertvollen Mischwaldes würden verschont bleiben.

Legitimität der Kohlekommission steht auf dem Spiel

RWE argumentiert, die geplante – und bereits genehmigte – Rodung sei eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Umweltverbände, Anti-Kohle-Aktivisten und vom Tagebau Betroffene stellen dies infrage. Sie fordern, die Rodungen müssten ausgesetzt werden, solange die Kohlekommission arbeitet – damit RWE nicht einseitig Fakten schafft und dem vorgreift, was die Kohlekommission erst erarbeiten soll.

Es steht sogar die Möglichkeit im Raum, dass die Vertreter der Umweltverbände die Kommission verlassen. Dann stünde die Legitimität des Gremiums ernsthaft in Frage. Der Fahrplan zum Kohleausstieg, der bis Ende des Jahres erarbeitet werden soll, wäre unter diesen Umständen nicht mehr Ausdruck eines großen gesellschaftlichen Konsenses.

Das hat nun offenbar auch Peter Altmaier (CDU) erkannt. Der Wirtschaftsminister deutete heute an, es könne zu Verhandlungen mit RWE über die umstrittene Rodung des Hambacher Waldes kommen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Die Forderung der Umweltverbände nach einem Rodungsmoratorium sei nicht leicht zu erfüllen, sagte Altmaier. Schließlich habe RWE einen rechtlichen Anspruch auf die Rodung. "Deshalb können Lösungen nur im Verhandlungswege und in Gesprächen gefunden werden und nicht in öffentlichen Debatten."

Bislang hatte Altmaier Forderungen nach einem Moratorium strikt abgelehnt.

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